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Richter gibt DaimlerChrysler im Verfahren gegen SCO weitgehend Recht

22.07.2004

SCO hat vor Gericht einen Rückschlag erlebt. Im Verfahren gegen den Autokonzern DaimlerChrysler hat der Vorsitzende des Gerichtsverfahrens am Oakland County Circuit Court in Michigan, Richter Rae Lee Chabot, bis auf einen Punkt sämtliche Klagevorbringungen von SCO abgeschmettert. Damit hat er einem Antrag von DaimlerChrysler vom April dieses Jahres im Wesentlichen stattgegeben.

SCO hatte DaimlerChrysler im März 2004 verklagt und behauptet, der Autokonzern habe eine Vereinbarung zur Nutzung von Unix-Software gebrochen. Genauer gesagt geht es um die Nutzung von Unix System V, auf das SCO Urheberrechtsansprüche anmeldet, die allerdings vor Gericht in einem Verfahren mit Novell ebenfalls erst noch bekräftigt werden müssen. Daimler habe sich geweigert zu bestätigen, dass es Unix-Software nur auf bestimmten, im Vertrag explizit bestimmten Maschinen laufen lasse.

Diese Bestätigung hatte der Konzern zwar abgegeben, allerdings nicht innerhalb der von SCO verlangten Zeitspanne von 30 Tagen. Allein dieser Punkt muss vor Gericht noch verhandelt werden. Zu klären ist, ob SCO aus der verspäteten Erklärung irgendwelche Ansprüche erwachsen könnten. Daimler führte diesbezüglich an, SCO habe sein ursprüngliches Anspruchsschreiben an eine längst veraltete und nicht mehr gültige Adresse der Zentrale der Chrysler Corp. geschickt.

Der Autokonzern hatte seinem Antrag vom April 2004 auf Beilegung des Verfahrens zwei Briefe hinzugefügt. In einem wurde dargelegt, dass DaimlerChrysler die per Vertrag von 1990 lizenzierte Unix-Software gar nicht mehr benutzt. In dem zweiten Brief direkt an SCO argumentiert das deutsch-amerikanische Unternehmen, SCO habe überhaupt nicht das Recht, die gewünschte Bestätigung zu verlangen und solle deshalb die Klage fallen lassen.

Die Entscheidung von Richter Rae Lee Chabot stellt keinen Präzedenzfall dar, der indirekt Auswirkungen auf andere anhängigen Verfahren hat. Allerdings hat SCO nunmehr eine weitere Niederlage vor Gericht erlitten.

Das Unternehmen von CEO Darl McBride steht in mehreren Klageverfahren vor Gericht. Gegen IBM hat SCO eine Klage angestrengt, weil der Computerriese in seinen Unix-Varianten wie AIX oder Dynix angeblich Code von Unix System V verwendet. IBM wurde aufgefordert, bestimmte von SCO verlangte Code-Teile von IBM-Unix-Software vor Gericht zu präsentieren. Anhand dieser Code-Passagen wollte SCO belegen, dass IBM tastsächlich Patentverletzungen vorgenommen habe. Als dies nicht gelang, forderte SCO, IBM müsse weitere Code-Passagen bei Gericht einreichen. Nachdem SCO diese Strategie mehrfach praktizierte und immer neuen Code einforderte, holte Blue zum Gegenschlag aus und reichte eine Widerklage gegen SCO ein. In diesem Gerichtsgang soll nunmehr SCO endlich Beweise für angebliche Patentrechtsverletzungen vorlegen oder die Klage zurücknehmen. Weitere Verfahren wie etwa das von SCO gegen Red Hat beziehen sich auf den Prozess von IBM gegen SCO und sind auf einen Zeitpunkt vertagt, an dem im

Verfahren IBM gegen SCO eine Entscheidung fällt. Diese dürfte dann Auswirkungen auf den Gerichtsgang SCO contra Red Hat haben.

Anders liegt es im Verfahren Novell gegen SCO. Novell bestreitet, dass SCO überhaupt Patentrechte an Unix System V geltend machen kann, weil diese Novell zustünden.

Im Verfahren SCO gegen Chrysler ist rechtlich zudem unklar, ob SCOs Argumentationskette gegen den Autokonzern juristisch überhaupt haltbar ist. SCO begründet seine Ansprüche an damit, dass es mit Daimler eine Vereinbarung abgeschlossen habe, wonach der Autokonzern Unix nur auf einer bestimmten Zahl von Systemen einsetzen dürfe. Wenn Daimler nun auf anderen Maschinen Linux nutze, so müsse man all diese Rechner auch als Unix-Systeme werten. Schließlich nutze Linux ja Unix-System-V-Code. Insofern habe Daimler gegen Verträge verstoßen, weil es Unix auf sehr viel mehr Maschinen im Einsatz habe, als im Vertrag festgelegt. Ob diese Argumentation aber juristisch gehalten werden kann, ist ebenfalls noch nicht klar. (jm)