Linux- und Open-Source-Rückblick

Richard Stallman: Ubuntu ist Spyware

11.12.2012
Von 
Jürgen Donauer war als Systemadministrator zunächst für Informix und später IBM tätig. Dann verschlug es ihn in das Rechenzentrum von Media-Saturn. Dort kümmerte er sich mitunter um die Webserver, Datenbankanbindungen und den Online-Shop. Anschließend war er als Redakteur im Bereich Linux für TecChannel tätig.
Richard Stallman hat schwer gegen Ubuntu geschossen und Jono Bacon hat sofort geantwortet. Stein des Anstoßes ist weiterhin die umstrittene Amazon Shopping Lense.

Die COMPUTERWOCHE zeigt die wichtigsten Informationen zu Linux und Open-Source in der Kalenderwoche 49. neben Stallmans und Bacons verbalem Schlagabtausch hat sich auch sonst einiges in der besinnlichen Zeit in Sachen Linux getan.

Es gibt Veröffentlichungs-Kandidaten von Linux Mint 14 KDE und Xfce. The Document Foundation hat eine Wartungs-Version von LibreOffice zur Verfügung gestellt.

Für Ubuntu wird es keine Alpha-Versionen mehr geben. Das gilt allerdings nicht für die Ableger. Die Teams Kubuntu und Edubuntu haben erste Testversionen von 13.04 zur Verfügung gestellt.

Stallman (Free Software Foundation) gegen Bacon (Ubuntu)

Richard Stallman hat in seiner typischen Art schwere Vorwürfe gegen Ubuntu aufgefahren und die Distribution als Spyware bezeichnet. Ubuntu gehe mit einem schlechten Beispiel voraus und würde nun zu den Datensammlern gehören. Dass Ubuntu mit Amazon zusammenarbeitet sei zwar nicht toll (Stallman mag Amazon nicht), allerdings sei das nicht der Kern des Problems.

Das Hauptproblem sei der Spionage-Faktor der Shopping Lense. Auch wenn Canonical beschwört, keine Daten an Amazon weiterzugeben, sei das für Stallman nicht akzeptabel. Ihm ist es egal, ob Amazon oder Canonical die Daten hamstern - das sei ganz einfach Spyware. Stallman hat ein Problem damit, dass diese Funktion per Standard aktiviert sei. Canonical rechne wohl damit, dass viele Anwender diese Funktion nicht deaktivieren.

Um die Privatsphäre von Anwendern zu schützen, sollte man die lokale von der Netzwerksuche trennen. Stallman ruft sogar zu einem Boykott gegen Ubuntu auf. Wer freie Software liebt, sollte die Distribution nicht weiterempfehlen.

Die Anwort von Ubuntus Jono Bacon hat nicht lange auf sich warten lassen. Auch wenn er Richard Stallman sehr respektiere, sei ein Aufruf zum Boykott kindisch und bezeichnet seinen Beitrag als FUD (Fear, Uncertainty and Doubt). Schließlich würde jeder Einzelne Privatspähre anders auslegen. Man habe Linux schließlich auf Millionen von Rechnern gebracht und würde auf die Wünsche der Community eingehen. Bacon appelliert an eine gemeinsame Zusammenarbeit mit der Free Software Foundation und man solle nicht gegeneinander sticheln.

Allerdings kam Bacons Antwort nicht gut an. Es gibt sehr viele Kommentare zu seinem Beitrag und gefühlte 99 Prozent stellen sich auf die Seite von Richard Stallman. Der Wunsch der Community für die Shopping Lense war von Anfang an ein Opt-In und keine standardmäßige Aktivierung. Ein Kommentator schreibt ganz kurz und knackig, dass man aufhören soll, lausige Entschuldigungen auszugeben. Stallman habe schlicht und einfach Recht.

Linux Mint 14 KDE und Xfce

Die Entwickler von Linux Mint haben Veröffentlichungs-Kandidaten der Geschmacksrichtungen KDE und Xfce zur Verfügung gestellt. Für beide Varianten gilt, dass die 32-Bit-Version eine CPU mit PAE (Physical Address Extension) voraussetzt.

In Sachen Desktop-Umgebung sind KDE 4.9 beziehungsweise Xfce 4.10 enthalten. Beide Mint-Ableger setzen auf die üblichen Verdächtigen der Open-Source-Szene. Es befinden sich zum Beispiel, Mozilla Firefox und LibreOffice an Bord. Zudem ersetzt die Eigenentwicklung MintStick den Starmedienhersteller.

In Sachen Software-Manager gibt es vor allen Dingen Verbesserungen unter der Haube. Man setzt nicht mehr auf aptdaemon, sondern bringt einen eigenen apt-Client mit. Dieser unterstützt nun auch debconf-Pakete. Anwender können "Suchen während des Tippens" aktivieren oder deaktivieren.

Die finalen Versionen dürften sehr bald verfügbar sein. Damit weitet Linux Mint sein Arsenal auf fünf Varianten auf. Neben der Haupt-Ausgabe mit Cinnamon gibt es auch eine MATE-Version. Diese basieren alle auf Ubuntu 12.10 "Quantal Quetzal". LMDE (Linux Mint Debian Edition) basiert wie der Name schon vermuten lässt auf Debian. Letztere ist auch halb rollend. Theoretisch muss der Anwender nie wieder neu installieren.

LibreOffice 3.6.4

The Document Foundation hat eine weitere Wartungs-Version der freien Bürosoftware-Sammlung ausgegeben. Viele der Verbesserungen stammen aus dem LiMux HackFest, wo sich mehr als 30 Entwickler um Code, Flicken und Funktionen gekümmert haben. LibreOffice 3.6.4 steht im Download-Bereich der Projektseite für Linux, Windows und Mac OS X zur Verfügung.

Alpha-Versionen von Kubutnu und Edubuntu 13.04

Bie Ubuntu hat man sich entschieden, keine Alpha-Versionen mehr auszugeben. Man will lediglich eine Beta-Version zur Verfügung stellen.

Für Kubuntu und Edubuntu gibt es allerdings seit kurzer Zeit erste Testversionen. Kubuntu bringt unter anderem KDE 4.10 Beta mit sich. Edubuntu setzt unter anderem Firefox 18, Thunderbird 17, LibreOffice 3.6.2 und Unity 6.12 ein. Interessierte finden Download-Links in den Ankündigungen zu Kubuntu und Edubuntu 13.04 "Raring Ringtail".

Ubuntu Cinnamon Remix

Derzeit arbeitet ein Team auch an einer Ubuntu-Version mit Cinnamon als Desktop-Umgebung. Das Ganze nennt sich Ubuntu Cinnamon Remix. Wie bei Linux Mint 14 kommen Cinnamon 1.6.7 und Nemo 1.1.2 zum Einsatz. Sie finden ISO-Abbilder bei sourceforge.net.