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RIAA legt zahlreiche Copyright-Klagen bei und wird selbst verklagt

30.09.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Musikindustrievertretung Recording Industry Association of America (RIAA) hat sich in 64 von 261 Copyright-Klagen mit den Beklagten in Vergleichen geeinigt. Die Konditionen, unter denen die Einigung zustande kam, wurden nicht bekannt gegeben. Gleichzeitig hat die amerikanische Menschenrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) vor Gericht Dokumente vorgelegt, mit denen sie belegen will, dass die RIAA Verfassungsrechte der Beklagten missachtet hat, indem sie widerrechtlich deren Identität aufdeckte.

Mit den Gerichtsgängen hatte die RIAA Hunderte von Internetsurfern verklagt, widerrechtlich Musiktitel aus dem Internet auf ihre privaten Rechner geladen und an andere Personen verteilt zu haben. Aus diesem Grund legte die Industrievertretung vor drei Wochen gegen Hunderte von Musikpiraten Klage ein. Insgesamt 64 von 261 dieser Surfer haben sich nach jetzt bekannt gemachten Informationen der RIAA bereit erklärt, sich mit der Organisation zu einigen. Wie das Unternehmenskonsortium weiter mitteilte, hätten 838 Surfer eidesstattliche Versicherungen abgelegt, in denen sie zusagten, künftig keine Musiktitel mehr aus dem Internet auf ihre Rechner zu laden und weiter zu verbreiten. Die Klagen der RIAA richteten sich gegen solche PC-Benutzer, die im Durchschnitt - so Angaben der Industriegruppe - mehr als 1000 Musiktitel unters Volk gebracht hätten.

Zeitgleich zu den Klagen will nun aber die Menschenrechtsorganisation ACLU gegen die RIAA gerichtlich vorgehen. Die ACLU argumentiert, die Musikindustrie habe mit von ihr betriebenen tausenden gerichtlichen Vorladungen von mutmaßlichen Musikpiraten deren Anonymität nicht gewahrt. Dieses Recht steht aber per amerikanischer Verfassung und nach dem amerikanischen Prozessrecht jedem US-Bürger zu. Die RIAA wiederum stützt sich auf den Digital Millenium Copyright Act (DMCA), mit dem sie ihre Vorladungen rechtfertigt.

Im Besonderen geht es der ACLU um einen Fall. Hier verlangt die Organisation, ein Bundesrichter in Boston solle den Versuch der RIAA blockieren, unter Nutzung des DMCA die Identität eines Surfers des Boston College aufdecken zu dürfen, um diesen dann wegen Cpyright-Verletzungen anklagen zu können. Die ACLU argumentiert, dass - sollte der Richter dem RIAA-Begehr stattgeben - die Konsequenzen alles andere als trivial wären. Hier würden nicht nur konstitutionell verbriefte Rechte unterlaufen. Vielmehr gäbe es künftig keinen Grund mehr für irgendein Unternehmen oder eine Privatperson, unter dem Vorwand, seine Copyright-Rechte seien verletzt, die Identität von allen möglichen Individuen zu erlangen. (jm)