BVL-Kongress schob die Transponder-Technik in den Vordergrund

RFID - die wichtigste Logistikinnovation

04.07.2003
SAARBRÜCKEN (qua) - Die Radio Frequency Identification (RFID) wird der Lager- und Distributionslogistik neue Impulse geben. Das war die einhellige Meinung der Referenten auf dem "Forum Logistik und IT", zu dem die Bundesvereinigung Logistik (BVL) heuer zum zweiten Mal eingeladen hatte.

Die BVL hatte dem Thema RFID eine eigene Vortragssequenz gewidmet und erntete großen Zuspruch von Seiten der 270 in der Saarbrücker Kongresshalle versammelten Forumsteilnehmer. Unter anderem erhielt Christian Koch, Director Global Industry Marketing der SAP, Gelegenheit, den "Extra Future Store" der Metro AG vorzustellen (siehe CW 19/03, Seite 28). Mit zwei weiteren Beispielen wartete Gerhard Timme auf. Der Vertriebsexperte der Euro I.D. AG beschrieb die temporäre RFID-Kennzeichnung von 15 Millionen Getränkegläsern bei der Sahm GmbH & Co. KG in Höhr-Grenzhausen sowie die Organisationslösung "Blockstore" der Carl Schnicks GmbH & Co. am Standort Weißenfels, die sowohl mit Barcodes als auch mit Transpondern arbeitet.

"Barcode lässt sich bei Beschädigung und Verschmutzung nicht lesen", lautete Timmes Hauptargument für die berührungslose Identifikationstechnik. "Außerdem sind die Transponder wiederverwendbar und über Jahre ausfallsicher." Allerdings rückte er auch die Perspektive zurecht: "RFID allein ist nicht interessant, sondern wird es erst durch die Einbindung in die Prozesse."

Für Koch ist die Funkfrequenzidentifikation das geeignete Mittel, um die heute noch klaffende Lücke in der Supply Chain Execution zu schließen: "Je häufiger ich die Bestände physisch aufnehme, desto sicherer kann ich sein, dass Planung und Wirklichkeit übereinstimmen."

Hans-Christian Pfohl, Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung an der TU Darmstadt, sieht in der Transpondertechnik gar "die einzige Innovation der jüngsten Zeit" in der Logistikwelt. Hier pflichtete ihm auch Frank Appel bei: "Diese Technik wird die gesamte Industrie verändern", prognostiziert der Konzernvorstand Coporate Services bei der Deutschen Post AG.

Neben den bislang noch unzureichenden Standards bemängelten die Experten einmal mehr die hohen Kosten der Transponder-Chips. Dazu Peer Witten, Vorstandsmitglied der Otto Gruppe: "RFID könnte sich zur Standardtechnologie entwickeln", sagte er, "aber dafür müssten die Transponder-Kosten auf ein Zehntel sinken."

"RFID ist heute nur bei Waren mit einem bestimmten Wert oder einer hohen Diebstahlsrate wirtschaftlich", räumte SAP-Manager Koch ein. Gleichzeitig äußerte er sich zuversichtlich, dass die Tag-Kosten früher oder später einen Stückpreis von drei Cent erreichen werden. Nach Ansicht des Deutsche-Telekom-Vorstands Konrad Reiss wird sich "das Preisproblem klären, sobald die ersten großen Unternehmen investieren". Das brachte Dieter Bock, Vorstandsmitglied der BVL, zu dem Schluss: "Der Schritt bis zur Kennzeichnung jeder Nivea-Creme-Dose ist noch nicht vollzogen, aber nur eine Frage der Zeit."

Ein drittes Problemfeld betrifft den Persönlichkeitsschutz. Kürzlich verschob das Textilunternehmen Benetton seine RFID-Pläne, weil Ärger von Seiten der Verbraucherverbände drohte (siehe CW 16/03, Seite 41). Dem Vernehmen nach hatte Benetton mit Hilfe der Transponder-Chips das Laufverhalten der Kunden in den Shops registrieren wollen: "Auf diese Diskussionen müssen wir uns einstellen", warnte Bock.