Experten

Rezession erhöht Kooperationsdruck in Telekombranche

11.02.2009
Die Wirtschaftsflaute wird nach Meinung von Experten den Druck zu Kooperationen und Zusammenschlüssen in der Telekom-Branche erhöhen.

"Die scharfe Rezession wird eine Katalysatorfunktion für die notwendige Marktkonsolidierung und Strukturanpassung der Telekommunikationsindustrie übernehmen", sagte Telekommunikationsexperte Roman Friedrich von Booz & Company am Mittwoch in Düsseldorf bei der Vorstellung einer Studie zur Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona (16. bis 19. Februar). "Am Ende der Rezession wird die Telekommunikationsindustrie sich komplett verändert haben", sagt Friedrich. Die starken und finanziell solide aufgestellte Anbieter können - nicht zuletzt durch Akquisitionen - Marktanteile in einem weitgehend gesättigten Markt hinzugewinnen.

Roman Friedrich, Booz & Co.
Roman Friedrich, Booz & Co.

Zwar erwiesen sich die Mobilfunk- und Festnetzanbieter als vergleichsweise krisenresistent, so die Experten. Angesichts des immer schärferen Preiswettbewerbs und weiter sinkender Umsätze müssten die Unternehmen ihre Kosten aber in den Griff bekommen, um in neue Mobilfunk- und Festnetztechnologien wie den UMTS-Nachfolger LTE oder Glasfaser zu investieren. Im Mobilfunk und Festnetzgeschäft rechnen die Experten in Deutschland mit Umsatzrückgängen von durchschnittlich 1,1 Prozent bis 2012.

Trotz eines steigenden Volumens werden die Umsätze für klassische Sprach- und Datendienste von 44,3 Milliarden Euro in 2008 auf 42,4 Milliarden Euro in 2012 sinken. Den Unternehmen bleibe daher nichts anderes übrig als an der Kostenschraube zu drehen, argumentieren die Experten. Sie erwarten, dass eine Mobilfunk-Gesprächsminute 2012 nur noch etwas über neun Cent kosten wird. Aktuell liege der Preis bei 13 Cent. Auch bei der mobilen Datenübertragung rechnen sie mit einem Preisverfall von 30 Prozent beim gleichzeitigen Anstieg des Volumens.

Nur durch Zusammenschlüsse und Kooperationen ließen sich für die Netzbetreiber noch weitere Skaleneffekte erzielen, so das Argument von Friedrich. Probleme wegen der Finanzkrise sieht er nicht: Die großen Telekommunikationsunternehmen seien angesichts stabiler Cash Flows unabhängiger von den Finanzmärkten. Auf dem Breitbandmarkt würden vor allem kleine Anbieter und Unternehmen ohne eigene Infrastruktur zu Übernahmekandidaten.

Dazu gehörten auch die Kabelnetzbetreiber - die zum Teil strategisch orientierten Finanzinvestoren gehören. "Wir werden noch in diesem Jahr Übernahmen sehen", ist sich Friedrich sicher. Im vergangenen Jahr war die Konsolidierung unter den DSL-Anbietern weitgehend ins Stocken geraden. Nur der Düsseldorfer Telekomkonzern Versatel hatte zwei kleinere Kabelnetzbetreiber übernommen. Die freenet AG blieb allerdings bislang auf ihrer zum Verkauf stehenden DSL-Sparte sitzen.

Außerdem könnten neue Modelle für den Netzbetrieb helfen, die Kosten zu senken, sagt Friedrich. Dabei sei durchaus vorstellbar, dass zum Beispiel Mobilfunkanbieter an Netzbetreiber andere Unternehmen abgegeben. Nicht zuletzt müssten die wegbrechenden Umsätze durch neue Dienste wie Musik-Downloads oder Navigations-Angebote ausgeglichen werden. "Diese können aber nur als Portfolio, also in Summe, helfen, die Umsätze auszugleichen", sagt Friedrich. Neue Geschäftsmodelle mit internetbasierenden Zusatzdiensten seien unausweichlich. "Den klassischen Telekommunikationsanbieter wird es als solchen nicht mehr geben." (dpa/tc)