Boerse zwischen Microsoft und IBM hin und her gerissen

Resultate der Branchengroessen erschweren Markteinschaetzung

26.04.1996

Der 740 Millionen Dollar hohe Quartalsverlust der Apple Computer Inc. liess niemanden mehr zusammenzucken, obwohl er sogar 40 Millionen ueber den angekuendigten 700 Millionen Dollar lag. Der Umsatz lag im Berichtszeitraum mit 2,2 Milliarden Dollar 18 Prozent unter dem Vorjahreswert. Allerdings aeusserten sich die Analysten besorgt ueber die schlechte Eigenkapitalausstattung des Unternehmens, die sich von 1,1 Milliarden (Stand: 29. Dezember 1995) auf 592 Millionen Dollar verringert hat.

Der neue Apple-Chairman und CEO Gilbert Amelio hat sich zum Ziel gesetzt, das Unternehmen binnen zwoelf Monaten wieder rentabel zu machen. Dafuer sind jedoch weitere Restrukturierungen und Kostensenkungsmassnahmen noetig. So muessen innerhalb dieses Zeitraums neben den im Januar angekuendigten 1300 Mitarbeitern weitere 1500 Beschaeftigte, also insgesamt 2800 Personen, ihren Hut nehmen.

Keine Ueberraschung bot Intel den Analysten. Sie lagen mit ihren Prognosen nur knapp unter dem Gewinn von 1,02 Dollar pro Aktie, den der Halbleiterhersteller im ersten Quartal 1996 einfuhr. Verglichen mit dem Vorjahr, in dem ein Nettoprofit von 889 Millionen Dollar erzielt worden war, fiel der aktuelle Reingewinn von 894 Millionen Dollar geringfuegig hoeher aus. Der Umsatz erhoehte sich von 3,56 Milliarden auf 4,64 Milliarden Dollar. Fuer das zweite Quartal rechnet Intel mit Einnahmen in aehnlicher Hoehe.

Von der Flaute im PC-Markt wurde Intel offenbar nicht erfasst. "Unsere gesamten Mikroprozessor-Auslieferungen erreichten im ersten Quartal ein Rekordniveau. Aus unserer Perspektive erweist sich die PC-Nachfrage als durchaus solide", erklaerte President und CEO Andrew Grove.

Intels Ergebnisse zogen den Nasdaq-Composite-Index auf 1124,92 Punkte nach oben. Diese Entwicklung stuetzte sich auf das bei den Anlegern wiedergewonnene Vertrauen in die Halbleiterindustrie. Da die meisten PCs jedoch mit Intel-Prozessoren ausgestattet sind, setzen die Analysten die Geschaeftsentwicklung des Chipherstellers jedoch auch in Kontext zu den Aussichten im PC-Markt. "Das Auf und Ab der Aktienkurse war zumindest teilweise von der Einschaetzung bestimmt, ob Intel von einer Schwaeche im PC-Geschaeft betroffen sein koennte", erklaert Michael Geran, Analyst bei der Donaldson, Lufkin & Jenrette Securities Corp.

Anleger hoffen wieder auf steigende Kurse

Dass mit Microsoft ein weiterer Trendsetter ueber den Erwartungen liegende Quartalsergebnisse vorwies, stuetzte die Hoffnung der Boerse auf kommende Kursanstiege. Der zweite Part in der Wintel- Allianz (Windows-Intel) erzielte in seinem dritten Berichtsabschnitt einen Umsatz von 2,2 Milliarden Dollar. Das sind 39 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn lag mit 562 Millionen Dollar 42 Prozent ueber dem Wert des dritten Quartals 1995. Auf eine Aktie enfallen 88 Cent Gewinn, also drei Cent mehr, als die Analysten prognostiziert hatten.

Dass die Wachstumsraten im PC-Markt kuenftig moderater ausfallen werden als noch vor einiger Zeit, darin sind sich die meisten Branchenbeobachter einig. Unsicherheit besteht jedoch darueber, wie lange die Flaute anhalten und inwieweit die hohen Lagerbestaende die Marktentwicklung beeintraechtigen werden.

"Wenn die Kosten fuer Komponenten so dramatisch fallen, dann muessen die Lagerbestaende korrigiert werden. Sie sind zu hoch, werden aber bald abgebaut sein", meint Bill Gurley, Analyst bei der CS First Boston Corp.

Die gemischten Gefuehle der Anleger spiegelten sich im IBM-Kurs wider. Als der Hersteller fuer das erste Quartal erstmals seit Jahren eine Dividendenerhoehung um zehn Cent in Aussicht stellte, stieg der Kurs an, um sich kurz darauf wieder nach unten zu korrigieren. Chief Financial Officer Richard Thoman warnte die Analysten vor einem Preisdruck bei den /390- und AS/400-Systemen. Ausserdem koennen Wechselkursschwankungen (staerkerer Dollar, schwaecherer Yen) im zweiten Quartal einen kraeftigeren negativen Einfluss auf das Ergebnis nehmen.

Im aktuellen Quartal blieben IBM 774 Millonen Dollar Nettogewinn uebrig. Negativ schlugen mit 435 Millionen Dollar die Uebernahmen von Tivoli Systems und Object Technology International zu Buche. Ausserdem wurden 236 Millionen Dollar fuer weitere Stellenkuerzungen abgezogen. Die Einnahmen stiegen um fuenf Prozent auf 16,6 Milliarden Dollar. IBM-Chef Louis Gerstner beklagte vor allem ein schlechtes Hardwaregeschaeft, hervorgerufen durch Produktumstellungen beim System /390 und der AS/400-Linie. Im Halbleiterbereich habe der Preisverfall bei den Memory-Speichern dem Umsatz geschadet. Bei den PCs sei die Nachfrage in den USA zurueckgegangen, wurde jedoch teilweise von einem gestiegenen Absatz in Europa und Asien kompensiert.