IBM will mit neuer DB-Software IMS-Kunden aus der Patsche helfen:

Relationale Datenbank jetzt für MVS-Anwender

16.06.1983

STUTTGART (CW) - Eine relationale Datenbank steht demnächst auch IBM-Großsystembenutzern zur Verfügung. Mit "Database 2 (DB2)", "Query Management Facility (OMF)" und "Data Extract (DXT)" stellte der Marktführer jetzt drei neue Programmprodukte vor, die vorrangig für den Einsatz in MVS/XA-Umgebungen gedacht sind. IMS-Kunden, die bei Online-Anwendungen an "logische" Grenzen stoßen, müssen mit DB2 freilich zweigleisig fahren: Das System ist kein IMS-Ersatz, sondern als "Subsystem" zur bisherigen Datenbank gedacht.

Schauten MVS-Benutzer seit der Ankündigung des relationalen Datenbanksystems SQL/DS (Structured Query Language/Data System) im Januar 1981 geradezu neidvoll auf ihre DOS-Kollegen, die den Datenerfordernissen insbesondere der Fachabteilungen nachkommen konnten, so sehen auch sie jetzt Licht am Ende des DB-Tunnels (siehe auch Kolumne Seite 7). Mit dem neuen relationalen Datenbanksystem will die IBM nach eigenen Angaben auch ungeübten Benutzern, vor allem in den Fachbereichen, eine Basis für "Ad-hoc"-Abfragen bieten.

DB2 ist "komplementär und koexistent" (IBM-Aussage) zu dem bisherigen Datenbanksystem IMS/DB, das für operationale Anwendungen mit großen, relativ stabilen Datenbeständen unter MVS, wie DL/I im DOS/VSE-Bereich, eingesetzt wird.

Eine Brücke schlug der Marktführer auch zu den DOS-Benutzern. Zwischen DB2 und SQL/DS stehen ,Schnittstellen bereit, die es den DOS-Anwendern ermöglichen, bei einem Systemwechsel auf MVS ihre SQL-Dateien auf DB2 herbeizuziehen. Wie IBM anführt, ist der DB2-Einsatz sowohl unter dem Betriebssystem MVS/XA als auch unter MVS/370 auf 3033-Prozessoren möglich. Dennoch, so heißt es in der Stuttgarter Konzernzentrale, sei DB2 vorrangig für MVS/XA-Anwender auf 308X-Rechnern konzipiert und bringe auch dort nur seine volle Leistung. Anwendungsvoraussetzungen für DB2 sind unter MWS/SP die Version 2 , Release 1 , unter MVS/370 die Version 1, Release 3.

Obwohl IBM versichert, daß DB2 koexistent auf der gleichen Maschine laufen könne wie IMS, wird dies von DB-Spezialisten bezweifelt. IMS beanspruche bereits einen enormen Overhead, der den gleichzeitigen Einsatz eines ebenso komplexen relationalen DB-Systems kaum zulasse. Der Benutzer müsse somit in der Regel mit einer zusätzlichen Hardware-Anschaffung rechnen.

Als Wermutstropfen erweist sich auch der Preis des neuen Datenbanksystems. So verlangt IBM für das DB2 neben einer Einmalgebühr von 48700 Mark eine monatliche Lizenz von rund 8100 Mark. Benötigt der Benutzer zusätzlich die Hilfsprogramme QMF (Einmalgebühr 19500 Mark, monatliche Lizenz 3200 Mark) und DXP (11 700 Mark/ 1900 Mark), muß er zunächst die stattliche Summe von rund 80000 Mark auf den Tisch des Stuttgarter Hauses legen, um das System Oberhaupt einsetzen zu können. Obendrein fallen monatlich etwa 13000 Mark an.

Die beiden Programmprodukte QMF und DXT sind darauf zugeschnitten, DB2 in das gegenwärtige MVS-Environment einzufügen. QMF ist ein interaktives Werkzeug, das es dem Benutzer unter MVS/XA, MVS/370 und VM/SP erlaubt, Daten weiterzuverarbeiten, ohne daß spezielle Anwendungsprogramme geschrieben werden müssen. Benutzern dieses Systems stehen die Sprachen Structured Query Language (SQL) und Query-by-Example (QBE) zur Verfügung. Damit könne laut IBM der volle Funktionsumfang eines relationalen Datenbanksystems genutzt werden.

Als Verbindung zwischen IMS-Anwendungen und DB2 dient das Programmpaket DXT. Es extrahiert in Form eines "Kopiervorganges" Daten aus IMS-, VSAM- oder SAM-Dateien. Dabei werden nichtrelationale Daten in relationale umgesetzt.

Mit der Auslieferung der ersten Systeme will IBM ab dem dritten Quartal 1984 beginnen.