Informatiker simulieren Pandemien

Reiseverbot bietet keinen Schutz vor Schweinegrippe

29.04.2009
Von pte pte
Eine Grippe-Pandemie kann durch Beschränkungen im Reiseverkehr nicht aufgehalten werden. Zu diesem Schluss kommen Informatiker der University of Indiana im Wissenschaftsmagazin NewScientist.

Die Informatiker aus Indiana berechneten, wie sich ein Pandemieerreger ausbreitet und welche Maßnahmen am ehesten geeignet sind, um ihn aufzuhalten. Aufgrund der raschen Geschwindigkeit, mit der sich der H1N1-Stamm der Schweinegrippe derzeit rund um den zunehmend vernetzten Globus ausbreitet, laufen die Diskussion um Schutzmaßnahmen auf Hochtouren. In Japan, wo es bisher keine Vorfälle von Schweinegrippe gab, wurde die Behandlung von Visaanträgen für mexikanische Staatsbürger mittlerweile aufs Eis gesetzt. Auch in Deutschland wurden heute drei Fälle der Krankheit bestätigt.

Die Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation WHO, keine Reisebeschränkungen oder Grenzschließungen zu empfehlen, waren jedoch richtig, so Studienleiter Allesandro Vespignani. "Es gibt keinen Grund dafür, in dieser Phase strenge Reisebestimmungen zu erlassen. Sie wären nutzlos. "Schon in früheren Grippe-Bedrohungen haben die Wissenschaftler die Wirksamkeit verschiedener Maßnahmen zur Pandemie-Verhinderung überprüft. Vespignanis Team erstellte ein Computermodell, das den Ausbruch von Grippe-Pandemien verschiedenen Schweregrads in 3.100 Städten in 220 Ländern simulierte. Das Modell eignete sich dazu, die Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen wie Impfungen, Verwaltung von Medikamenten wie Tamiflu und Reiseeinschränkungen zu überprüfen. "Eine einschneidende Kürzung des Flugverkehrs um das zehnfache würde den Ausbruch einer Pandemie nur um einige Wochen verzögern, ohne dabei jedoch den Gesamtschaden zu begrenzen", erklärt Vespignani. Es sei effektiver, auf andere Maßnahmen zu setzen, etwa auf die Absicherung großflächiger Verfügbarkeit von Medikamenten.

Beschränkungen würden laut Vespignani immer mehr Einreiseverbote für infizierte Reisende nach sich ziehen. Das könne innerhalb kürzester Zeit dazu führen, dass man die Kommunikation mit dem Rest der Welt aufgeben müsse. "Der Zugang zu einem Land völlig zu schließen ist unmöglich und zeigt keine Wirkung", so Vespignani. Der durch Grenzschließungen oder Reiseverbote entstehende finanzielle Schaden sei ungleich größer als die Vorteile. Auf ähnliche Ergebnisse kommt eine frühere Untersuchung der Londoner Health Protection Agency. Reisebeschränkungen könnten dieser Studie zufolge die Verbreitung einer Krankheit nur dann verzögern, wenn sie unmittelbar nach dem ersten Ausbruch bei wenigen Menschen geschehen. Doch nicht einmal eine Flugverkehr-Reduktion um 99,9 Prozent könne verhindern, dass ein Großteil aller Städte von einer Pandemie erreicht werden, so die Berechnungen. (pte)