Mobile Commerce/Asiaten engagieren sich auch via WAP im europäischen Markt

Reiseportale: Über Kontinente hinweg Synergien nutzen

18.08.2000
Der kurzlebige, weil schwierige Business-to-Consumer-Markt erwartet sich technologisch einiges: WAP-User könnten zusätzlichen Umsatz generieren, speziell bei Termingeschäften oder Last-Minute-Angeboten. Michaela Christandl* gibt anhand eines Reise-Beispiels einen Einblick in derlei Überlegungen.

Nach dem Online-Boom der 90ger Jahre ist das Geschäft mit WAP (Wireless Application Protocol) ein heißer Anwärter darauf, zur Wachstumsbranche des beginnenden 21. Jahrhunderts zu werden. WAP schlägt die Brücke zwischen dem World Wide Web und dem Mobilfunk und verbindet damit zwei zukunftsträchtige Wachstumsmärkte. Heute steht der Mobile Commerce noch am Anfang, doch ist dieser durchaus viel versprechend: Schätzungen von Durchlacher Research zufolge sollen allein in Deutschland in den nächsten vier Jahren mehr als vier Milliarden Euro mit M-Commerce umgesetzt werden.

Gefragt sind Value Added ServicesRund 30 Millionen Menschen telefonieren bereits heute über die GSM-Netze (GSM = Global System for Mobile Communications) der vier großen deutschen Anbieter. Für 2003 rechnen Marktforscher in Europa mit mehr als 132 Millionen, weltweit mit einer Milliarde Handy-Nutzern. Dass man mit dem Handy viel mehr kann als nur telefonieren, haben die User längst erkannt: Allein in Europa werden pro Monat rund zwei Milliarden SMS-Nachrichten (Short Messages Service) per Handy verschickt. Die Zukunft der Telekommunikation liegt in der vielfältigen Nutzung von Mobiltelefonen und anderen drahtlosen Endgeräten. Gefragt sind hier so genannte Value Added Services (VAS), die dem User über die Grundfunktionalität des Telefonierens hinaus noch mehr Nutzen bieten. Laut einer Umfrage des Internet-Marktforschers Forit gehören Kartenverkauf, Aktienhandel und vor allem Online-Banking zu den wichtigsten B-to-C-Anwendungen (Business to Consumer) im M-Commerce. Rund 66 Prozent der WAP-User, so die Prognosen, würden künftig ihre Bankgeschäfte über mobile Endgeräte abwickeln.

Deutschland in einer SchlüsselpositionWelche Anwendung letztlich den Massenerfolg bringen wird, ist heute noch nicht abzusehen. Ein weiterer starker Wachstumsmarkt wird sicherlich das Segment Reise und Tourismus sein. In diese Marktnische drängt beispielsweise auch Asia Travel, einer der größten asiatischen Internet-Reiseveranstalter aus Singapur. Gemeinsam mit der Wapme Systems AG aus Düsseldorf, dem Anbieter der mobilen Kommunikationsplattform Wapme.net, stellt das Unternehmen reiselustigen Usern demnächst ein Travel-Portal über WAP zur Verfügung.

Im Rahmen der Kooperation sollen künftig sämtliche Informationen zu mehr als 2000 Hotels, Veranstaltungen und Events im asiatischen Raum auch via WAP-Devices abrufbar sein. Die User hätten damit die Möglichkeit, ihren Urlaub in Asien detailliert zu planen sowie schnell und einfach mobil zu buchen.

Mit rund 20000 Website-Besuchern täglich und einer Hotelbuchungsrate von rund 80 Prozent gehört Asia Travel zu den führenden Online-Reisebüros. Die Palette an Reiseservices reicht von Unterkünften, Flugtickets und Pauschalreisen bis hin zu Exkursionen.

Asien hat im mobilen Internetmarkt ganz klar die Nase vorn: Allein in Japan sind bereits rund 13,5 Millionen Internet-fähige Mobiltelefone im Einsatz. Aber auch die Prognosen für Europa sind durchaus aussichtsreich. Deutschland als einer der größten europäischen Mobilfunkmärkte nimmt dabei eine Schlüsselposition ein. Grund genug für ähnliche Unternehmen wie Asia Travel, den Schritt zu wagen und nach neuen strategischen Kooperationspartnern wie Wapme.net Ausschau zu halten. Deren Plattform ist bereits auf den Portalen der großen Mobilfunkbetreiber wie D2, T-D1, E-plus, Debitel und Swisscom gelistet. Eine breite Streuung wie diese macht es auch asiatischen Unternehmen möglich, gezielt in den hiesigen Markt einzudringen und neue User zu generieren.

Der Erfolg mobiler Kommunikationsdienste in Asien lässt auf eine ähnliche Entwicklung in Europa hoffen. Einer Studie von Nokia zufolge haben weltweit bereits rund ein Viertel der Nutzer von Mobiltelefonen Interesse an VAS-Diensten für das mobile Internet wie Reiseportalen, Auktionsplattformen oder Brokerage-Services. Im Zahlungsverkehr und Electronic-Cash werden daneben Anwendungen wie das Aufladen der Geldkarte oder Bezahlung per Handy schon bald zum mobilen Alltag gehören. In Japan wird die Cola aus dem Automat bereits heute mit dem Mobiltelefon bezahlt.

Auch was die neuen Mobilfunkstandards angeht, scheint Asien den Europäern voraus zu sein: Bereits Ende Juni erhielt der Mobilfunkbetreiber NTT Docomo eine UMTS-Lizenz in Japan (UMTS = Universal Mobile Telecommunications Standard). Im Mai 2001 soll der neue Standard in den Städten Tokio, Yokohama und Kawasaki verfügbar sein. Auch in Europa wird der UMTS-Standard 2002 als einheitlicher Mobilfunkstandard eingeführt. Seit Wochen vollzieht sich in Deutschland ein zäher Kampf um die begehrten Lizenzen. Sogar die Tageszeitungen überschlagen sich mit der aktuellen Berichterstattung über die Versteigerung der UMTS-Lizenzen; offensichtlich wird die Aufmerksamkeit in breiten Leserkreisen jenseits der an Wirtschaft und Technologie Interessierten als sehr hoch eingeschätzt.

Die neue Technik sieht Bandbreiten von bis zu 2 Mbit pro Sekunde vor. Damit wird künftig nicht nur das Telefonieren länderunabhängig. Die neue Technik wird auch völlig neue WAP-Anwendungen mit sich bringen, die alle bisherigen Dienste "alt aussehen" lassen: Das Senden von aufwändigen Internet-Seiten, Bildtelefonie über Video-Handys oder digitaler Fernsehempfang dürften schon bald keine Zukunftsmusik mehr sein. Und hier sind die Anbieter gefragt: Weitere strategische Kooperationen lassen künftig neue Angebote entstehen, die den Usern durchaus Nutzen bringen können, vorausgesetzt, die Gebühren und die Qualität der Angebote stimmen.

*Michaela Christandl ist freie Journalistin in München.

Abb:Konzept eines Portals, das über WAP abfragbar ist. Quelle: Wapme