Jahresbericht 2000 vorgestellt

Regulierer forciert Wettbewerb im Ortsnetz

23.02.2001
BONN (CW/vwd) - Alles andere als wettbewerbsfeindlich gab sich der neue Chef der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP), Matthias Kurth, bei der Vorlage des Jahresberichts seiner Behörde. Kurth, dem im Vorfeld seiner Berufung eine "Nähe" zur Ministerialbürokratie und damit zum Noch-Staatsunternehmen Telekom nachgesagt wurde, hält auch drei Jahre nach der Öffnung des Marktes den Wettbewerb im Ortsnetz für unterentwickelt.

"Das Wachstum hält an, die Wettbewerbsorientierung trägt Früchte, und der Flaschenhals Ortsnetzzugang besteht weiterhin." Dieses Fazit zog Deutschlands neuer Chefregulierer bei seinem ersten Auftritt vor der Presse in Bonn. Seit der vollständigen Liberalisierung habe sich, so Kurth, der deutsche TK-Markt dynamisch entwickelt. Festzustellen sei ein starker Zuwachs der Mobilfunkanschlüsse, der Internet-Zugänge und der Festnetzanschlüsse sowie ein Anstieg der Verbindungsvolumina. Gleichzeitig seien die entsprechenden Tarife gefallen. Insgesamt hätten dabei aber die gewachsenen Verkehrsmengen die Preisrückgänge mehr als kompensiert - für "Katzenjammer", egal auf welcher Seite, gebe es deshalb nicht den geringsten Anlass.

Anstieg bei Festnetzminuten

Nach den im Jahresbericht der Reg TP veröffentlichten Zahlen beläuft sich beispielsweise das Jahresverkehrsvolumen 2000 im Festnetzbereich auf insgesamt 290 Milliarden Minuten, was gegenüber dem Vorjahr einer Steigerung von 26 Prozent entspricht. Rund 65 Milliarden Minuten gehen dabei auf das Konto der Wettbewerber der Telekom. Entscheidend zu den hohen Verkehrzuwächsen im Festnetz hätten sowohl die überproportional gestiegene Internet-Nutzung als auch die Verbindungen vom Festnetz zu den Mobilfunknetzen beigetragen, heißt es weiter. Nach Erhebungen der Reg TP erreichten die drei größten Online-Anbieter in Deutschland Ende vergangenen Jahres etwa 9,3 Millionen Teilnehmer; 24 Prozent der deutschen Haushalte verfügten über einen Internet-Anschluss.

Im Gegensatz zur Einschätzung vieler Kritiker der Regulierungspolitik sei die Entwicklung des deutschen TK-Sektors "eindeutig positiv". Innovative Produkte und Dienstleistungen hätten ein erhebliches Marktwachstum erzeugt und durch niedrige Preise sowie neue Arbeitsplätze zum Wohle der gesamten Volkswirtschaft beigetragen. Immerhin kamen die einschlägigen Unternehmen vergangenes Jahr auf ein Umsatzvolumen von rund 100 Milliarden Mark.

TAL-Miete bleibt umstritten

Nicht kapitulieren will die Reg TP nach den Worten Kurths vor der Aufgabe, auch im Ortsnetzbereich für mehr Wettbewerb zu sorgen. Ende September 2000 wären neben der Telekom weitere 52 Unternehmen mit einem Angebot von Telefonanschlüssen im Markt vertreten gewesen. Alternative Anschlussangebote seien damit inzwischen in Städten beziehungsweise Ballungszentren verbreitet, in denen rund ein Drittel der Gesamtbevölkerung lebt.

Als entscheidenden Faktor für mehr Wettbewerb bei Ortsgesprächen bezeichnete Kurth die Miete, die andere Carrier der Telekom für die Überlassung der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) zahlen müssen. Darauf basierten immerhin zwei Drittel der von den Wettbewerbern des ehemaligen Monopolisten angebotenen Leitungen. Über die neue TAL-Miete muss der Regulierer im März entscheiden - eine "Gratwanderung", wie Kurth unterstrich. Wichtigstes Kriterium zur Preisfindung wären dabei die langfristigen Kosten der Telekom. Als Alternative zur Mitbenutzung der Telekom-Leitungen wolle seine Behörde auf den Aufbau von Richtfunknetzen drängen. Einige Unternehmen seien aber in puncto drahtloser Zugang zu den Hausanschlüssen noch zögerlich. Andere Möglichkeiten zur Umgehung der TAL, etwa die technische Aufwertung von Fernsehkabelnetzen oder Stromleitungen stünden ebenfalls erst in den Anfängen. Hier könne der Regulierer nur an die Beteiligten appellieren, ihre Projekte voranzutreiben.