In eigener Sache:

Redaktionskonzept

02.09.1988

CW-Leserin Sonja Michels hält der Redaktion vor, nur negativ über die IBM zu berichten (siehe Meinungen: "Dreiste Behauptung"). Dazu ist anzumerken: Wir behaupten nicht, wir meinen nicht, wir glauben nicht, wir stellen fest, daß die IBM ein Quasi-Monopol bei Rechenzentrumscomputern besitzt. Daß es für /370-Anwender praktisch keine Möglichkeit mehr gibt, echte DV-Alternativen zu nutzen, mag als Hinweis genügen. Zur PCM-Krise, zur "Unabhängigkeit" von IBM-Software-Anbietern, zur PC-Clone-Problematik ist alles gesagt: "After"-Märkte in einer geschlossenen IBM-Welt. Über das BUNCH-Dilemma müssen wir nicht reden.

Auf den Nachweis monopolistischer Geschäftspraktiken der IBM - den zu erbringen den amerikanischen Antitrustbehörden aber immerhin bereits gelungen ist -, kommt es nicht einmal an. Der IBM-Anspruch auf einen Marktanteil jenseits der 70-Prozent-Grenze erzielt böse Wirkung. Bei Mainframes wurde das Limit mittlerweile überschritten. Dies ist nach unserem Verständnis von freier Marktwirtschaft gefährlich, wobei unerheblich ist, daß das IBM-Monopol von den meisten Kunden und Konkurrenten toleriert wird.

Allenfalls liegt der Schluß nahe, daß der Informationstechnik von Unternehmern und Top-Managern nur geringe Bedeutung beigemessen wird. Die Rolle der DV-Spezialisten, auch diese Einlassung ist zulässig, erscheint auf diesem Hintergrund zumindest fragwürdig. Diese Tatsachen herauszustellen, wie es die CW immer wieder tut, hat nichts mit negativer Berichterstattung zu tun. Die DV-Branche - das hängt auch mit der Informationspolitik der Hersteller zusammen - bekommt die (Fach-)Presse, die sie verdient.

Man kann einwenden, die CW habe bisher nichts bewirkt. Da ist was dran. Warum halten wir dann an unserem monopolkritischen Ansatz fest? Nun, zunächst ist der Ohnmacht-Vorwurf nichts weiter als eine Behauptung. Aber warum sollten wir es, ausnahmsweise in diesem Fall, nicht einmal mit glauben versuchen? Und Abonnentenzahlen (bei CW steigend) sagen schließlich auch etwas aus. Offene Leser-Zustimmung - wenn auch nur indirekt, in Form von "Open-Systems"-Bekenntnissen (Unix etc.) - würde unsere Motivation natürlich noch wesentlich erhöhen.

Ein "Heyne Report" über IBM ist gerade als Taschenbuch erschienen. Stephanie Sand erzählt: "Eine kritische Geschichte des Computer-Giganten." Bezeichnend: Stephanie Sand ist ein Pseudonym. Der Verlag gibt, "aus verständlichen Gründen, wie ein Heyne-Sprecher sagt die Identität der Autorin/des Autors nicht preis. Die COMPUTERWOCHE bittet "Stephanie Sand" auf diesem Wege, sich bei der Redaktion zu melden. Diskretion ist Eckbauer-Sache.