Verbesserungen der Systemadministration und Desktop-Offensive

Red Hats neue Säulen des Linux-Geschäfts

11.07.2003
MÜNCHEN (ls) - Red Hat ändert behutsam die Ausrichtung des Portfolios. Damit reagiert der Linux-Distributor auf eine wachsende und sich verschiebende Nachfrage nach Open-Source-Produkten sowie auf schnelle technische Fortschritte im Linux-Umfeld.

Der Open-Source Markt ist unverändert von einer "starken Nachfrage seitens Unternehmen und zunehmendem Interesse der öffentlichen Verwaltungen" geprägt, erklärte Red Hats Chairman und Chief Executive Officer Matthew Szulik in einem Gespräch mit der COMPUTERWOCHE. Das profitabel abgeschlossene letzte Geschäftsjahr war vor allem durch eine Verdoppelung der Umsätze mit Unternehmen gekennzeichnet. Der Schwerpunkt der Nachfrage richte sich auf den Einsatz von Linux auf Servern.

Doch auch in diesem Segment stellt Red Hat Veränderungen fest. Proxy-, Web-, Mail- sowie File-and-Print-Server verlieren ihren dominierenden Status unter den Linux-Anwendungen. Szulik: "Jetzt geht es zunehmend um Datenbanken, Cluster und High-Performance-Computing." Außerdem gebe es große strategische Investitionen in Banken, die Risk-Management- und Trading-Systeme von großen 64-Bit-Unix-Maschinen auf Linux-Umgebungen portieren.

Anders als in Europa seien Linux-Mainframes in den USA kein großes Thema. Großes Interesse gebe es hingegen an der Ablösung der teuren Unix-Systeme durch mehrere Intel-basierende Zwei- oder Vier-Wege-Rechner, die nur einen Bruchteil kosten. "Nur wenige Anwender skalieren ihre Systeme vertikal", stellt Szulik fest. "Eher bauen sie ihre Infrastruktur horizontal aus." Deswegen sei es auch nicht so ein brennendes Thema, ob oder wann Linux nun acht, 16, 32 oder 64 CPUs unterstütze. Wichtiger sei für Linux ein besseres Handling von großen Transaktionen, eine Überwindung der 4-MB-Größengrenze der Dateien, ausgefeiltere Cluster-File-Systeme und natürlich der Aspekt Sicherheit.

Das Ziel der Anwender, die IT-Kosten zu reduzieren, zeige sich auch in anderen Punkten. "Die Kosten der IT-Administration strapazieren die IT-Budgets", beobachtet Szulik. Deswegen investiere Red Hat in diesen Bereich. "Wir wollen die Administration großer Systeme deutlich vereinfachen." Das läuft darauf hinaus, dass sein Unternehmen über Linux und seine klassischen Anwendungen wie Apache hinaus einen ganzen Satz von Entwicklungs-, Administrations- und Diagnose-Tools anbieten und mit Service unterstützen will. Daher werde das Red Hat Network mit seinen automatischen Sicherheitschecks und Updates weiter in Richtung Betriebssystem-naher Aufgaben ausgebaut.

Die deutlichste Neupositionierung vollzieht Red Hat in Sachen Linux-Desktops. "Bisher waren wir der Meinung, Linux und Open Source sei in Sachen Desktop nicht reif und könne keine Umgebungen mit Tausenden Anwendern unterstützen", blickt Szulik zurück. Dies sei inzwischen kein Argument mehr. Das Interesse an Linux-Desktops sei in Europa und Asien, vor allem in Deutschland, der Entwicklung in den USA weit voraus. "Die Anwender beziehen hier Desktops stärker in ihre strategischen Überlegungen ein", findet Szulik. "Es ist die Ebene über den IT-Abteilungen, nämlich die CIOs, die die Kosten für die Systemadministration auch auf der Desktop-Seite senken wollen."

"Ein durchschnittlicher Windows-Desktop kostet mit Lizenzen und Administration ein Unternehmen jährlich 400 bis 500 Dollar", rechnet Szulik vor. Red Hat will diese Kosten "unter 100 Dollar pro Client" drücken. Der Distributor wird demzufolge das Portfolio erweitern. "Linux-Desktops werden ein sehr wichtiger Teil unserer Geschäftsstrategie. Wir wollen eine End-to-End-Lösung vom Client bis zum Server anbieten."

Deutschlandgeschäft wird forciert

Um in diesem Punkt besser auf dem besonders interessanten deutschen Markt vertreten zu sein, wurde mit Alex Pinchev ein deutschsprachiger Verantwortlicher für das gesamte internationale Geschäft berufen, der sein Büro in Vienna, Virginia, eingerichtet hat. Verantwortlicher für Nordeuropa einschließlich des deutschsprachigen Raums wird Werner Knoblich, der bisher bei der USU AG und bei Maincontrol war. Geschäftsführer der Red Hat GmbH bleibt Dirk Haaga.