Red Hat will mehr Linux-Standards

08.08.2002
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Red Hat hat kein Interesse, der United-Linux -Gruppe beizutreten. Stattdessen propagiert der Distributor die forcierte Standardisierung des quelloffenen Betriebssystems.

Er habe „keine Ahnung“, was United Linux bezwecken solle, erklärt Dieter Hoffmann, Red-Hat-Chef in Zentral- und Osteuropa. Suse, Caldera, Conectiva und Turbolinux, die Initiatoren des Einheits-Linux, wollten wohl ihre Marktposition durch ein globales Service- und Supportangebot verbessern. Das ist für Red Hat nicht attraktiv; das Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, die einzige Distribution mit globaler Präsenz zu sein. Die Folge ist die Absage von Hoffmann an United Linux: „Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt weder Motivation noch Interesse, da mitzumachen.“

Die technischen Ziele von United Linux lassen nach Ansicht von Red Hat ohnehin nichts Neues erkennen. Der US-amerikanische Distributor sieht sich als Champion, der die Trends setzt. Hoffmann: „Wir bieten denen unseren Advanced Server an.“ In diesem Red-Hat-Linux stecke schon alles, was die vereinte Konkurrenz erst noch zu erreichen versuche. Das Angebot ist eine Bedingung für Einigungsgespräche - und wohl nicht die einzige.

Wiederholt betont Hoffmann, sein Unternehmen fühle sich pragmatischer „dem Open-Source-Gedanken verpflichtet“ als die Vertreter anderer Distributionen. Die Attacke richtet sich vor allem gegen den Wettbewerber Suse. Dessen Installations-Tool „Yast“, eine Suse-eigene Entwicklung, soll Bestandteil von United Linux werden. Für Red Hat ist das ein Unding, wie Hoffmann erkennen lässt: „Wir werden offene Standards unterstützen.“

Hoffmann konzediert, dass Anwender und Softwarehäuser mit dem Nebeneinander zahlloser Linux-Varianten unzufrieden sind und eine Standardisierung von Linux wollen. Red Hat begegnet dieser Forderung - der das über gemeinsame Schnittstellen hinausgehende Einheits-Linux der Konkurrenz entgegenkommt - mit dem Ruf nach einer forcierten Entwicklung der Norm „Linux Standard Base“ (LSB) in der Open Group. Hoffmann: „Für uns ist LSB das Maß der Dinge.“ Sprich: Standards statt United-Linux-Gleichheit.

Das Standardisierungsgremium Open Group ist nach Ansicht von Red Hat in puncto praktische Normen noch weit von seinen Zielen entfernt. Hoffmann verspricht: „Wir werden weiter an LSB mitarbeiten.“ Sein Unternehmen werde mehr personelle Kapazitäten für die Entwicklung des Linux-Standards zur Verfügung stellen. Der Manager erhebt die Übereinstimmung mit Standards zu einem Hauptargument für das eigene Betriebssystem: „Red Hat ist die LSB-konformste Distribution am Markt.“