Red Hat kauft Jboss

11.04.2006
Der Linux-Distributor zahlt für den Middleware-Spezialisten zunächst 350 Millionen Dollar.

Red Hat zahlt 40 Prozent der Kaufsumme für den Anbieter von Open-Source-Middleware in bar, den Rest in eigenen Stammaktien. Falls bestimmte Leistungsvorgaben erfüllt werden, legt der Käufer noch einmal 70 Millionen Dollar drauf. Die Akquisition soll voraussichtlich gegen Ende des ersten Fiskalquartals von Red Hat Ende Mai 2006 abgeschlossen werden. Jboss wird unter der Leitung seines bisherigen Chefs Marc Fleury eine unabhängige Abteilung des Distributors. Es werde keine Entlassungen geben, sondern eher einen Personalausbau.

Red Hat will durch die Übernahme nach eigenen Angaben den Umstieg der Anwender auf Service-orientierte Architekturen (SOA) beschleunigen. Dazu möchte der Käufer den Betrieb "der nächsten Generation Web-fähiger Anwendungen auf einer kostengünstigen Open-Source-Plattform ermöglichen".

Die Firmen passten zusammen, weil beide ihr Geld mit Service und Support verdienen, die sie über ein Subskriptionsmodell online bereitstellen. Jboss werde, so hofft Fleury, von der globalen Präsenz Red Hats profitieren, nachdem das Unternehmen sich bisher vor allem im asiatisch-pazifischen Raum mit dem Aufbau eigener Vertriebsstrukturen schwer getan hat.

"Die Vereinigung dieser beiden Firmen wird die Vorzüge eines reinen Open-Source-Spiels demonstrieren", kommentierte Fleury. "Unsere Kunden stan- dardisieren ihre Infrastruktur zunehmend auf quelloffene Technik und wollen die Unterstützung eines stabilen und vertrauenswürdigen globalen Open-Source-Anbieters."

Das Jboss-Management selbst habe Red Hat als Käufer ausgewählt. Damit spielte Fleury auf Gerüchte aus den vergangenen Wochen an, Oracle wolle den Middleware-Spezialisten übernehmen. Bisher hatten Jboss-Manager behauptet, eher einen Börsengang anzustreben.

Unterm Strich schwarze Zahlen

Red Hats Gewinn im August-Quartal soll durch die Akquisition niedriger ausfallen, für das Gesamtgeschäftsjahr erwartet der Distributor keine größeren Auswirkungen. Ab dem kommenden Fiskaljahr soll sich der Zukauf bei Umsatz und Gewinn unterm Strich bereits positiv bemerkbar machen.

Beobachter bewerten den Zusammenschluss unterschiedlich. James Governor, Analyst bei Redmonk, sagt zunehmende Konkurrenz für IBM und Bea voraus. Deren Kunden würden die nur Service und Support kostende Kombination Red Hat plus Jboss nutzen, so dass die Wettbewerber zu Preissenkungen gezwungen seien. Bea zeigte sich in einer Erklärung von der Jboss-Übernahme unbeeindruckt. Von IBM gibt es keine Stellungnahme.

Dana Gardner, Analystin bei Interarbor Solutions, hingegen gewinnt dem "Erdbeben in der Open-Source-Landschaft" positive Aspekte ab. Anwender würden ermutigt, SOA-Strategien umzusetzen. Big Blue könnte eine engere Kooperation mit Novell suchen, um mit der Kombination von Suse-Linux und dem quelloffenen "Websphere Application Server Community Edition" ein Gegengewicht zu schaffen.

Auftrieb für SOA

Michael Goulde von Forrester Research sagt ebenfalls ein stärkeres Interesse an SOA-Implementierungen voraus. Der Wettbewerb zwischen den Anbietern nehme zwar zu, aber insgesamt würden alle Seiten von einer zunehmenden Nachfrage nach Services, Middleware und neuer Hardware profitieren. (ls/tc)