Fachkräftemangel

Recruiting - die Fehler der Unternehmen

12.06.2014
Wer Bewerber zu lange im Unklaren lässt oder sich ausschließlich auf Topkandidaten konzentriert, hat im Kampf um Experten schlechte Karten. Frank Rechsteiner, Inhaber der SAP-Personalberatung Hype, nennt sechs Fehler, die Unternehmen bei der Personalsuche unterlaufen.

1. Viele Recruiting-Prozesse dauern zu lange und bieten den Kandidaten keine Transparenz über den Stand der Bewerbung. Oft liegt dies an der mangelnden Kommunikation und Abstimmung zwischen Fachbereichen und HR. Das lässt Rückschlüsse auf die generelle Arbeitsplatzkultur im Unternehmen zu und bedingt, dass gute Bewerber immer wieder abspringen. Besser ist es daher, Bewerbungsprozesse mit klaren Verantwortlichkeiten und striktem Zeitplan aufzusetzen und allen Kandidaten zeitnahe Rückmeldungen zu geben: Bei Top-Arbeitgebern vergehen vom ersten Telefoninterview bis zum Vertragsabschluss maximal zwei Wochen!

Frank Rechsteiner, Personalberater: "Iin Deutschland gibt es viele Vorbehalte gegenüber Studienabbrechern und erfolglosen Firmengründern, während diese in den USA beispielsweise als besonders mutig gelten."
Frank Rechsteiner, Personalberater: "Iin Deutschland gibt es viele Vorbehalte gegenüber Studienabbrechern und erfolglosen Firmengründern, während diese in den USA beispielsweise als besonders mutig gelten."
Foto: Rechsteiner

2. Unternehmen jagen oft IT-Experten mit perfekten Leistungsprofilen nach, um bei der Stellenbesetzung keine Risiken einzugehen. Eher werben sie für viel Geld Mitarbeiter von Wettbewerbern ab oder nehmen Vakanzen hin, als Bewerber zu berücksichtigen, die ihre Anforderungen nur zum Teil erfüllen. Dabei bedarf es keiner übermäßigen Investitionen, um diese Bewerber mit eigenen Aus- und Weiterbildungsprogrammen sowie "Training on the Job" auf die künftigen Aufgaben vorzubereiten. Viele Unternehmen stecken zwar hohe Summen in die Fortbildung vorhandener Mitarbeiter, knausern jedoch, wenn es um die Schulung von Neueinsteigern geht.

Quereinsteiger und Lücken im Lebenslauf akzeptieren

3. Viele Führungskräfte haben keine klaren Visionen, wie sie ihr Unternehmen in den kommenden fünf Jahren weiterentwickeln wollen. Daher können sie die IT-Experten nicht für ihr Unternehmen und die besonderen Herausforderungen der neuen Stelle begeistern. Sie werben stattdessen mit Themen für ihre Firma, die längst Standard in der IT-Geschäftswelt sind: zum Beispiel interessante Kunden und Projekte, ein tolles Betriebsklima, flexible Arbeitszeiten und vieles mehr. Statt weit verbreitete Ausreden zu gebrauchen, wie "Wir sind ein kleines Unternehmen, und dort gehen die guten Leute eben nicht hin", sollten Manager mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und gezielte Wachstumsstrategien für ihr Unternehmen definieren. Denn es liegt auf der Hand, dass ein größerer Betrieb höhere Gehälter und mehr Annehmlichkeiten bieten kann als ein kleines oder mittelständisches Unternehmen.

4. Unternehmen sollten nicht vor IT-Quereinsteigern und Kandidaten mit Lücken im Lebenslauf zurückschrecken. Gerade in Deutschland gibt es viele Vorbehalte gegenüber Studienabbrechern und erfolglosen Firmengründern, während diese in den USA beispielsweise als besonders mutig gelten. Dabei gibt es viele gute Gründe für die Einstellung von Bewerbern, die - auch wenn sie gescheitert sind - den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben: Sie besitzen Initiative und haben gelernt, nach einer Niederlage wieder aufzustehen. Statt diesen unternehmerischen Eigenschaften den Vorzug zu geben, suchen viele Personaler nach Kandidaten mit stromlinienförmigen Lebensläufen. Das mag für bestimmte Angestelltenberufe sinnvoll sein, aber nicht für IT-Spezialisten, die hohes kreatives Potenzial besitzen müssen, um erfolgreich zu sein. Das heißt: Statt "harte" Kriterien im Lebenslauf entscheiden zu lassen, sollten Personaler mehr auf die Anforderungen und Wünsche der Fachbereiche eingehen.

5. Vielfach sind die Auswirkungen nicht oder falsch besetzter Stellen nicht bekannt. Während Vakanzen das Unternehmenswachstum hemmen, führt jede Fehlbesetzung zu hohen finanziellen Verlusten und Imageschäden. Experten schätzen, dass die direkten und indirekten Kosten einer Fehlbesetzung auf der Ebene eines Geschäftsführers oder einer ähnlichen Funktion das bis zu Dreifache des damit verbundenen Jahresgehalts betragen. Bei Gehältern im sechsstelligen Bereich sind das empfindliche Einbußen für ein Unternehmen. Darin enthalten sind Kosten für Anzeigenschaltungen, verlorene Arbeitszeit durch die Bewerbungsverfahren und Reisekosten. Hinzu kommen verminderte Arbeitsleistungen während der Einarbeitung des neuen Stelleninhabers sowie mögliche Aufwände für Abfindungen oder gerichtliche Streitigkeiten. Wurden zur Personalgewinnung Headhunter eingesetzt, erhöhen sich die finanziellen Verluste weiter. Um Fehlbesetzungen zu vermeiden, sollten unternehmens- und positionsspezifische Anforderungsprofile mit eignungsdiagnostischen Verfahren, wie Assessment Center, kombiniert werden.

6. Obwohl viele Unternehmen keine passenden IT-Spezialisten finden, sträuben sie sich gegen die Honorarforderungen von Personalberatern. Dabei bietet eine professionelle Personalberatung gegenüber Stellenanzeigen, Jobbörsen und Bewerberportalen zahlreiche Vorteile. So hat ein fähiger Headhunter einen guten Marktüberblick und kennt die IT-Branche oft aus langjähriger Erfahrung. Er kann einem Unternehmen also wertvolle Ratschläge geben, welche Anforderungen an den künftigen Mitarbeiter gestellt werden sollten. Da ein Personalberater aktiv auf die Bewerber zugeht, bestehen zudem größere Erfolgsaussichten, schnell geeignete IT-Experten zu finden. Wie Untersuchungen zeigen, können Unternehmen mit Hilfe eines Headhunters die vakante Position in der Regel in zwei bis drei Monaten besetzen. Schließlich müssen Betriebe, die auf Personalberater setzen, nicht offenlegen, dass sie eine bestimmte Stelle neu vergeben möchten: Ein Personalberater sucht anonym.

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