Geänderte Arbeitsmethoden erfordern neue Prüftechniken:

Rechnungsprüfung in der DV auf neuen Wegen

11.02.1983

SIEGBURG - Neue Wege muß die Rechnungsprüfung im Bereich der automatischen Datenverarbeitung gehen, wenn sie ein wirksames Kontrollinstrument bleiben will. Heinrich Adolphs, Verwaltungsrat bei der Kreisverwaltung Siegburg, rezensiert im folgenden den neuen Bericht der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) in Köln zum Thema "Automation und Rechnungsprüfung".

Das Problem ist im Grunde nicht neu, weder in der Wirtschaft noch in der öffentlichen Verwaltung: Geänderte Arbeitsmethoden, wie sie der Einsatz von Computern mit sich bringt, erfordern neue Revisions- und Prüftechniken. Zahlreiche Beiträge in der Fachliteratur beweisen das Interesse an dieser Problematik.

Für den Bereich der deutschen Kommunalverwaltung hat ein Gutachterausschuß der KGSt in einem über 50seitigem Bericht (DIN A4) alles Wissen zu diesem Thema, wie es sich aus heutiger Sicht darstellt, zusammengetragen (Bericht vom 24. 12. 1982 Nr. 23/1982). Zuletzt hatte das Institut zur Automation und Rechnungsprüfung 1974 Stellung bezogen.

Seit dieser Zeit haben sich die Anforderungen an den DV-Prüfer durch die technischen und organisatorischen Weiterentwicklungen der automatisierten Datenverarbeitung erheblich verändert und erweitert. Deshalb war eine neue Bestandsaufnahme angebracht.

Bemerkenswert ist die Feststellung, daß die DV-Kosten im Durchschnitt in den Kommunalverwaltungen lediglich bei 0,4 bis 1,0 % der Verwaltungshaushalte liegen. Gleichwohl hat der hamburgische Senat daraus gefolgert, daß die Automation in vielen Sachbereichen Schlüsselfunktion hat.

Sie bestimme in weit stärkerem Maße Erfolg oder Mißerfolg des Verwaltungshandelns, als der geringe Kostenanteil vermuten lasse. So wird denn auch die DV in vielen Verwaltungsbereichen als Infrastruktur bezeichnet, deren Funktionsfähigkeit in starkem Maße über die Arbeitsfähigkeit des Verwaltungsbereiches entscheidet.

Nichtfunktionierende DV-Verfahren können verheerende Folgen für die Aufgabenerfüllung haben. Aus dieser Schlüsselrolle erklärt sich auch das besondere Interesse der Rechnungsprüfung (wie die Revision in der Kommunalverwaltung genannt wird).

Chancen für Nachrichtentechnik

Die Weiterentwicklung der kommunalen Datenverarbeitung zeigt sich beispielsweise in der Verbesserung der technischen Leistungsfähigkeit der Hardware (mit Zunahme des Speichervolumens), in der Automatisierung neuer gemeindlicher Aufgabenbereiche und in der Ablösung von Stapel- durch Online-Verfahren.

Auch die Textverarbeitung ist ins Blickfeld der Revision gerückt, weil auch sie sich inzwischen Problemen der gemeindlichen Haushaltswirtschaft annimmt. Gleiches wird in absehbarer Zeit für die Nachrichlentechnik gelten.

Dazu gehören Teletext und Bildschirmtext, denen die KGSt große Chancen auch für den Einsatz in der Kommunalverwaltung einräumt. Deshalb empfiehlt das Insitut den Rechnungsprüfungsämtern (RPÄ), sich auf diese technischen und organisatorischen Weiterentwicklungen rechtzeitig einzustellen.

Länderweise unterschiedliche Vorschriften bilden die rechtliche Grundlage der EDV-Prüfung. Einige Bundesländer verlangen eine präventive Prüfung der Programme vor deren Einsatz, andere Länder sind bisher so weit nicht gegangen. Im allgemeinen wird die DV-Prüfung nur für den Bereich der kommunalen Haushaltswirtschaft gefordert (so zum Beispiel Nordrhein-Westfalen).

Hessen verwendet den Begriff "Finanzwesen". Mit der Verwendung t unterschiedlicher Begriffe, so muß man folgern, wird der Aufgabenbereich auch unterschiedlich weil oder eng eingegrenzt.

Die DV-Prüfung erschöpft sich aber nicht in der präventiven Programmprüfung. Zu ihr zählen unter anderem auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit, die Prüfung des Arbeitsablaufs in der Datenzentrale und gutachtliche Stellungnahmen. Dagegen ist es nicht Aufgabe der RPÄ, als örtliche Datenschutzbeauftragte zu wirken. Das heißt aber nicht, daß die Revision vor Verstößen gegen den Datenschutz ihre Augen verschließen darf, wenn sie bei ihren Prüfungen darauf stößt.

Während der Prüfungsumfang gesetzlich geregelt ist, unterliegen Form und Intensität der Prüfung im Ermessen des Rechnungsprüfungsamtes, wobei auch hier das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist.

Keine lückenlose Prüfung

Eine lückenlose Prüfung wird in nur sehr wenigen Fällen möglich sein. Kommt der DV-Prüfer zur Überzeugung, daß das DV-Verfahren in seinen wesentlichen Teilen fehlerfrei ist und dennoch auftretende Fehler schnell aufgedeckt und bereinigt werden können, so kann das Prüfziel als erreicht gelten.

Der KGSt-Bericht befaßt sich im einzelnen mit Prüfhandlungen, die bei Stapelverfahren auftreten. Hier unterscheidet er zwischen den klassischen Schritten: Ermittlung, Erfassung, Verarbeitung und Auswertung. In Tabellenwerken untersucht der Bericht Zuständigkeiten, Sicherung der Ordnungsmäßigkeit (durch Vollständigkeit, Richtigkeit, zeitgerechten Ablauf, Sicherheit) und Prüfbarkeit der einzelnen Arbeitsschritte

Bei der Online-Verarbeitung wird zwischen Verfahren mit Vorverarbeitung (und anschließendem Batch-Betrieb), Auskunftssystemen und - als höchste technische Entwicklung - Dialogverarbeitung unterschieden. Bei Online-Projekten sind die Anforderungen an die DV-Prüfung gesteigert. Auch hier stellt der KGSt-Bericht umfangreiches Tabellenmaterial für die einzelnen Prüfhandlungen zur Verfügung.

Der Bericht enthält ferner Ausführungen zu Prüfungen bei einer Änderung der DV-Organisation (zum Beispiel erstmalige Installation einer EDV-Anlage, Ausscheren einer Gemeinde aus einer gemeinsamen kommunalen Datenverarbeitungszentrale) und für Prüfung bei Einführung zusätzlicher lnformationstechniken zum Beispiel Btx).

Prüfung der DV-Verfahren

Den meisten Raum widmet der KGSt-Bericht der Prüfung der DV-Verfahren selbst. In der Regel bindet sich das Rechnungsprüfungsamt in die einzelnen Phasen der Verfahrensentwicklung ein. Diese Art der Prüfung, die den Vorteil hat, daß die Gestaltung des Verfahrens rechtzeitig beeinflußt werden kann, bezeichnet man als begleitende Prüfung (Exante-Prüfung). Das Gegenstück ist die nachgehende oder Ex-post-Prüfung. Die begleitende Prüfung ist im allgemeinen kostengünstiger, wie Erfahrungen gezeigt haben.

Die begleitende Prüfung, zu der auch Tests gehören, endet mit einem Abschluß- oder Prüfungstestat über die Ordnungsmäßigkeit der Programme und des Verfahrens. Für die "Programmfreigabe dagegen ist das RPÄ nicht zuständig. Trotz der Mitwirkung bei der Verfahrensentwicklung ergibt sich nach Auffassung der KGSt keine Mitverantwortung für die Programme.

Bei der Übernahme von Programmen von Dritten (zum Beispiel von anderen Kommunen) muß das RPÄ entscheiden, ob es sich auf die beim Programmautor stattgefundenen Prüfungen stützen kann oder selbst erneut zu prüfen hat.

Der KGSt-Bericht zahlt eine Reihe von Methoden und Hilfsmitteln der DV-Prüfung auf und beschreibt sie. Dazu gehören unter anderem Testdaten, Parallelverarbeitung, Verfahrensanalysen, Entscheidungstabellentechnik, Testdatengeneratoren, Prüfprogramme und Auswertungsprogramme. Zu jedem "Werkzeug" werden im Bericht Ziel der Prüfung, Zweck des Einsatzes, sachliche Voraussetzungen, fachliche Anforderungen an den Prüfer, Prüfungszeitpunkt sowie Prüfungsaufwand angegeben.

Eingehende Überlegungen stellt der KGSt-Bericht auch zu den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von DV-Verfahren an. Sie sind nicht Aufgabe der RPÄ. Diese müssen nur prüfen, ob die notwendigen Methoden und Hilfsmittel genutzt wurden und das Ergebnis vertretbar ist.

Der Bericht verkennt jedoch nicht, daß im DV-Bereich der Nachweis der Wirtschaftlichkeit problematisch sein kann. So heißt es zum Beispiel zur Wirtschaftlichkeit der Umstellung von Stapelverarbeitung auf Online-Verfahren: "Meist wird man über eine verbale Beschreibung nicht hinauskommen."

Da EDV-Verfahren in der Kommunalverwaltung heute weitgehend kooperativ (oft bundesweit) entwickelt werden, muß auch die einschlägige Revision diese Zusammenarbeit vollziehen. Dafür gibt es bewährte Beispiele und Methoden (zum Beispiel Austausch von Prüfdokumentationen).

Entsprechend den hohen Anforderungen der modernen Datenverarbeitung wird auch von der DV-Prüfern eine hohe Qualifikation und Flexibilität erwartet. Mit einer Untersuchung zu diesem Thema schließt der KGSt-Bericht. Die Tätigkeit der DV-Prüfer setzt vor allem die Befähigung zum mathematisch-logischen Denken und zur Kreativität voraus. Entsprechend teuer sind Aus- und Fortbildung.

Die Kosten für die erstmalige Ausbildung eines DV-Prüfers sind in dem Bericht mit 30 000 bis 40 000 Mark beziffert, zuzüglich persönlicher Kosten für die Ausbildungszeit von zwei Jahren, (wie Reisekosten, ausgefallene Arbeitstage). Für die weitere Fortbildung sollten jährlich vier Wochen eingeplant werden, wobei die Kosten dafür zwischen 3000 und 5000 Mark liegen (Seminarkosten).