Sondertarife für Stromspitzenverbrauch nivellieren:

Rechnerüberwachung mindert Energiekosten

25.11.1983

Systeme zur Einsparung von Energiekosten gewinnen an Bedeutung. Bei der Berechnung von Strompreisen für Sondertarifkunden der Energieversorgungsunternehmen oder der Energieerzeuger ist der Leistungspreis ein wichtiger Kostenfaktor. Am Beispiel eines Mikrocomputer-Systems zeigt Klaus Starke, geschäftsführender Gesellschafter der Incom GmbH aus Grevenbroich, welche Kostenauswirkungen Energie-Überwachung per EDV bringt.

Durch Absenken von Leistungsspitzen (Jahres-, Monats-, Tageshöchstleistungen) lassen sich beträchtliche Einsparungen erzielen. In der Regel kann man durch zeitweiliges Abschalten "unwichtiger" Verbraucher oder Zuschalten von Generatoren (Notstromaggregaten) die Spitzenleistung erheblich senken.

Ein weiteres Ziel ist die verbesserte Auslastung von Energieversorgungsnetzen. Die erforderlichen Schaltungen können entweder über zum Teil vorhandene Schwachstromleitungen oder mit Hilfe der Rundsteuertechnik durchgeführt werden. Das hier vorgestellte Mikrocomputer-System auf der Basis eines PDP-11-Rechners beinhaltet zum einen ein Höchstlast-Optimierungssystem und zum anderen ein umfassendes Informations- und Überwachungssystem.

Hauptaufgabe des Prozeßrechnersystems ist in erster Linie die Einhaltung der vorgegebenen Leistungswerte. Dazu wird der Strombezug laufend überwacht, wodurch drohende Überschreitungen mit Hilfe von Trendrechnungen rechtzeitig erkannt werden. Die Überschreitung der Höchstgrenze kann durch Abschalten bestimmter Verbraucher oder Zuschalten von Generatoren verhindert werden.

Entscheidend für eine optimale Annäherung an die zur Verfügung stehende Energiemenge ist ein ausreichender Spielraum für den Energieverlauf innerhalb der Meßperiode. Erst dadurch ist eine Verbesserung der Nutzung gewährleistet. Die Optimierung wird dabei nach folgenden Kritieren vorgenommen:

- überdurchschnittliche Leistung am Anfang der Tarifperiode

- gesteigerte Wachsamkeit des Systems zum Ende der Tarifperiode

- Unterdrückung von Schaltvorgängen am Ende der Tarifperiode

Abschalten allein genügt nicht

Es ist im allgemeinen nicht damit getan, bei Erkennen einer Leistungsspitze Verbraucher abzuschalten. Schaltungen werden nur in Abhängigkeit der jeweiligen Verbraucher- oder Generator-Charakteristik vorgenommen wie:

- stufenweises Schalten

- Einhaltung von maximalen Verbraucherausschaltzeiten

- Einhaltung von minimalen Generatorlaufzeiten und der vorhandenen Prioritätsstruktur

- zyklische Prioritätsverwaltung

- Prioritätsverwaltung im Dialogbetrieb

- automatische Bedarfs-Prioritätsverwaltung und der vorhandenen Prioritätsstruktur

- Berücksichtigung wesentlicher für den laufenden Betrieb notwendiger Randbedingungen.

Im Gegensatz zu konventionellen Stromwächtern können, zur besseren Feinabstufung, praktisch beliebig viele Verbraucher geschaltet werden. Die Geräte enthalten Bausteine, die in Gruppen von jeweils 12 Ausgängen (beziehungsweise 16 eingängen) erweitert werden können.

Meldungen über das laufende Betriebsgeschehen werden spontan (unverzögert), versehen mit Datum Uhrzeit und zusätzlichen Klartextangaben, ausgegeben. Darüber hnaus besteht die Möglichkeit, Daten vergangener Leistungsmeßperioden zu archivieren. So können die gespeicherten Daten am Ende eines Monats in Tabellen- und Diagrammform aufgelistet werden.

Eine Analyse der aufbereiteten Daten ermöglicht es dem Benutzer, Schwachstellen aufzuspüren und sein System weiter zu optimieren. Wichtige Tabellen in diesem Zusammenhang sind die Tagesbelastungstabelle, die Monatsbelastungstabelle sowie eine Tabelle der Schaltvorgänge, aufgeschlüsselt nach Verbrauchern.

Von einem modernen Computersystem erwartet man im allgemeinen, daß Änderungen der Prozeßbedingungen, Umstellungen oder Erweiterungen schnell und einfach durchgeführt werden können. Diese

geänderten Betriebsparameter müssen dem System in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden. Sämtliche Eingaben zur Änderung von Parametern und zur Ausgabe der diversen Statistiken werden mit Hilfe von Dialogfunktionen über das Bedienungsterminal abgewickelt. Dabei erfolgt die Eingabe in Form von Kommandofolgen, das heißt Sätzen, die die zu veranlassende Tätigkeit mit kurzen, vorgegebenen Stichworten umreißt.

Um auch dem Ungeübten die Bedienung zu vereinfachen, ist das Abfragen aller zulässigen Kommandos möglich. Bei fehlerhaften Eingaben werden die möglichen Angaben automatisch protokolliert. Zur Vereinfachung der täglichen Arbeit mit dem System besteht die Möglichkeit, Kommandofolgen abzukürzen, das heißt statt das Kommando vollständig auszuschreiben, erzielt man denselben Effekt durch Weglassen beliebig vieler Endbuchstaben. Innerhalb des Dialogsystems besteht eine streng hierarchische Ordnung.

Stromspitzen kosten Geld

Alle Überlegungen stützen sich immer darauf, daß es möglich ist, die Fahrweise des Betriebes zu "vergleichmäßigen" und damit anfallende Stromspitzen in Stromtäler zu legen.

Um Hinweise für die Abschätzung einer Einsparung zu ermöglichen, wollen wir im folgenden einen typischen Stromvertrag betrachten:

- Leistungspreis für den Grundbezug = A1 DM je kW

Leistungspreis für den erhöhten Grundbedarf = A2 DM je kW

- Arbeitspreis zum Bezug dieser Leistung in der Hochtarifzone HT = B1 Pf je kWH

Zum Bezug dieser Leistung in Niedrigtarifzone NT = B2 Pf je kWh

- Für Reparaturen und sonstige mögliche Ausfälle einer eigenen Turbinenanlage wird eine Reseveleistung zur Vergügung gestellt, die im Regelfall auch für zwei Leistungsstufen angeboten wird. In der ersten Leistungsstufe zu einem Preis A3 DM je kW und in einer zweiten Leistungsstufe, die niedriger ist, zu einem Preis von A4 DM je kW.

- Zu dieser Reserveleistung gehört wiederum ein Arbeitspreis für die Hochtarifzone HT von B3 Pf je kWh und für die Niedrigtarifzone NT von B4 Pf je kWh.

Aus den typischen Verbrauchsaufzeichnungen eines Betriebes lassen sich folgende Einsparungen einfach ablesen:

- Die zweite Stufe der Grundleistung mit dem höheren Preis läßt sich in aller Regel ganz oder zumindest bis zu zwei Drittel einsparen.

- In den meisten Fällen unterscheidet sich die Tarifzone HT von der Tarifzone NT durch Tag- und Nachtzeiten. In der Regel läßt es es sich hier durch eine vergleichmäßigtere Betriebsfahrweise erreichen, daß zumindest während der NT-Phase genausoviel Strom verbraucht wird wie während der HT-Phase.

- Häufig zeigt sich, daß die Leistungsreserve nicht nur dann in Anspruch genommen wird, wenn das Eigenstromaggregat überholt wird, sondern auch während Zeiten, wo nur kleinere Störungen oder Engpässe in der Eigenerzeugung vorlagen. Auch diese Inanspruchnahme läßt sich durch gleichmäßigere Betriebsfahrweise vermeiden. Damit lassen sich zumindest 10 Prozent der teureren Komponente des Reseverleistungspreises einsparen.

- Entsprechend der Vermeidung der Inanspruchnahme kleinerer Reserveleistungen lassen sich dann auch die entsprechenden Arbeitspreise in der HT- und NT-Tarifperiode einsparen. Die erzielbare Einsparung liegt hier etwa bei jeweils 35 Prozent der verbrauchten Arbeit.

Damit ergeben sich überschlägig insgesamt folgende Einsparungen:

Einsparung im Monat = Anzahl KW 2. Stufe Grundleistung x A2 DM/KW + (Anzahlk KWh HT - Anzahl KWh NT) x 0,01 x (B1 - B2)

+ 0,1 x Anzahl KW der teureren Stufe der Reserveleistung x A4 DM/KW + 0,35 x 0,01 (KWh x B3 + KWh NT x B4)

Praktische Erfahrungen beim Einsatz dieser Formel haben bei einem Anwender mit einem Gesamtbezug von etwa 11 Megawatt bei konservativer Einschätzung eine Ersparnis von fast 200000 Mark offengelegt.