Zweiter Anlauf mit Microsoft System Architecture

Rechenzentrum aus dem MS-Baukasten

16.08.2002
MÜNCHEN (CW) - Rechenzentren von der Stange kaufen - unmöglich? Nicht wenn es nach Microsoft geht. Nach den Startschwierigkeiten seiner Data-Center-Initiative hat der Softwarekonzern eine Systemarchitektur entwickelt, die als Anleitung zum Aufbau der zentralen IT auf Basis von Windows-2000-Servern dienen soll.

Der Desktop ist mit Windows erobert, den Server-Markt ist man - von der eingeschworenen Gemeinde des Linux/Unix-Lagers abgesehen - erfolgreich angegangen. Wie soll da eine Aktiengesellschaft noch im zweistelligen Bereich wachsen? Indem sie neue Marktsegmente entdeckt.

Ein solches Geschäftsfeld mit Wachtumspotenzial sieht der Softwarekonzern in den Rechenzentren. Dort soll nach dem Willen der Redmonder künftig der Windows 2000 Server den Ton angeben. Microsofts Bestreben, in den Zentren der IT Fuß zu fassen, ist allerdings nicht neu. Bereits im letzten Jahr hatte der Konzern mit der Datacenter Edition seiner Server-Plattform einen ersten, wenig erfolgreichen Versuch gestartet. Das Projekt scheiterte daran, dass Microsoft bezüglich der erforderlichen Hardware eine sehr rigide Freigabepraxis betrieb. Für die Anwender wurde so Datacenter-Hardware zu einem teuren Vergnügen. Ein Umstand, der den Softwarekonzern nicht weiter traurig stimmt: "In der Regel benötigen wir immer zwei bis drei Anläufe auf ein neues Marktsegment, um Erfolg zu haben", bekennt ein Microsoft-Manager.

Den zweiten Anflug, um nun in den Rechenzentren zu landen, unternimmt das Unternehmen mit der "Microsoft Systems Architecture" (MSA). Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich dabei um Rezepte, die detailliert den Aufbau eines Windows-2000-Rechenzentrums beschreiben sowie die erforderlichen Zutaten wie Router, Speichersysteme oder Firewalls auflisten. Hauptbestandteil der IT-Gerichte sind natürlich die diversen Microsoft-Server-Produkte wie Exchange, SQL Server, Sharepoint oder Biztalk.

Offiziell liest sich das aus Microsoft-Sicht natürlich anders: Anwender, die diesen Referenzanleitungen folgen, können künftig mit minimalem Eigenaufwand IT-Umgebungen implementieren, die "ein Höchstmaß an Sicherheit, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Skalierbarkeit und Verwaltbarkeit liefern". Um dies zu realisieren, definiert der Konzern in den MSA-Richtlinien, wie eine Rechenzentrums-Infrastruktur auf Windows-2000-Basis auszusehen hat. Auf dieser setzen dann, wie es weiter heißt, vertikale Business-Applikationen auf.

Insgesamt entwickelt Microsoft hierzu vier exemplarische Systemarchitekturen für "Department Data Center", "Enterprise Data Center", "Internet Data Center" und "Geographic High Availability Data Center". Als erstes Modell ist die "MSA for Internet Data Center" über Microsofts Technet kostenlos erhältlich.

Fünf Bestandteile

Diese Anleitung untergliedert sich in fünf Bestandteile: den "Reference Guide", der Informationen zu Design, Konfigurationsstandards und Internet-Rechenzentren bereithält. Ferner gehört ein "Operations Guide" dazu, der sich mit dem späteren Betrieb befasst, ein "Service Guide" sowie ein "Support Guide", der dem Anwender die von Microsoft und Partnern erbrachten Dienstleistungen näher bringt.

Wichtigstes Element der MSA ist für Microsoft der "Prescriptive Architectural Guide" (PAG). Er enthält Referenzmodelle für die Realisierung einer entsprechenden Infrastruktur. Beispielhaft wird dem Anwender in diesem Guide beschrieben, welche Hard- und Software zum Aufbau des Rechenzentrums benötigt werden.

Um zu gewährleisten, dass es sich hierbei nicht nur um theoretische Konstrukte handelt, werden die Referenzdesigns im Labor implementiert und getestet.

Neues Microsoft-Logo

Für Microsoft-Partner wie Dell, Nortel, Cisco und andere (siehe Kasten "MSA-Partner") bedeutet dies, dass sie ihr Equipment dem Test unterziehen müssen. Ferner sind die Partner angehalten, für ihre Geräte ebenfalls Konfigurationsanleitungen zu erstellen. Als Lohn für diese Mühen winkt den Herstellern das neue Microsoft-Logo "MSA-Qualified". Dieses soll dem Anwender die Suche nach Rechenzentrums-tauglicher Hardware vereinfachen.

Nach dem Internet Data Center will Microsoft noch in diesem Jahr entsprechende Anleitungen zum Aufbau von Department- und Enterprise-Rechenzentren nachschieben. 2003 folgt dann das Geographic High Availability Data Center als komplexestes Modell zur Implementierung eines Rechenzentrums, das auch im Krisenfall ein Funktionieren der Unternehmens-IT gewährleisten soll.

Einem Microsoft-Manager zufolge sind die jetzt vorgestellten Anleitungen jedoch nur ein erster Schritt. Künftig, so das Ziel, stellt sich der Anwender im Internet per Mausklick sein Rechenzentrum zusammen - ähnlich wie heute bei der Autowahl vieler Fahrzeughersteller. So wie der Autokäufer nach Abschluss der Konfiguration eine Auflistung mit den gewählten Zusatzausstattungen erhält, würde der Anwender dann eine Liste mit den benötigten Komponenten zum Data-Center-Aufbau erhalten. (hi)

MSA-Partner

Architecture Guides haben bereits vorgestellt:

- Avanade,

- Brocade,

- Dell,

- Emulex,

- EMC,

- Nortel Networks,

- Unisys,

- Cisco,

- Cap Gemini Ernst & Young sowie

- HP.

Es arbeiten daran:

- IBM,

- Accenture,

- Fujitsu-Siemens Computers,

- Siemens Business Services,

- Hitachi sowie

- NEC.

Obige Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da sie Veränderungen unterworfen ist.