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Thema des Tages

Rebol soll das Internet revolutionieren

12.11.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Firma Rebol (sprich: "Rebell") Technologies steht kurz vor der Veröffentlichung des kommerziellen Release 1.0 ihrer gleichnamigen Programmiersprache. "Rebol/Command" ist eine plattformübergreifende Internet-Kommunikationssprache, die antritt, um Java, Perl und Co. das Fürchten zu lehren.

Hinter der 1998 gegründeten Company steckt kein geringerer als Carl Sassenrath, seines Zeichens unter anderem Architekt der "Amiga"-Plattform und Miterfinder der objektorientierten Sprache "Smalltalk". Sassenrath hat eine große Vision: Er will alle Betriebssysteme mit einer einzigen Technologie verbinden. "Java macht sich in diesem Bereich nicht besonders gut", erklärte der Rebol-Chef gegenüber "Computergram". "Also haben wir beschlossen, die Sache in die Hand zu nehmen."

Sassenrath sieht auch zwischen C(++), Visual Basic, Python und Perl noch Raum für eine ganz neue Programmiersprache. Rebol habe nämlich einzigartige Fähigkeiten, meint er: "Rebol ist nicht nur eine Anwendung, sondern steuert die Kommunikation zwischen Anwendungen. Es ist die Sprache, in der sich zwei Maschinen unterhalten." Eine Kernfähigkeit von Rebol sei die Möglichkeit, "Dialekte", spezifische Untermengen der eigentlichen Sprache auszubilden. Aktientransaktionen zum Beispiel lassen sich dabei im Prinzip mit den vier zentralen Befehlen "sell", "buy", "put" und "call" abwickeln. Entwickler könnten, so Sassenrath, damit eine mit Rebol konsistente Sprache für Online-Broker schaffen.

Das Wichtigste an Rebol, meint der Entwickler, sei aber etwas anderes - die neue Sprache sei einfacher und besser "lesbar" als die Konkurrenz - vor allem als Perl, dem "Liebling aller Webmaster". "Perl ist nicht schön", so Sassenrath. "Der Code ist schwer zu lesen. Nicht umsonst nennen sie es eine ´write once language´." Python sei zweifellos ein interessantes Projekt, vom Ansatz her aber immer noch zu stark dem traditionellen Programmieren verhaftet. XML mit seinen "Document Type Definitions" (DTDs) liefere tolle Strukturen, für die Verarbeitung der Daten müsse man aber - anders als bei Rebol - immer noch auf andere Sprachen zurückgreifen. "Rebol ist der logische Endpunkt der XML-Entwicklung", behauptet Sassenrath ganz unbescheiden.

An Java und Smalltalk kritisiert der Rebol-Apostel vor allem, daß man diese Sprachen erst mit großem Aufwand erlernen müsse. Bis ein Programmierer sie beherrsche, vergehe mindestens ein Jahr. Ganz anders Rebol: "Eine Zeile genügt, um eine E-Mail zu verschicken", erläutert Sassenrath. Dabei handele es sich nicht etwa um eine abgehobene 4GL-Abstraktion. "Rebol verpackt die Komplexität einfach geschickt." Die Lernkurve von Entwicklern verlaufe dabei gewissermaßen linear - einfache Dinge seien auch einfach zu programmieren.

Eine große Zukunft erwartet Sassenrath vor allem beim Einsatz in drahtlosen Kommunikationsgeräten. Hier bewege man sich bereits in Bereichen, die Microsoft als Gefahr ansehen dürfte. "Microsoft treibt sich andauernd auf unserer Site herum", unkt der Rebol-Chef. "Unsere Entwicklung bedroht das Unternehmen und auch Java." Offenbar würde Sassenrath sich und seine Startup-Firma auch nicht ungern aufkaufen lassen. "Wenn da jemand sein Scheckbuch zückt, werden wir darüber nachdenken." Ansonsten trauert er dem weniger paranoiden Microsoft vergangener Jahre nach: "Auch wenn heute so etwas wohl kaum noch möglich ist: Ich träume immer noch davon, Microsoft auszutricksen. Wie schön wäre es, sie eines Morgens aufwachen zu sehen und sagen zu hören: ´Oh! Das haben wir verpaßt!´."

Wer sich für die technischen Details von Rebol interessiert, findet auf der Site des Herstellers ausführliche Informationen. Dort liegt auch eine kostenlose, im Leistungsumfang nicht ganz so mächtige Version der Sprache zum Download für 37 (!) Betriebssystemplattformen von Amiga bis Solaris zum Download bereit.