Integration fordert Rechnungswesen und Controlling:

Realtime-Management braucht ein Frühwarnsystem

24.10.1986

SAARBRÜCKEN - Standardsoftware ist für das Rechnungswesen von Unternehmen zunehmend gefragt. Jedoch wirft die Gestaltung der Kostenträgerrechnung als Basis für schnelle und exakte Kalkulation noch immer Probleme auf. Dies wurde jetzt auf der 7. Saarbrücker Arbeitstagung an der Universität des Saarlandes deutlich.

Die Kosten- und Erfolgskontrolle in Unternehmen ist eine Aufgabe, die angesichts der zunehmenden Integration aller Bereiche immer komplexer und schwieriger wird. Erstmals wurden im Rahmen der Saarbrücker Arbeitstagungen in diesem Jahr unter anderem die Kostenträgerrechnung sowie die Aspekte von CIM (Computer Integrated Manufacturing) im Rechnungswesen untersucht.

Dabei kam deutlich zum Ausdruck, daß die Unterstützung der Kostenträgerrechnung durch kommerzielle Computersysteme kaum standardisierbar ist, weil sie von den spezifischen Produktionstypen und Produktionsverfahren abhängig ist und zum Teil auf Daten beruht, die aus anderen Unternehmensbereichen wie Technik und Produktion stammen. Diese müssen jedoch in die Kalkulation einbezogen werden.

Dies führte auch Gabriele Knorr, Siemens AG, München, in ihrem Beitrag über die Kostenrechnung im CAI-Konzept des Herstellers aus:" Um der kommerziellen Datenverarbeitung den Stellenwert einzuräumen, den sie hat, haben wir CIM durch die Einbeziehung der kommerziellen Bereiche zu CAI erweitert."

CAI, die computerassistierte Industrie, umfaßt also auch die kaufmännischen Funktionen, die nach ihrer Ansicht als neues Schlagwort CAO (Computer Aided Office) in den DVSprachschatz eingehen dürften.

Die Konzeption des Kostenrechnungssystems - Funktionsumfang, angewandte Rechenmethoden, datentechnische Einbindung - sei in hohem Maße von der strategischen Zielsetzung des Unternehmens, der Art des Produktes und der Fertigungsorganisation bestimmt. Die daraus resultierenden sehr unterschiedlichen Anforderungen an ein Kostenrechnungssystem könnten nur bis zu einem bestimmten Grad durch eine Standardlösung abgedeckt werden, da sonst Programm-umfang und -komplexität unverhältnismäßig anstiegen.

Frau Knorr führte aus, daß daher in Zukunft Programm-Module mit einem definierten Standard-Funktionsumfang realisiert werden dürften, die je nach Kundenanforderung gebunden werden können. Darüber hinaus seien offene Systeme gefragt, die projektspezifisch zu erweitern seien. Die Einbindung der Kostenrechnung in ein CAI-Konzept sei vor allem ein Schnittstellen-Problem womit CAI mit CIM konform gehe.

Daß ein aussagefähiges Rechnungswesen nicht nur Vergangenheitsbewältigung, sondern auch ein Instrumentarium von Planungsmodellen ist, erläuterte Herbert Reiss, Controller bei der Hewlett-Packard GmbH, Böblingen. Korrektive Management-Entscheidungen seien heute viel häufiger und schneller zu treffen als früher. Dies führe dazu, daß auch die Berichtszeyklen immer kürzer werden. Während vor einiger Zeit noch Quartals-oder Jahresberichte ausgereicht hätten, seien heute Monatsberichte die Regel und auch Wochen- oder Tagesberichte üblich. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, hätten sich die Anforderungen an das betriebliche Rechnungswesen in vieler Hinsicht geändert. Es müsse ein" Frühwarnsystem" enthalten und mit" Rote-Flagge-Berichten" informieren, damit im Sinne eines" Realtime-Managements" unmittelbar, aber selektiv korrektive Entscheidungen getroffen werden können.

Heute seien die wichtigsten Informationen eines Controllers für seine verantwortungsvolle und zeitkritische Aufgabe normalerweise noch Standard-EDV-Berichte und -Statistiken, die im Batch-Betrieb erstellt und als Stiefkind der DV-Abteilung erfahrungsgemäß sehr unflexibel gegenüber sich plötzlich ändernden Rahmenbedingungen seien.

Reiss:" Nicht selten haben DV-Anwender im Rechnungswesen in den vergangenen Jahren ihr Heil im Kauf eines Personal Computers gesehen, um aus der Abhängigkeit von der zentralen DV-Abteilung herauszukommen. Ernüchterung ist eingetreten, als klar wurde, daß ohne Anbindung an den Großrechner nur eine Insellösung mit begrenztem Produktivitätsgewinn entsteht." Bei HP sei der PC heute Standard-Werkzeug im Bereich Planung & Berichtswesen, allerdings mit Mainframe-Applikationen. Dazu gehöre Standard-Software, um Daten aus der Großrechner-Datenbank direkt in den PC zu transferieren und zurückzuschicken, sowie ein Electronic-Mail-System, mit dem Informationen aller Art zum Beispiel auf dem PC erarbeitete, verdichtete Finanzdaten - mit allen HP-Niederlassungen ausgetauscht werden können. Für das Controlling sei der PC das optimale Werkzeug, um den Herausforderungen eines modernen Rechnungswesens gerecht zu werden.

Angelika Schrader ist freie Journalistin in München.