Raus aus der Krise aber wie?

09.08.2007
Von Heike Littger

Stehaufmännchen mobilisieren Widerstandskräfte

Für Psychologen ist Zanetti ein Stehaufmännchen, einer der es schafft, wenn auch spät, seine Widerstandskräfte zu mobilisieren, Krisen zu überstehen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Diese Fähigkeit, auch Resilienz genannt, wurde zuerst von Emmy Werner, emeritierte Psychologin an der University of California in Davis, erforscht und beschrieben. Unter ihrer Leitung begleitete ein Forscherteam über vier Jahrzehnte hinweg 698 Kinder, die im Jahr 1955 auf der Hawaii-Insel Kauai zur Welt gekommen waren. Fast jedes dritte Kind kam aus einer Familie, in der es Armut gab, Krankheit, Scheidung, Gewalt oder Missbrauch. Im Alter von zehn und 18 Jahren zeigten zwei Drittel schwere Lern- und Verhaltensstörungen, einige waren bereits straffällig geworden. Das restliche Drittel entwickelte sich jedoch zu selbstsicheren, leistungsfähigen Erwachsenen. Die Forscherin war überrascht: Wie konnte das sein? Was hatten diese Kinder, das die anderen nicht hatten? Vor zwei Jahren erzählte Weber auf einem Kongress in Zürich: "Die resilienten Kinder sind auch heute als Erwachsene Optimisten. Sie sind davon überzeugt, trotz all der widrigen Umstände ihr Leben vielleicht nicht sofort, aber irgendwann positiv beeinflussen zu können. Und alle haben das tief verwurzelte Gefühl, etwas zu können und etwas wert zu sein.

Micheline Rampe, Buchautorin: "Wir müssen lernen, Veränderungen zu akzeptieren."
Micheline Rampe, Buchautorin: "Wir müssen lernen, Veränderungen zu akzeptieren."

Zu Trainerin Micheline Rampe kommen Unternehmer, Führungskräfte und Mitarbeiter, die noch nicht genau wissen, wie sie mit Umbruchssituationen umgehen und ihre psychische Widerstandskraft dafür aktivieren können. Als Marcus Fritz 37 Jahre alt war, setzte ihm sein Arbeitgeber, ein Softwarehaus, einen jüngeren Chef vor die Nase. Ausgerechnet ihm. Wie im Bilderbuch war er die Karriereleiter emporgeklettert. Bis er schließlich als Marketing-Leiter eine Abteilung mit 25 Leuten zu verantworten hatte. Warum hatten sie ihn übergangen? Doch nach wenigen Sitzungen wurde ihm klar, was ihn an dieser Situation wirklich stresste. Ein halbes Jahr zuvor war er Vater geworden. Für seine Frau und seine kleine Tochter fühlte er sich verantwortlich. Was ihn ängstigte, war nicht der neue Chef, sondern das Gefühl, nicht mehr gefragt zu sein, die nächste Reorganisation nicht zu überleben und dann seiner Aufgabe als Familienvater und Alleinverdiener nicht mehr gerecht werden zu können. "Völliger Unsinn", so Fritz heute, "ich hatte eine Gefahr heraufbeschworen, die es gar nicht gab. Und selbst wenn: Mit meinen Fähigkeiten hätte ich schnell wieder Fuß gefasst." Seinen Chef hat der Marketing-Leiter akzeptiert. "Er ist in Ordnung. Und ich bin im Grunde froh, dass nicht ich auf seinem Posten sitze. Als Marketing-Chef kann ich mich und meine Fähigkeiten besser einbringen."