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Raubkopien und Konsumflaute bedrohen die deutsche Plattenindustrie

27.02.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Vor allem wegen der weiten Verbreitung von Raubkopien sind die Einnahmen der deutschen Tonträgerbranche 2002 gegenüber dem Vorjahr um 11,3 Prozent auf 1,97 Milliarden Euro geschrumpft. Zu diesem bitteren Resultat kommt die deutsche Landesgruppe des internationalen Branchenverbands der Tonträgerhersteller (IFPI) und weist darauf hin, dass der Umsatz bereits im Vorjahr um 10,2 Prozent zurückgegangen war. Schuld an dem dramatischen Einbruch seien massenhafte Musikkopien, daneben hätten allerdings auch die allgemeine Wirtschaftslage, die Kaufunlust der Verbraucher und Unsicherheiten in der internationalen Entwicklung den Markt belastet", erklärt Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände. Die Konsequenz des anhaltenden Umsatzrückgangs: Nach Angaben des Verbands ging die Zahl der Beschäftigten in der Tonträgerbranche im Jahr 2002 um rund 800 auf 11.400 zurück, im

Handel wurden nach Schätzungen weitere 500 Stellen abgebaut. Gemeinsam haben Handel und Industrie damit in den letzten zwei Jahren rund 3000 Arbeitsplätze abgebaut.

Der Zusammenhang zwischen Umsatzrückgang in der Musikindustrie sowie der Einführung und Verbreitung von CD-Brennern ist schwer von der Hand zu weisen: So belief sich laut IFPI die Zahl der an Privatleute verkauften CD-Rohlinge im vergangenen Jahr auf insgesamt 486 Millionen Stück. Bei einem Musikanteil von 55 Prozent wären das 267,3 Millionen CD-Rohlinge, die nur mit Musik kopiert worden sind, rechnet der Brancheverband vor. Gleichzeitig liege diese Zahl rund 61 Prozent über der Summe der verkauften CD-Alben in Deutschland.

Die Phonoverbände setzen ihre Hoffungen nun auf einen Regierungsentwurf zur Novellierung des Urheberrechts. Dieser war ursprünglich für Herbst 2001 geplant, aufgrund von Verzögerungen habe die Bundesregierung laut IFPI letztendlich aber sogar die vom Europäischen Parlament genannte Umsetzungsfrist bis Ende 2002 versäumt. Ein Beschluss des Bundestags sei nun im ersten Quartal 2003 angestrebt, erklärt der Verbandsvorsitzende Gebhardt, aber noch nicht sicher. Daneben hat die Musikindustrie vor einiger Zeit begonnen, Kopierschutzsysteme auf CDs einzuführen, Schätzungen zufolge sind bereits rund 40-50 Millionen solcher Tonträger verkauft worden. Außerdem will die Branche legale Musikangebote im Internet fördern und weitere Vermarktungsmöglichkeiten von Musik wie Klingeltöne systematisch ausloten.

Das Problem digitaler Musikklone beschränkt sich nicht nur auf Deutschland, sondern hat auch in den USA, Großbritannien, Japan und anderen umsatzstarken Märkten im vergangenen Jahr zu starken Umsatzeinbrüchen geführt. Insgesamt, so Gebhardt, sanken die weltweiten Einnahmen der Musikindustrie im ersten Halbjahr 2002 um 9,2 Prozent. (mb)