Netzwerk-Sicherungssystem:

Rangierbahnhof im Datenfernverkehr der Hypo

31.10.1980

MÜNCHEN (bi) - Die Hypo-Bank (Bayerische Hypotheken- und Wechselbank AG) hat jetzt die letzte Lücke (hoffentlich) in ihrem Netzwerk-Sicherungssystem geschlossen. Günter Werner, Leiter des Großrechenzentrums der Hypo-Bank, berichtet: "Wir haben die gesamte Systemsteuerung aus dem Maschinenraum herausgenommen und in einem eigenen Raum untergebracht, also die Remote-Konsolen für die Zentraleinheiten und die Steuerung des TP-Netzes sowie die Leitusgstechnik. Bei Leitungsstörungen oder -ausfällen mußte der Techniker bislang erst in den Maschinenraum laufen, weil dort die Schaltschränke standen. Es war nicht möglich, die Leitungen integriert zu messen. Um das Problem zu lokalisieren, mußte er die suspekten Leitungen auftrennen."

Das klingt für den Uneingeweihten nicht besonders dramatisch, doch wenn man sich vor Augen führt, welches Geschäftsvolumen täglich abzuwickeln ist, ändert sich rasch dieser Eindruck. Die Hypo-Bank steht mit einer Bilanzsumme von 53,4 Milliarden Mark in der Rangfolge der deutschen Geschäftsbanken auf Platz 4. In der Hauptverwaltung und den 490 Geschäftsstellen arbeiten insgesamt 11 000 Beschäftigte. Bei der Aufgabenerfüllung werden die Mitarbeiter durch nahezu 500 Bildschirm- und Schalterterminals an den Kassen und Kundenberatungsplätzen unterstützt. In den Fachabteilungen der Hauptverwaltung arbeiten weitere Bildschirm-Terminals im Zusammenhang mit TSO- und IMS-Anwendungen. Darüber hinaus ist eine Reihe von RJE-Stationen zur Übermittlung von Erfassungs- und Druckdaten im Einsatz. Die durchschnittliche Zahl der Geschäftsvorfälle hat die Größenordnung von 450 000 täglich erreicht.

Ein auch nur kurzfristiger Ausfall der Datenverbindung mit dem Rechenzentrum während der Schalterstunden würde eine starke Belastung für die betroffene Geschäftsstelle darstellen.

Günter Werner zu den Gedanken, die zur Anschaffung eines Teleprocessing Management Systems führten: "Die geschilderte Situation war für uns Anlaß genug, uns nach Einrichtungen umzusehen, die uns das schnellstmögliche Rangieren von TP-Leitungen gestatten. Unser Rechenzentrum ist mit drei Großrechnern ausgerüstet, zwei Systemen IBM 3033 und einer /370-168. Weiter haben wir drei Front-ends 3705 zur Verfügung. Zwei davon haben wir voll ausgebaut, das heißt, jeder kann im Ernstfall das gesamte Geschäft übernehmen. Über 23 RJE-Verbindungen werden für die im Raum Bayern und im übrigen Bundesgebiet eingerichteten Buchungssammelstellen und Börsenbüros die Übertragung von Umsätzen und Druckausgaben sowie über zur Zeit 45 HfD-Leitungen der gesamte Schalterverkehr der Bank abgewickelt. Unsere Planung sieht bis 1982 eine erhebliche Erweiterung unseres Netzes vor. Dann werden wir voraussichtlich mehr als 600 Kassen- und Beratungs-Terminals und über 120 Bildschirmarbeitsplätze in der Hauptverwaltung und den Außenstellen am Rechner haben. Deshalb haben wir uns entschlossen, alle Netz- Überwachungsfunktionen auf ein System im Remote-Betrieb zu legen."

Die Hypo-Bank verhandelte mit vier Anbietern von Rangier- und Überwachungssystemen. Die Forderung war, von einem zentralen Platz aus, der nicht im Rechenzentrum selbst eingerichtet werden sollte, die an den verschiedenen Installationsorten im Netz auftretenden Fehler erkennen, lokalisieren und dann schnellstmöglich durch Umschaltung auf Back-up-Vorrichtungen beseitigen zu können.

Gewählt wurde das von Wetronic Automation in München vertriebene RASP-System (Remote Access Switching and Patching) des amerikanischen Herstellers Spectron.

Zu den Entscheidungsgründen befragt, gibt Günter Werner Auskunft: "Wichtig war für uns, daß wir das Diagnosegerät problemlos in den bereits vorhandenen Meßplatz von RASP integrieren konnten. Unsere Service-Erfahrungen sind gut; die Firma ist ja hier in München ansässig. Wichtig war auch, daß wir ein Standardprodukt bekamen, denn von "Spezialbasteleien" halten wir nichts- und noch ein Punkt: Durch Umschalten über Reed-Kontakte ist Rangieren auch bei Stromausfall im RASP-System möglich."

Zuschlag für das D-901 Datascope

Das Spectron D-901 ist das neueste, umfassendste und vielseitigste Mitglied der Datascope-Familie von Leitungs-Monitoren und Daten-Analysatoren. Es verbindet die Eigenschaften eines programmierbaren, interaktiven Daten-Analysators und -Emulators mit einer flexiblen Datenspeicher- und Abrufeinheit großer Kapazität und bietet so die erforderlichen Werkzeuge für die Fehlersuche in komplexen Daten-Netzwerken.

Das mikroprozessorgesteuerte D-901 besteht aus den folgenden Teilen: einer Kathodenstrahl-Anzeige, einer Tastatur mit Steuerung der Positionsanzeige, zwei Diskettenlaufwerken und einer LED-Anzeige aller EIA-Signale.

Diagnostikprüfungen und Emulations-Routinen

Mit einer Sprache auf Übersetzerebene, die speziell für die Zwecke der Datenübertragung entwickelt wurde, kann der Anwender Diagnostikprüfungen und Emulations-Routinen programmieren, die von einfachen Antwortzeit-Berechnungen bis zu komplexen Simulationen eines Vorrechners reichen. Acht Zähler, acht Zeitgeber und ein Unterbrechungszeitgeber stehen dem Programmierer zur Verfügung. Der Inhalt dieser Zähler und Zeitgeber kann auch während der Ausführung eines Programmes auf der Kathodenstrahlröhre angezeigt werden. Alle Instruktionen werden über die Tastatur eingegeben. Das D-901 kann unter Programmsteuerung eine Vielzahl von Funktionen ausführen, einschließlich der Überwachung, Anzeige der Speicherung und Analyse aller Daten, die über die Modem-Schnittstelle laufen.

Der Instruktionssatz des D-502B Datascopes ist eine Untermenge des D-901 Instruktionssatzes. Deshalb können alle bestehenden D-502B-Programme umgewandelt und erforderlichenfalls auch erweitert werden, damit sie auf dem D-901 ausgeführt werden können.

Daten- und Systemdiskette

Das D-901 ist mit zwei eingebauten Disketten-Laufwerken ausgerüstet die mit Datendiskette und Systemdiskette bezeichnet werden.

Auf der Datendiskette können Vollduplex-Daten sowie der Zustand von bis zu acht vom Benutzer ausgewählten Steuersignalen mit Geschwindigkeiten bis zu 72 000 bps gespeichert werden. Diese Daten werden fortlaufend in Form einer geschlossenen Schleife gespeichert, wobei neue Daten die alten jeweils ersetzen.

Anwenderprogramme können auf der Systemdiskette gespeichert werden zusammen mit Zeichenfolgen Systemkonfigurations-Parametern

und dem D-901-Betriebssystem. Anwenderprogramme können mit einfachen Befehlen aufgerufen, leicht aufgearbeitet und, wenn erforderlich, an Echtzeit- oder gespeicherten Daten ausgeführt werden.

Als Lokal-, Haupt- oder Nebenstation

Vollduplex-Daten mit Geschwindigkeiten bis zu 1,6 Megabit pro Sekunde können unter Programmsteuerung überwacht, angezeigt und analysiert werden.

Zwei Pufferspeicher stehen zur Verfügung. Ein Lock-Speicher enthält die zuletzt empfangenen 4096 Zeichen, und ein Ausgabe-Speicher enthält die vom Anwender eingegebenen Meldungen. Diese Meldungen werden unter Steuerung durch das Programm nach Empfang einer bestimmten Zeichenfolge selektiv übertragen.

Das D-901 kann als Lokalstation, als Hauptstation oder als Nebenstation eingesetzt werden und dynamische CRC-Prüfungen und LRC-Prüfungen durchführen, einschließlich der Paritäts-Erzeugung und Prüfung für jedes beliebige 16-Bit-Zeichen.

Verträglich mit den meisten Übertragungsarten

Das D-901 ist mit den meisten Arten von asynchroner und synchroner Datenübertragung verträglich und enthält die Schnittstellen RS-232, V.35, X.21, TTL und RS-449. Das Gerät kann direkt an die Datenverbindung angeschlossen werden, und zwar durch eine Fernanschlußeinheit (RCU), welche die Schnittstelle überbrückt und die elektrische Isolation sowie die Signalpegel-Umwandlung

durchführt, ohne daß die elektrische Belastung erhöht wird. Mit Hilfe einer RCU kann das D-901 in größerer Entfernung von der Schnittstelle aufgebaut werden.

Das D-901 ist in der Lage, eine Zuverlässigkeitsprüfung und eine interne Diagnostikprüfung durchzuführen. Durch die Zuverlässigkeitsprüfung werden die Kathodenstrahlröhre, der Speicher, die Eingabe-/Ausgabe-Kreise, die Tastatur sowie die Daten- und Systemdisketten automatisch geprüft. Nach automatischer Durchführung der Prüfung ist der Bediener sicher, daß die wesentlichen Teile betriebsbereit sind. Die Diagnostikprüfung gestattet es dem Anwender, bestimmte Betriebselemente des D-901 zu überprüfen.

Informationen: Wetronic Automation GmbH, Claude-Lorrain-Straße 29, 8000 München, Telefon 0 89/65 20 95-96

Unter manueller oder Programm-Steuerung kann das D-901 folgende Funktionen ausführen:

- Ein anderes D-901 Datascope aus der Ferne steuern und bedienen.

- Daten mit Geschwindigkeiten bis zu 1 600 000 bps überwachen und analysieren.

- Komplexe Datenmuster erkennen und speichern.

- Prüfungen auf Bit-Ebene durchführen.

- Ausgewählte Datenfolgen speichern.

- Das Speichern von Daten und ausgewählten Steuersignalen mit einer Geschwindigkeit bis zu 72 000 bps einleiten und beenden.

- Auf eine spezifische, ankommende Folge eine vom Anwender festgelegte Antwort geben.

- Anwenderprogramme speichern und aufbereiten.

- Einen Datenstrom auf einer großen, leicht ablesbaren 9"-Kathodenstrahlröhre anzeigen und festhalten.

- Vorgänge zählen und die zeltlichen Zwischenräume zwischen Vorgängen messen.

- Zuverlässigkeits- und Dlagnoseprüfungen durchführen.

- Eine Prüfug der Bit-Fehlerhäufigkeit (BERT) durchführen.

- Mit einfachen Konstruktionen umfangreiche, interaktive Emulations-Routinen programmieren.

- Ein polynomisches 16-Bit-Blocksicherungszeichen (BCC) erzeugen und prüfen.

- Eine dynamische CRC- und LRC-Prüfung durchführen.

- Über eine Telefon-Datenleitung Programme in ein D-901 laden und Ergebnisse abrufen.

Der neuralgische Punkt zwischen Computer- und Fernmeldetechnik

Systeme haben - allgemein betrachtet - die Eigenschaft, mit zunehmender Größe und Komplexität störanfälliger zu werden. Große EDV-Systeme bilden da keine Ausnahme. Sind sie Integrierter Bestandteil von Datenübertragungs-Netzwerken, so gilt das in ganz besonderem Maße Denn dann sind Komponenten unterschiedlichster Art und Arbeitsweise miteinander verbunden. Die Forderung nach "back-up" ist berechtigt. So werden Zentralrechner und Front-end-Prozessoren doppelt ausgelegt, Reserveleitungen geschaltet, Ersatzmodems gehalten etc. Neuralgische Punkte jedes Übertragungsnetzes sind bisher die Schnittpunkte zwischen Computer- und Fernmeldetchnik gewesen. Bei Ausfällen von Übertragungsleitungen mußte bisher nach der Fehlerlokalisierung manuell in mehr oder weniger übersichtlichen Schaltschränken gestöpselt oder gedrahtet werden. Dieses Verfahren war nicht nur zeitaufwendig und eine potentielle weitere Fehlerquelle, sondern seine Anwendung bewirkte auch, daß das Datenübertragungsnetz während dieser Phase ganz oder teilweise ausfiel - für die an entfernten Orten arbeitenden Benutzer eine unangenehme Zwangspause.