DEC versus IBM:

Rambo-Finale

19.09.1986

"Es spricht in der Tat einiges dafür, daß Digital Equipment am besten dort gedeiht, wo IBM nicht ist."

Aus: CW vom 14. Mai 1982, Kolumne

Intelligente Terminals (Datenstationen, Workstations, Arbeitsplatzrechner- bitte bedienen Sie sich) sollten eine Schnittstelle zum Benutzer hin haben (Benutzerschnittstelle!), wie man sie von Personal Computern her kennt. In einem Pressetext von Digital Equipment (Betr.: VAXmate, siehe auch Seite 1) liest sich das so: "Das Tischgerät gehört zu den verteilten Arbeitsplatzsystemen, die Netzwerkfähigkeiten mit der Funktionalität des Personal Computers verbinden."

Was da wie ein Allgemeinplatz in der Mogelpackung daherkommt (Autos sollten ein Lenkrad haben anstelle eines Lenkgestänges), enthält in Wahrheit eine klare Absage an den PC-Gedanken; an die individuelle Datenverarbeitung mit Stand-alone-Computern, signalisiert gleichzeitig den Ausstieg DECs aus dem einschlägigen Markt. Schadenfreude ist gleichwohl nicht angebracht, wie wir noch sehen werden.

Ausstieg aus dem PC-Markt: Nun, mit dem "Rainbow" hatte der Mini-Marktführer 1982 noch versucht, auf der von Apple, Commodore und Tandy ausgelösten Fun-Welle mitzuschwimmen. Rückendeckung, wenn auch indirekt, versprachen sich die Rainbow-Väter wohl von der IBM-Politik, den Chaplin-PC als Industriestandard auch in großen Unternehmen hoffähig zu machen.

Die DEC-Oberen gerieten in helle .Aufregung, als der Rainbow-Verkauf nicht nach Plan lief. Wie schlecht es mit DEC im PC-Geschait stand, hatte damals schon die CW notiert. "Von einigen DEC-Kennern wird die Entscheidung Ken Olsens, ins Personal-Computer-Business einzusteigen, denn auch bereits für die Niete seines Lebens gehalten." (CW vom 26. August 1983, Kolumne.)

Das Ende der Rainbow-Story ist bekannt: Die Digital-Marketiers mußten ihre PC-Pläne stutzen, zogen das exotische Produkt ganz aus dem Händlervertrieb zurück. Propagandistisch gekonnt suchten die DEC-Konkurrenten aus dem Rainbow-Flop Nutzen zu ziehen, den Mini-Leader als Computerpartner beim Endbenutzer in Mißkredit zu bringen.

Die Hoffnung erwies sich als unbegründet. Nur wenige DV-Firmen haben die Kraft und die Mittel, sich von den Auswirkungen gezielter Kampagnen gegen ihren Ruf freizumachen. Der Olsen-Company gelang es. Ober VAX-Power fand DEC zum Erfolg zurück. Was jetzt bei der VAXmate-Einführung läuft, hat nichts mehr mit dem Rainbow-Gerangel gemein. Es geht um Integration und Kommunikation - und es geht gegen IBM: Der Stand-alone-PC ist tot, es lebe das intelligente Terminal.

Keine Schadenfreude also, erst recht kein Scherbengericht (siehe oben). Ob die VAXmate-Rechnung aufgeht, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt. Mit der LAN-Premiere (Ethernet als normales n Feature) schwenkt DEC voll auf einen IBM-Kollisionskurs ein: Hie VAX, DECnet, Ethemet, MS-DOS-Server und VAXmate - dort /370, SNA, Token-Ring, PC-DOS und PC AT. Kommt es zu einem Rambo-Finale? Die Einschränkung kennen auch die DEC-Strategen: nur dann, wenn die lBM-Welt, sprich: die IBM-Klientel, die Herausforderung annimmt.