Highend-Bildbearbeitung mit Eclipse

Raffiniertes Speicher-Management für große Bilddateien

01.09.2000
Ein Neuzugang auf der Windows-Plattform ist das Bildprogramm "Eclipse". Es stammt aus dem Silicon-Graphics-Bereich und weist einige ungewöhnliche Ansätze insbesondere beim Speicher-Management auf. Heico Neumeyer* hat das Produkt getestet.

Seit Jahren dominiert der "Photoshop" die professionelle Bildbearbeitung unter Windows und auf dem Mac. Fast alle Verlage, Agenturen, Grafiker und Produktdesigner arbeiten mit der Imaging-Software von Adobe. In diese Domäne will nun das deutsche Unternehmen Form&Vision eindringen (www.formvision.de). Die Frankfurter haben von Alias alle Rechte an der Software Eclipse übernommen, die ursprünglich nur auf SGI-Rechnern unter dem Irix-Betriebssystem lief. Form&Vision stellt nun eine Variante für Windows 98 und NT vor.

Im Vergleich zu gängigen Programmen wie Photoshop oder "Photopaint" zeigt Eclipse eine Montagetechnik, die eher an Layout-Programme erinnert: Zunächst zieht man einen Rahmen auf, der im zweiten Schritt mit Farbe, Farbverlauf oder mit einem Bild gefüllt wird. Über Kurvenwerkzeuge lässt sich der Rahmen beliebig formen, um außen liegende Bildteile zu unterdrücken. Jedes Objekt erhält nach Bedarf einen fein regelbaren weichen Rand.

Eclipse verschmilzt mehrere Rahmen einer Montage dauerhaft; die Objekte lassen sich überdies gruppieren, so dass man sie gemeinsam verändern und wieder trennen kann. Zudem bietet das Programm für seine Objekte auch Überblend-Verfahren wie "Aufhellen" oder "Nur Farbe". Auf diese Weise setzen sich nur bestimmte Helligkeits- oder Farbbereiche gegenüber darunterliegenden Elementen durch. In dieser Teildisziplin bieten allerdings Photoshop, Photopaint oder Paintshop Pro mehr Vielfalt.

Eigene Wege gehen die Eclipse-Programmierer beim Speicher-Management, indem sie das Programm speziell für die Bearbeitung von sehr großen Dateien ab etwa 100 MB verbessert haben. Anders als Photoshop holt Eclipse nicht das gesamte geöffnete Bild in den Arbeitsspeicher. Denn dieses Verfahren erfordert für Profi-Fotos mitunter einige hundert MB RAM. Stehen diese nicht zur Verfügung, müssen Daten auf die Festplatte ausgelagert werden - zu Lasten der gesamten Systemgeschwindigkeit.

Statt also das komplette Werk zu öffnen, verwendet Eclipse nur diejenige Bildpartie, die tatsächlich auf dem Schirm erscheint. Dabei beschränkt sich das Programm überdies auf die Bildpunkt-Auflösung des Monitors - dies spart meist noch einmal deutlich Speicher und Zeit. In der Praxis benötigt Eclipse so nur einen Bruchteil der Speichermenge von Programmen, die Feindaten verwenden. Die Drehung eines 1-GB-Bildes dauert nur wenige Sekunden, bei Photoshop dagegen mehrere Minuten. Während des abschließenden Speicherns muss man sich jedoch gedulden, denn erst jetzt werden alle Änderungen auf die Originalbildpunkte umgerechnet.

Ebenso wie übliche Montageobjekte legt Eclipse auch Schriftzüge als Rahmen an, die man mit Farben oder Bildern füllt. Den Schatten erzeugt das Programm für beliebige Rahmen zunächst als gekoppeltes Objekt; er ist abschaltbar und jederzeit korrigierbar. Für spezielle Verzerrungen lässt sich der Schatten komplett vom Hauptobjekt trennen, um ihn separat zu bearbeiten. Mit ihrer 3D-Funktion rechnet die Software überdies attraktiv gewölbte Konturen auf beliebige Objekte und Schriftzüge.

Eine ausgefeilte Warping-Funktion legt ein beliebig feines Gitternetz über einen Rahmen und verbiegt Objekte detailgenau: So passt man etwa Schriftzüge oder Plakate an räumlich verzerrte Hintergründe an.

Interessant wirken überdies die vielseitigen Pinselwerkzeuge; sie malen nicht nur Tonwertkorrekturen auf, sondern tuschen auch frühere Bildversionen oder strahlende Lichtquellen ins Foto. Allerdings fehlen Effektfilter fast völlig, ebenso lassen sich die üblichen Plug-in-Filter von Drittherstellern mit Eclipse nicht verwenden. Weitere Schwachstellen: Das Programm öffnet keine Photoshop-Montagen mit Ebenen und unterstützt das verbreitete ICC-Farb-Management nicht.

Fazit: Trotz Lücken bei der Filter-Ausstattung, den Internet-Techniken sowie der wenig komfortablen Oberfläche, ein Download der Testversion lohnt sich auf jeden Fall. Eclipse kostet 2950 Mark. Eine Mac-Version soll erscheinen, sobald Apple die endgültige Version des Mac OS 10 vorgestellt hat.

*Heico Neumeyer ist Fachjournalist und Softwaretrainer für Bildbearbeitung in Gaißach, Oberbayern (neumeyer@aol.com).