Rätselraten um das Mooresche Gesetz

04.05.2012
Michio Kaku, Professor für theoretische Physik an der City University of New York, glaubt, dass die Leistungsgrenzen klassischer Prozessortechnik bald erreicht sind.

Gordon Moore, Mitbegründer von Intel, hatte im April 1965 gegen-über der Zeitschrift "Electronics" vorhergesagt, dass sich die Zahl der Komponenten auf einem integrierten Schaltkreis ungefähr alle zwei Jahre verdoppeln werde. Heute ist meistens von der Transistoranzahl auf einem Chip die Rede, manchmal auch von der Zahl der Transistoren pro Flächeneinheit.

Immer wieder hatten sich Skeptiker zu Wort gemeldet, die das Ende dieser Gesetzmäßigkeit her-aufbeschworen - sie hatten Unrecht. Auch Moore selbst zweifelte: Auf Intels Entwicklerforum 2007 sagte er, länger als zehn bis 15 Jahre werde die Regel nicht mehr Bestand haben.

Jetzt blies der New Yorker Experte für theoretische Physik, Michio Kaku, in das gleiche Horn: "In rund zehn Jahren werden wir sehen, dass das Mooresche Gesetz kollabiert", sagte er in einem Interview. Schon jetzt sei erkennbar, dass sich die Leistungszunahme bei den Prozessoren verlangsame. "Mit der heute standardmäßig eingesetzten Siliziumtechnik kann die Rechenleistung einfach nicht mehr exponentiell weiterwachsen", sagte Kaku.

Wie schon viele Wissenschaftler vor ihm betonte der Physiker, dass Hitze und Leckströme die beiden größten Probleme seien. "Das ist der Grund, warum das Silizium-Zeitalter schließlich zu Ende gehen wird", so der Professor. Jahrelang hatten Wissenschaftler die Chipstrukturen und -komponenten mit Tricks und Raffinesse verbessert und so das Mooresche Gesetz am Leben gehalten.

Laut Kaku wird die Gesetzmäßigkeit auch noch einige Jahre anhalten, da rund um die Silizium-Technik immer noch Neues erfunden werde, etwa dreidimensionale Komponenten. Doch irgendwann sei das Ende der Fahnenstange erreicht.

Ob Kaku recht behält, bleibt abzuwarten: Inzwischen sind Wissenschaftler dabei, Photonen und Daten über Lichtwellen anstatt über Kupferverbindungen zu leiten. Mit 3D-Komponenten, hybriden CPU-/GPU-Systemen, Quanten-Computing und Molekularforschung sollen die nächsten Entwicklungsstufen erreicht werden.

Auch Kaku hält Molekular-Computer für vielversprechend, erwartet aber "enorme Probleme" beim noch sehr theoretischen Ansatz des Quanten-Computings. (hv)