Als Daten-Server kommt auch die AS/400 zum Einsatz

R/3-Software von SAP bald unter Windows NT

30.04.1993

Als "ersten Schritt" zu einer intensiven Kooperation mit Microsoft bezeichnete Vorstandssprecher Dietmar Hopp den Plan, die Client-Server-faehige Mehrplattformen-Software R/3 auch unter dem 32-Bit-Betriebssystem Windows NT im Verbund mit der SQL-Server- Datenbank von Microsoft verfuegbar zu machen. Einige Module, die unter NT zum Einsatz kommen koennen, stellt der SAP-Chef bereits fuer die CeBIT 1994 in Aussicht.

Ob SAP diesen Termin einhalten kann, haengt jedoch nicht allein von den Walldorfern ab. Bis heute ist Windows NT nur als Betaversion verfuegbar. Mit einer Freigabe rechnet Microsoft zwar fuer den Sommer dieses Jahres, aber die CW-Schwesterpublikation "Computerworld" orakelt bereits: "NT koennte das bekannteste nicht ausgelieferte Betriebssystem seit OS/2 werden, von dem IBM bereits Mitte der 80er Jahre zu reden angefangen hatte."

Steht Windows NT wie geplant zur Verfuegung, so soll die R/3- Architektur von SAP das Betriebssystem auf allen Ebenen nutzen - also nicht nur als Windows-Front-end, sondern auch als Basisplattform fuer den Datenbank- und den Anwendungs-Server.

Die kommerzielle Standardsoftware basiert auf einer Client- Server-Architektur, die die drei Ebenen Datenbank, Applikation und Praesentation einschliesst.

Mit der NT-Version von R/3 peilt SAP schwerpunktmaessig den Mittelstand an, Unternehmen, mit mindestens 250 Mitarbeitern und minimal 16 Computer-Arbeitsplaetzen. Nach Angaben des Vorstandssprechers Hopp besteht langfristig sogar die Moeglichkeit, noch kleinere Installationen vorzunehmen. Die Microsoft GmbH sieht dieses Abkommen ihrerseits als Chance, Windows NT als Plattform fuer unternehmenskritische Anwendungen zum Durchbruch zu verhelfen.

Ueberraschender noch als das NT-Commitment war Hopps Aussage zu IBMs Midrange-Rechner AS/400: Zumindest als Datenbank-Server werde R/3 den proprietaeren IBM-Rechner voraussichtlich noch in diesem Jahr integrieren. Die Anwendungen dagegen sollen nicht auf der AS/400, sondern auf angeschlossenen Unix-Servern laufen. Ob SAP dieses Versprechen halten kann, so Marketing-Chef Paul Wahl, haengt entscheidend von der IBM ab, die zuvor noch einige angekuendigte Betriebssystem-Ergaenzungen bereitstellen muesse.

Die Portierungsvorhaben der SAP deuten darauf hin, dass sich das deutsche Softwarehaus trotz der rezessiven Konjunktur weiterhin auf Expansionskurs befindet. Vorstandssprecher Hopp bestaetigte diese Entwicklung, obwohl die von ihm praesentierten Unternehmenszahlen nicht unbedingt eine offensive Marktpolitik erwarten lassen.

Veranlasst durch einen erdrutschartigen Aktiensturz, hatte die SAP bereits zu Jahresbeginn ihre Zahlen vorab veroeffentlicht; jetzt wurden diese Zahlen noch einmal leicht korrigiert. Anstatt der erwarteten 843 Millionen Mark Konzernumsatz, die im Februar genannt worden waren (siehe CW Nr. 6 vom 5. Februar 1993, Seite 1: "Von einer Krise ..."), liegen die Einnahmen von 1992 nun endgueltig bei 831,2 Millionen Mark. Zwar entspricht dieses Ergebnis einer Steigerung von 17,6 Prozent gegenueber dem Vorjahr (707 Millionen), doch das selbstgesteckte Ziel von 900 Millionen Mark wurde deutlich verfehlt.

Auch das Geschaeftsergebnis blieb zwar positiv, sank aber um 4,2 Prozent auf nunmehr 173 Millionen Mark. Der Jahresueberschuss dagegen stieg um 3,2 Prozent auf 127,2 Millionen Mark. Diese Entwicklung verdankt die SAP Sonderabschreibungen, die die Steuerquote unter den Wert des Vorjahres sinken liessen. Das das Betriebsergebnis dagegen schrumpfte um gut zwoelf Prozent auf 149,5 Millionen Mark. Mit dem Ergebnis des ersten Quartals 1993 zeigte sich Vorstandssprecher Hopp angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage zufrieden. SAP konnte den Umsatz um rund 15 Prozent auf 205 Millionen Mark steigern. Damit wahrt das Unternehmen seine Chancen, das fuer 1993 angepeilte Umsatzziel von einer Milliarde Mark zu erreichen.

Die Walldorfer erwirtschafteten ihren Umsatz zu 56,7 Prozent mit dem Verkauf von Produkten, zu 29 Prozent mit Beratung und Services und zu elf Prozent mit Schulungsleistungen.

Dabei wurde das weitaus groesste Geschaeft mit der Mainframe-Software R/2 gemacht. Der Anteil von R/3 am Umsatz betrug 1992 rund 40 Millionen Mark, soll aber 1993 auf 200 Millionen Mark steigen.

Hopp betonte, dass sich die SAP auch in Zukunft stark um das Mainframe-Geschaeft kuemmern werde. Die Version 5.0 der R/2-Software stehe in vielen Unternehmen vor der Einfuehrung.

Durch die Parallelentwicklung von R/3, so gestand der Vorstandssprecher, habe die Qualitaet von R/2 phasenweise gelitten - dieses Problem sei aber heute behoben.