Verhagelte Jahresbilanz 1999/00

QXL bleibt Ricardos Wunschpartner

29.09.2000
HAMBURG - Der Ausgang der im Mai angekündigten, dann aber zur Hängepartie gewordenen Fusion des Hamburger Online-Auktionshauses Ricardo.de AG mit seinem britischen Pendant QXL.com Plc. ist weiterhin offen. Allerdings geben sich die Ricardo-Verantwortlichen zuversichtlich, dass der Deal bis Mitte November in trockenen Tüchern ist. Von Beate Kneuse*

"Analysen haben ergeben, dass der weltweite Online-Auktionsmarkt künftig nur drei bis fünf Player zulassen wird", skizzierte Vorstand Christoph Linkwitz vor der Presse in Hamburg die Marktsituation. "Deshalb ist die Fusion, mit der wir ein europäisches Gegengewicht gegen die amerikanische Konkurrenz schaffen, strategisch richtig und von beiden Seiten auch gewollt."

So sehr die Ricardo-Lenker aber auch die Werbetrommel für den Deal rühren und Zuversicht ausstrahlen, bleibt es dennoch fraglich, ob die QXL-Aktionäre am 2. Oktober der Fusion tatsächlich ihre Zustimmung erteilen. Immerhin wurde der Kaufpreis in Nachverhandlungen Mitte August von den Briten deutlich gedrückt. Die Ricardo-Aktionäre sollen nun nur noch 34 statt der ursprünglich vereinbarten 42,6 QXL-Papiere pro Aktie bekommen. Das Londoner Internet-Auktionshaus hatte mit den Nachverhandlungen nicht nur auf den drastischen Kursverfall der seit Juli 1999 am Neuen Markt notierten Ricardo reagiert, sondern auch auf dessen zutage gekommenen Schwierigkeiten im vierten Quartal (Ende: 30. Juni 2000).

"Landgewinnung" im Markt färbte die Bilanz rotEin außerplanmäßiger Verlust von rund sechs Millionen Mark durch Logistikprobleme und Abschreibungen auf Lager bescherte den Hamburgern im Abschlussquartal des Geschäftsjahres ''99/''00 ein operatives Minus vor Goodwill-Abschreibungen von 19,4 Millionen Mark, der Umsatz belief sich auf 10,5 Millionen Mark.

Auch ein Blick auf das Gesamtjahr macht nachvollziehbar, warum QXL den Kaufpreis drückte. Die von den Ricardo-Verantwortlichen anvisierten operativen Verluste von 30 Millionen Mark fielen mit 36,7 Millionen deutlich schlechter aus. Noch trauriger liest sich unter Einbeziehung der Kosten für den Börsengang und der Goodwill-Abschreibungen der Netto-Fehlbetrag. 65,4 Millionen Mark sind einmal mehr ein Beleg dafür, wie schwer sich Startups in Sachen Profitabilität tun.

Entsprechend Mühe gaben sich Linkwitz und seine Mitstreiter jetzt, den vor zwei Jahren gegründeten Internet-Auktionator in einem besseren Licht erscheinen zu lassen, als die Ertragssituation vermittelt. Man habe das Ziel der "schnellen Landgewinnung" in diesem Markt erreicht, so Linkwitz. Deutliche Verbesserungen seien im abgelaufenen Geschäftsjahr bei der Mitgliederzahl ( sie steigerte sich von 96000 auf 819000), beim Wert der gehandelten Waren (dieser legte von 9,8 auf 165 Millionen Mark zu) und schließlich auch beim Umsatz erzielt worden, der von 6,3 auf 40,8 Millionen Mark zulegte.

Die Weichen für ein Erreichen der Profitabilität sind damit, wie sich das Ricardo-Vorstandsteam in Hamburg überzeugt gab, gestellt. Im zurückliegenden Geschäftsjahr wurde der riskante und kostspielige Eigenhandel zugunsten des margenträchtigeren Plattformgeschäfts auf Kommissionsbasis kräftig zurückgeschraubt. Steuerten noch im Jahr zuvor beide Bereiche jeweils die Hälfte zum Wert der gehandelten Waren bei, erhöhte sich der Anteil des Plattformgeschäfts jetzt auf 80 Prozent.

* Beate Kneuse ist freie Journalistin in München