Quelle verbessert das Telefon-Marketing

17.10.2005
Durch die Einführung eines neuen Prognose-Tools konnte die Quelle AG die Abschlussquotebeim Outbound-Marketing deutlich erhöhen.

Für die Quelle AG spielt das Telefon zur Kundenansprache eine immer wichtigere Rolle: Beim Outbound-Marketing rufen Call-Center-Agenten ausgewählte Kunden an, um diese auf eine Printwerbung aufmerksam zu machen oder ihnen neue Angebote zu unterbreiten. Die Ressourcen für solche Aktionen sind allerdings begrenzt: Alle Kunden anzurufen, wäre zu teuer und zeitaufwändig. Deshalb versucht Quelle, die Call-Center-Agenten mit möglichst erfolgversprechenden Kunden zu verbinden.

Projektsteckbrief

Projektart: Einführung eines Prognose-Tools für Outbound-Marketing-Aktionen.

Branche: Versandhandel.

Zeitrahmen: Entwicklung und Implementierung von Oktober 2004 bis April 2005.

Stand heute: läuft produktiv.

Produkte: "Realtime Dynamic Modelling System" von Epoq GmbH.

Umfang: für alle Quelle-Call-Center.

Ergebnis: Steigerung der Abschlussquote um 26 Prozent, Zunahme des durchschnittlichen Umsatzes pro Kundengespräch um 42 Prozent.

Herausforderung: Entwicklungspartnerschaft mit dem Anbieter.

Nächster Schritt: Ausweitung des Einsatzgebiets auf das Inbound-Marketing.

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Dynamische Kundenauswahl

Wie viele Versandhändler nutzt Quelle für die Kundenauswahl Selektionen, die mittels Business-Intelligence-Tools für das CRM-System (Customer-Relationship-Management) erzeugt wurden. Die Kundenauswahl wird dabei aus historischen Daten abgeleitet. Ob sich diese Kundenselektion in der Praxis tatsächlich bewährt, stellte sich aber erst nach Abschluss der Telefon-Marketing-Aktion heraus.

Michael Semmler, als Leiter des Bereichs Database-Management & Services bei Quelle für Data Warehousing, Data Mining und Kundenselektion verantwortlich, beschreibt die Herausforderung: "Wir wollen schneller reagieren und die Kundenauswahl nicht erst dann optimieren, wenn die Listen bereits abtelefoniert wurden." Die Ermittlung der viel versprechenden Kunden soll also schon während der Kampagne permanent verbessert werden. Bei der Suche nach einem Anbieter von geeigneter Software für die Echtzeitanalyse war Semmler jedoch kein Erfolg beschieden. Lediglich die Firma Epoq, die zum damaligen Zeitpunkt noch keine ganz praxistaugliche Lösung vorweisen konnte, schien dem Quelle-Manager auf dem richtigen Weg zu sein.

Im Herbst vergangenen Jahres machten sich Quelle und Epoq gemeinsam an die Entwicklung eines Prototypen. Er baut auf dem von Epoq entwickelten Realtime-Dynamic-Modelling-Verfahren auf, das auf der Kombination verschiedener Datenverarbeitungsalgorithmen basiert. Damit können laut Anbieter komplexe, bis zu 200-dimensionale Zusammenhänge analysiert werden, wodurch sich bereits nach wenigen Telefonaten das Kundenverhalten aussagefähig prognostizieren lässt. Jedes einzelne Gesprächsergebnis löst automatisch eine Neuanalyse der Kampagne und damit eine verbesserte Kundenauswahl aus.

Schnelle Implementierung

Nach einer dreimonatigen Entwicklungszeit und der anschließenden Implementierung arbeitet Quelle seit April in allen eigenen Call-Centern mit dem neuen System. Die Einführung bereitete laut Semmler keine nennenswerten Probleme, da kaum Schnittstellen zu vorhandenen Systemen geschaffen werden mussten. Quelle profitierte außerdem davon, dass die notwendige Data-Warehouse-Technik bereits zur Verfügung stand. Der Handelskonzern arbeitet dabei mit Oracle-Technik auf Basis eines selbst entwickelten Datenmodells, das verschiedene Verdichtungsebenen, beispielsweise für Management-Informations-Systeme, enthält.

Wenn Quelle eine Outbound-Marketing-Aktion vorbereitet, filtert das Unternehmen den Kundendatenbestand nach rund 200 Merkmalen und lädt die so ausgewählten Daten auf den Epoq-Server. Letzterer ist mit der Dialer-Software verbunden, die für die Call-Center-Agenten die Telefongespräche aufbaut. Der jeweilige Mitarbeiter bekommt davon nichts mit und arbeitet den vom CRM-System vorgegebenen Gesprächsleitfaden ab.

Umsatz pro Kunde gesteigert

Ist das Gespräch beendet, öffnet der Dialer am Bildschirm des Call-Center-Agenten ein Fenster, in das er das Gesprächsergebnis eingibt. Diese Daten werden auf den Epoq-Server zurückgespielt, wo die Feedbacks direkt genutzt werden, um ein verbessertes Update der ursprünglich vorgenommenen Kundenauswahl zu berechnen. Theoretisch lässt sich Letztere nahezu in Echtzeit optimieren, de facto spielt Quelle neue Kundendaten jedoch halbtäglich ein. "Der Dialer muss immer auf ausreichend viele Kunden zugreifen können, damit die Call-Center-Agenten ausgelastet sind, auch wenn eine Nummer besetzt oder Kunden nicht erreichbar ist", erklärt Semmler.

Das neue Verfahren habe sich auf ganzer Linie bewährt, sagt Semmler: "Wir konnten die Abschlussquote um 26 Prozent steigern, der durchschnittliche Umsatz pro Kundengespräch erhöhte sich um 42 Prozent." Diese Zahlen ermittelt Quelle aus einem Vergleich mit parallelen Testgruppen, bei denen die Kundenauswahl mit den früher eingesetzten Methoden erfolgt.

Inbound-Projekt aufgesetzt

Die erfreulichen Resultate ermunterten den Versandhandelskonzern, die Technik auch für das Inbound-Marketing ein- zuführen. Während die Kunden früher die dem Katalog beigelegten Bestellkarten favorisierten, gehen bei Quelle heute rund 70 Prozent aller Aufträge per Telefon ein. Ziel des Inbound-Marketings ist es, diese Kontakte zu nutzen, um möglichst erfolgversprechende Zusatzangebote zu unterbreiten. Dieses Cross-Selling wird nun ebenfalls mit Hilfe der Epoq-Algorithmen verbessert. Es wird eine Vielzahl von neuen Merkmalen aus dem aktuellen Kundendialog berechnet und dem Epoq-Server zur Verfügung gestellt. Dieser errechnet einen Aktionsvorschlag, die Ergebnisse der Aktion werden dem Epoq-Algorithmus für Verbesserungen wieder zurückgegeben.

Die Implementierung gestaltet sich etwas aufwändiger als beim Outbound-Projekt, da die Kommunikation des Epoq-Servers mit dem auf Oracle-Basis selbst entwickelten CRM-System integriert werden musste. Trotzdem ist Semmler mit dem Projektfortschritt sehr zufrieden. Die Arbeiten für das Inbound-Marketing-Projekt begannen im April dieses Jahres, derzeit laufen die Systemtests. Ende Oktober soll der Rollout beginnen.

Beim bereits erfolgreich abgeschlossenen Outbound-Marketing-Projekt wird bereits geprüft, ob sich die Lösung auch in anderen Bereichen des Mutterkonzerns Karstadt-Quelle einsetzen lässt. So will Semmler die Technik beispielsweise den Versandhandelskollegen von Neckermann schmackhaft machen.