Fitness- & Activity-Apps

Quantified Self: Sportler-Trend Selbstoptimierung

20.01.2016
Nur Trainingsklamotten und Sportschuhe an und ab auf die Laufstrecke - das reicht vielen Sportlern heute nicht mehr. Sie wollen genau Bescheid wissen über ihre Fitness und ihren Leistungsstand. Dabei sammeln sie Daten über sich selbst, was das Zeug hält.

Heute schon das persönliche Trainingspensum geschafft? Stimmen Herzfrequenz, Kalorienverbrauch und Schrittzahl? Im Kampf gegen den inneren Schweinehund setzen viele Sportler mittlerweile auf Verstärkung durch Wearables - also Smartwatches, Fitness- und Activity-Tracker. Unmengen von Daten werden so täglich gemessen, gesammelt und verglichen. Das heizt nicht nur den Trend zur Selbstoptimierung an, sondern auch die Geschäfte der Hersteller, die sich für die kommenden Jahre gute Chancen versprechen. Auf der weltgrößten Sportartikelmesse Ispo gehören Sensoren und andere Geräte zur Erfassung und Verarbeitung von Fitness-Daten in diesem Jahr zu den Schwerpunkten.

Fitness-Begeisterte legen immer mehr Wert auf Selbstoptimierung. Dafür braucht man vor allem eines: Daten.
Fitness-Begeisterte legen immer mehr Wert auf Selbstoptimierung. Dafür braucht man vor allem eines: Daten.
Foto: Syda Productions - shutterstock.com

Quantified-Self-Trend durch Daten-Überfluss

Auf gut fünf Milliarden US-Dollar dürfte der Markt dafür im Jahr 2019 gewachsen sein, erwarten Branchenexperten. Wichtige Anbieter von Fitness- und Activity-Trackern sind die US-Unternehmen Fitbit und Jawbone, aber auch der chinesische Smartphone-Aufsteiger Xiaomi mischt mit seinen vergleichsweise günstigen Produkten kräftig mit. Hinzu kommen Smartwatches wie die Apple Watch, die ebenfalls Fitnessdaten messen können oder Software-Angebote wie das Trainingssystem Micoach oder die Sport-App Runtastic, die zum Sport-Riesen Adidas gehören.

Rund 80 Millionen Menschen in 20 Ländern haben sich inzwischen bei Runtastic registriert, sagt ein Firmensprecher. "Das ist sicherlich ein Trend, der wachsen wird." Rückenwind bringt dabei nicht nur die Digitalisierung, die immer mehr Lebensbereiche erfasst - vom mobilen Arbeiten per Laptop und Smartphone über den Online-Einkauf bis hin zum vernetzten Zuhause. Daten werden so allgegenwärtig. Das nutzen immer mehr Menschen für die ausgiebige Selbstvermessung unter dem Stichwort Quantified Self.

Fitness-Erfolg vs. Daten-Flut: Gefährliche Wearables?

Neben der technischen Spielerei steht dahinter auch der Gesundheitsgedanke. Denn angesichts steigender Lebenserwartung wollen viele Menschen möglichst auch bis ins Alter fit und beweglich bleiben. Sportarten wie Radfahren, Laufen, Schwimmen und Wandern haben deshalb großen Zulauf. Sie sind in Deutschland sogar noch beliebter als "König Fußball", sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Sportartikel-Industrie, Nicole Espey. Gerade bei solchen - oft individuell betriebenen - Sportarten könnten Wearables Spaß, Motivation und Leistung beflügeln. Aber was, wenn die Daten in falsche Hände geraten? Die Ankündigung des Versicherers Generali, gesunden Lebensstil und regelmäßige Besuche im Fitness-Studio belohnen zu wollen, hatte jedenfalls für viel Aufsehen gesorgt. Verbraucherschützer warnten vor dem gläsernen Kunden. Generali will das Produkt im zweiten Halbjahr 2016 trotzdem starten. Primär gehe es darum, die Kunden anzuregen etwas für sich zu tun, sagt ein Unternehmenssprecher.

Fitness-Apps: Empfohlen zur Hilfestellung

Auch Sportmediziner und -psychologen sehen den Trend zu Smartwatches, Fitness- und Activity-Trackern und -Apps mit gemischten Gefühlen. So könne das Verletzungsrisiko steigen, wenn sich immer mehr Menschen von Apps zu sportlichen Leistungen anspornen lassen, statt fachkundige Trainer zu Rate zu ziehen. Andererseits wäre es schon wünschenswert, dass sich die Menschen mehr bewegen um körperlich - und auch kognitiv - länger am Ball zu bleiben. Dafür könnten elektronische Geräte durchaus ein geeignetes Hilfsmittel sein, sagt der Sport-Psychologe Thomas Ritthaler.

Versklaven und in ständigen Leistungsdruck und Selbstabwertung treiben lassen sollte sich aber niemand. Wie bei vielen Dingen komme es eben auch hier auf die richtige Dosis und den mündigen Umgang mit der Technologie an, betont Ritthaler. Letztlich gelte: "Man muss es auch schaffen, das Ding abzuschalten, ein gutes Essen mit Freunden zu genießen und auch mal faul zu sein." (dpa/fm)