Institut der deutschen Wirtschaft untersucht Bildungssystem:

Qualified in Germany ist ein Standortvorteil

18.11.1988

KÖLN (CW) - Das Bildungssystem der Bundesrepublik Deutschland bürgt im Blick auf den gegenwärtigen und künftigen Qualifikationsbedarf für einen gewichtigen Standortvorteil gegenüber anderen Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Pluspunkte verbucht Deutschland im Vergleich zu den vom IW exemplarisch ausgewählten Ländern Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Japan, Schweden und den USA. Die unterschiedlichen Bildungsprofile des in sich vielfältigen Schulsystems entsprechen, so Professor Winfried Schlaffke, Leiter der Hauptabteilung Bildung und Gesellschaftswissenschaften des IW, quantitativ sowie qualitativ in etwa der Nachfrage des gleichfalls vielgestaltigen Beschäftigungssystems.

Nachteile durch überlange Studienzeit

Für diesen Vorteil gegenüber den Vergleichsländern führt Schlaffke zahlreiche Gründe an. Zunächst liefere das deutsche Schulsystem ein zufriedenstellendes, tragfähiges Fundament an Allgemeinbildung und ist so strukturiert, daß es sich "begabungsfördernd" auswirke. Es vermittle Qualifikationen, die in Zukunft mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Hierzu zählten, so der Bildungsexperte, abstraktes Denken, Kreativität, das Verstehen komplexer Zusammenhänge sowie strukturell-analytisches Denken.

Auch die Entwicklung von Eigenschaften, die notwendig sind, um Arbeit selbständig planen, durchführen und kontrollieren zu können, begünstige das hiesige Bildungssystem. Dazu gehörten sogenannte extrafunktionale Fähigkeiten wie Sprachvermögen, Verantwortungsbereitschaft, Belastbarkeit, Entscheidungsstärke und Teamgeist.

Die berufliche Ausbildung, so das Wirtschaftsinstitut, sei praxisgerecht und so flexibel gestaltet, daß die Lerninhalte relativ schnell den Modernisierungen in der Arbeitswelt angepaßt werden könnten. Darüber hinaus sei die berufliche Erstausbildung inhaltlich und organisatorisch mit einem vielfältigen Weiterbildungsangebot verknüpft.

Nach IW-Beobachtungen erwerben mehr und mehr Jugendliche höhere Schulabschlüsse. Die Förderung des informationstechnischen Know-hows, eine Stärkung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen sowie die Ausweitung des Sprachunterrichts dürfte dazu beitragen, eine zukunftsorientierte Bildungsgrundlage und eine wettbewerbsfähige Hochschulreife zu schaffen.

Ebenfalls beispielhaft sei das regional weit gestreute und gut aufgebaute Hochschulwesen mit insgesamt 120 Universitäten und 122 Fachhochschulen. Allerdings kritisiert Schlaffke die überlangen Studienzeiten. In Frankreich, Japan und den USA bestehe die Möglichkeit, bereits nach zwei bis drei Jahren erste berufsqualifizierende Abschlüsse zu erreichen oder darauf aufbauend weiterqualifizierende und spezialisierende Studiengänge zu belegen.

Für die Erhaltung und Steigerung der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft sei es unter anderem notwendig, die Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Einrichtungen nutzbar zu machen. Zwar seien in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren Technologietransferstellen eingerichtet worden, doch zeige sich im internationalen Vergleich, daß beispielsweise in Japan und den USA die Vernetzung zwischen Hochschulforschung und Industrie sehr viel weiter fortgeschritten sei.

Alles in allem, so das Fazit der Analyse, stehe in keinem anderen Industrieland ein vergleichbares Potential an umfassend qualifizierten Fachkräften zur Verfügung. Die Qualität der deutschen Berufsausbildung werde deshalb international hoch eingeschätzt.