Web-übliches Distributionsverfahren soll auch Intranets zugute kommen

Push-Technik macht Softwareverteilung einfacher

11.07.1997

In Deutschland gehört die SKF GmbH, Schweinfurt, bei der Nutzung von Push-Diensten zu den Pionieren. Lothar Schäfer, Leiter Kommunikationstechniken und -service bei SKF, erläutert: "Wir haben bei uns mehrere Teams gebildet, die sich mit der Technologie als solcher auseinandersetzen, aber auch Anwendungen für Inter- und Intranet entwickeln." Schäfer selbst sieht Platz für entsprechende Verfahren bei der internen Informationsverteilung, aber auch im Bereich Softwaredistribution. "Ich rechne noch in diesem Jahr mit dem Einsatz von Push in unserem Netz", gibt er sich zuversichtlich.

Der SKF wird die Entscheidung für eine bestimmte Push-Methode jedoch nicht leichtfallen - schließlich kämpfen derzeit mehrere Anbieter um einen Markt, der enormes Wachstumspotential verspricht. Nach Meinung der Gartner Group lassen sich mit dem "Drücken" von Daten im Jahr 2000 insgesamt 5,7 Milliarden Dollar erwirtschaften. Nach Aussagen der Auguren wird das etwa ein Drittel des gesamten Web-Umsatzes ausmachen.

Der Grund für diese explosionsartige Entwicklung ist im Zusammenhang mit einer zu erwartenden Veränderung beziehungsweise Neubewertung des Web zu sehen. So ist der große Vorteil des Internet derzeit auch sein größter Nachteil: Das Netz der Netze ist dezentral aufgebaut, jeder kann daran teilnehmen und Informationen anbieten. Dadurch entsteht eine riesige Menge an Daten, die selbst unter Einsatz von Suchmaschinen kaum mehr zu durchdringen ist. Eine immer größere Zahl von Anwendern, auch in Unternehmen, vergeudet viel Zeit damit, die für sie relevanten Informationen überhaupt erst zu finden. Push-Verfahren sollen diesen Mißstand beseitigen: Ein Anwender, so die Idee, definiert anhand einer Angebotspalette die für ihn relevanten Informationen beziehungsweise Quellen derselben. Nachrichten, die ihn gemäß dieser Auswahl interessieren, werden ihm automatisch via Internet zugeschickt. Hierbei ist es zu beachten, daß der Anwender sämtliche Kosten der Übertragung übernimmt, da die Verbindung mit der Anfrage beim Anbieter von seiner Seite her aufgebaut wird.

Vorreiter im Bereich Push ist das kalifornische Unternehmen Pointcast Inc., das diese Methode seit dem Frühjahr 1996 praktiziert. Über die Client-Software "Pointcast Network" legen Anwender fest, welche Informationen für sie wichtig sind und wie oft diese Nachrichten auf den neuesten Stand gebracht werden sollen. Dieses Programm kontaktiert dann automatisch einen zentralen Server bei Pointcast, auf dem die Inhalte der Zuliefererfirmen des Anbieters vorgehalten werden, und lädt die entsprechenden Daten via Internet auf den Rechner des Anwenders. Bezahlt wird dieser Service durch Werbung, die Nutzer von Pointcast in Kauf nehmen müssen.

Andere Push-Verfahren, beispielsweise die der Anbieter Backweb, Wayfarer oder Marimba, kommen ohne lästige Werbung aus. Bei Backweb zahlen beim Einsatz im Internet die Betreiber von Info-Kanälen für jedes verschickte Datenpaket. Wird die Software dagegen im Intranet genutzt, muß pro Anwender, bei dem die Client-Software installiert ist, eine Lizenzgebühr entrichtet werden. Der große Vorteil dieser Drücker: Sie können nicht nur Nachrichten, sondern auch ausführbaren Programmcode verteilen.

Der Hersteller McAfee beispielsweise setzt Backwebs Verfahren seit einiger Zeit ein, um automatisch die neuesten Virendefinitionen an seine Kunden zu verschicken. Über E-Mails mit Datenfiles als Anlagen wäre dies zwar auch möglich, multimediale Elemente ließen sich dabei allerdings nicht so leicht in die Benachrichtigung integrieren wie mit den neuen Push-Techniken. Backwebs Client, den McAfee jedem Kunden liefert, fragt jedesmal, wenn dieser sich ins Internet einwählt, automatisch auch bei dem Hersteller an, ob neue Versionen seiner Software vorliegen. Ist dies der Fall, schickt der Server sie automatisch zum Anwender. Dank Backwebs "Polite-Agent"-Technologie erfolgt dieser Vorgang vollständig im Hintergrund, der Anwender kann zur gleichen Zeit ungestört im Web surfen. Backweb greift nur dann auf die Verbindung zu, wenn sie nicht benutzt wird, was im Vergleich zum Pointcast Network auch Kosten senkt.

Mit der Möglichkeit der vollautomatischen, zentralen Software-Installation im Unternehmen haben entsprechende Push-Anbieter ein heißes Eisen im Feuer. Neue Programme müssen jeweils nur noch einmal auf einem reservierten Server in der Firma installiert werden; spezielle Clients auf den Arbeitsplatzrechnern im Unternehmensnetz entdecken im Rahmen von vorher definierten, routinemäßig gestellten Anfragen, wenn eine neue Anwendung oder eine neuere Version zur Verfügung steht. Das Herunterladen und Installieren der Software erfolgt dann ohne jegliches Zutun der Mitarbeiter im User-Support. Der Traum fast jedes Netzadministrators könnte somit Wirklichkeit werden.

Die Informationsverteilung im Unternehmen ließe sich ähnlich komfortabel gestalten. Mitarbeiter müßten nicht mehr ständig ihre E-Mails im Auge behalten, um zu wissen, was im Betrieb läuft, zu pflegende Verteilerlisten würden ebenfalls der Vergangenheit angehören. Spezialprogramme auf jedem Rechner checken dann in Intervallen selbsttätig die Server, auf denen die Informationen abgelegt sind, und holen sich nur die Nachrichten, die für sie in Frage kommen, also vorher definiert wurden.

Über eine Einblendung wird dem Mitarbeiter, während er in seiner Anwendung weiterarbeitet, angezeigt, daß eine neue Nachricht eingetroffen ist. Ein Klick mit der Maus auf die Einblendung genügt, und schon erscheint der Volltext der Mitteilung.

Bis es allerdings soweit ist, müssen Push-Anbieter noch einige Probleme lösen. Ein vielgehörtes Argument in diesem Zusammenhang ist die Belastung des Netzes durch große zu übertragende Datenmengen. So kontrolliert Pointcast beispielsweise nicht, wie aktuell die Nachrichten auf der Festplatte eines Users sind und schickt jedesmal, wenn ein End-Client seine Daten aktualisieren will, komplett die jeweils vorliegenden Informationen aller vom Anwender ausgewählten Channels. Je nach Anzahl der ausgewählten Kanäle werden schnell mehrere MB an Daten erreicht, zu denen natürlich die aktuellen Werbespots der in Pointcast inserierenden Firmen hinzukommen. Verfahren wie das von Backweb oder Marimba vergleichen das Angebot zuerst mit den beim Anwender bereits vorhandenen Daten. Informationen schicken sie nur dann über das Internet, wenn seit dem letzten Update Änderungen aufgetreten sind.

Vor diesem Hintergrund ist klar, daß abhängig von der Zahl der Anwender, den jeweiligen Informationsmengen und den Intervallen, in denen diese aus dem Web gesaugt werden, unter Umständen recht große Zusatzbelastungen auf die Firmennetze zukommen. Um diesem Übel zu begegnen, bietet Pointcast sein kostenpflichtiges Produkt "I-Server" an. Setzt ein Unternehmen die rund 1000 Dollar teure Lösung ein, werden die Updates der für die Firma relevanten Informationen nur noch einmal von Pointcast heruntergeladen. Die Anwender im Netz werden dann vom internen I-Server bedient.

Entsprechende Lösungen sind auch von anderen Push-Anbietern zu haben. Der Vorteil ist klar: Besonders bei einem zentralen Internet-Zugang im Unternehmen werden nun keine Informationen mehr redundant eingefahren. Dies hilft unnötige Datenvolumina vermeiden und spart kostbare Bandbreite.

Wie heiß das Thema Push ist, zeigt die Tatsache, daß auch die beiden Browser-Kontrahenten Microsoft und Netscape bereits an entsprechenden Verfahren arbeiten. Die Redmonder Softwareschmiede versucht, ihre Idee eines "Active Desktop" durchzusetzen, was die Integration von Browser und Betriebssystem bringen soll.

Netscape setzt mit seinem "Netcaster" (ehemals "Constellation") auf eine Lösung, die in die gleiche Richtung geht. Um sich gegenüber Microsoft abzusetzen, wurde aber zusätzlich Marimbas Castanet-Technik an Bord geholt.