Beim PTT-Projekt Terco in Bulle gärt es weiter:

PTT-Mitarbeiter kritisieren teure IBM-Berater

05.12.1986

BERN (CWN) - Neuer Arger für den Blauen Riesen: In der Zeitung "PTT-Union", dem Organ der PTT-Gewerkschafter, wird der "negative Einfluß von IBM-Beratern bei den PTT-Betrieben als beunruhigend bezeichnet. Und: Man sollte sich von den IBM-Beratern lösen können." Im Vordergrund steht die Rolle der IBM beim Projekt Telefonrationalisierung durch Computer" (Terco) in Bulle.

Mitte des Jahres noch hatten die IBM-Verkäufer mit einem PTT-Beschaffungsauftrag für Terco in Höhe von insgesamt 87 Millionen Franken rechnen dürfen. Doch da schrillte bei verschiedenen PTT-Gremien die Alarmglocke - sie befürchteten massive Kostenüberschreitungen. Als konkreter Auftrag blieb für IBM die Lieferung einer 3090-200 Kostenpunkt: rund 15 Millionen Franken.

Jetzt richten PTT-Leute in Bulle ihre Kanone auch gegen diese IBM-Lieferung. In der "PTT-Union heißt es: "Dank ihrer äußerst intensiven Verkaufspolitik hat IBM dem Zentrum Bulle einen neuen Computer liefern können, und zwar entgegen der Auffassung von Terco Bulle, das diesen Kauf als unnötig betrachtet." Kritisiert wird, daß IBM-Berater beschäftigt werden, die verantwortlich für die Bedürfnisabklärung sind und für die das Gelingen der Phase 2.1 total nebensächlich ist". Die Phase 2.1 von Terco betrifft den Abonnementsdienst.

Georg Känel, zuständiger Sektionschef bei den PTT, zeigt sich ob des Anwurfs zunächst empört: "Da erzählt jeder etwas anderes." Dann räumt er ein: Die letzten Messungen haben gezeigt, daß wahrscheinlich das eine oder andere noch gegangen wäre." Aber man habe auf Nummer sicher gehen müssen. "Ich kann heute mit Sicherheit sagen, daß das, was man jetzt installiert hat, für 1987 reicht." Die Summe von 87 Millionen Franken sei lediglich als "Planwert" zu verstehen gewesen: "Wir wollten die Karten auf den Tisch legen und keine Salamitaktik machen." In welchem Rahmen die IBM schließlich noch zum Handkuß kommt, ist ungewiß. Vorerst stehen gar keine Bestellungen an. Alles hängt davon ab, wie das System nun weiterentwickelt wird, natürlich auch von der Verkehrszunahme.

So oder so: Aus dem verbleibenden 72-Millionen-Geschäft, das seit Mitte des Jahres in Abklärung ist, wird in diesem Umfang nichts. Denn die PTT haben sich in der Zwischenzeit bereits entschlossen, nicht mehr von symmetrischen Systeme auszugehen, von denen nur eines funktionell die Leistung erbringen müßte. Georg Känel: "Symmetrische Systeme sind nicht notwendig." Damit wird auch der ursprünglich geplante Terco-Hauptsitz in Villars-sur-Glane überflüssig. Die Räume in Bulle reichen aus. Definitiv entschieden wird freilich erst 1989 - nach eingehender Standortbestimmung .

Sauer stößt den PTT-Bossen auch eine andere Passage im "PTT-Union" - Artikel auf, wo es etwas umständlich heißt: "Obwohl die Bedürfnisdeckung von Terco 2.1 auch ohne neue Maschinerie gewährleistet scheint, trifft dies auf die Sicherheit der Datenbanken im provisorischen Zentrum Bulle nicht zu. Dies ist gleichzeitig beunruhigend und unverständlich, weil das Problem der Sicherheitsmaßnahmen die Ursache der Überschreitung der Konstruktionskosten und des gegenwärtigen Verzichts auf das Projekt Villars-sur-Glane darstellt."

PTT-Informationschef Robert Neun legt Wert auf die Feststellung, daß es hier nicht um die Sicherheit der Datenbanken vor unbefugtem Zugriff geht, sondern um die Betriebssicherheit: "Mit dem gewählten System, das wirtschaftlicher ist, nehmen wir in Kauf, daß das Personal bei einem Unterbruch einfach mal eine halbe oder eine Stunde herumsitzen muß und nichts machen kann."

Georg Känel ergänzt: "Tatsache ist, daß jetzt alles im gleichen Haus ist." Es wisse heute noch niemand, wie das technische Konzept aussehen würde, wenn das System, das die PTT jetzt haben, in zwei Häusern betrieben werden müßte. Auf dem Gebiet der Sicherheit gilt es laut Känel zwischen technischen Risiken und einer Katastrophensituation zu unterscheiden: "Gegen einen Brand wäre nichts mehr gefeit. Die rein technischen Risiken, daß mal etwas kaputt geht - die sind überhaupt nicht abhängig vom geographischen Standort."

Hintergrund des Tauziehens um das Terco-Projekt vor den Augen der Öffentlichkeit ist der Krach zwischen PTT-Leuten und externen Beratern in Bulle. Von letzteren sind zur Zeit rund 60 beschäftigt - mit Stundensätzen von bis zu 350 Franken. Die Entlohnung, räumt Sektionschef Känel ein, führe auch zu Problemen mit anderen Externen. "Wir haben ja nicht nur IBMer." Eine Folge davon: Die PTT haben Mühe ihre qualifizierten EDV-Spezialisten bei der Stange zu halten. Die IBM hatte im August das Betriebsklima . in Bulle so dargestellt: "Es herrscht ein gutes Einvernehmen ... "

Nach dem Artikel in der "PTT-Union"-Zeitung haben die PTT-Oberen die Nase voll: "Jetzt muß Tacheles geredet werden. So kommen wir nicht weiter."