Die Geschichte eines etwas anderen (IT-)Unternehmens

PST: Gute Geschäfte im und mit dem zweiten Vertriebskanal

16.12.1998
MÜNCHEN (gh) - Woher kommt der "Aldi-PC?" Für etwas mehr Klarheit könnte in diesem Zusammenhang vielleicht das Business von PST (International) Ltd. sorgen - eine Company, die bis dato ganz bewußt Publicity scheute. Die Briten machen offenbar glänzende Geschäfte mit dem, was herkömmlichen IT-Herstellern oft Kummer bereitet: kaum mehr zu verkaufende Lagerbestände.

Die Referenzliste von PST liest sich wie das "Who is who" der weltweiten IT-Branche: von "A" wie Acer über "C" wie Compaq/ Digital, "F" wie Fujitsu, "S" wie Siemens und "W" wie Western Digital, und keine der genannten Firmen dürfte besonders erfreut sein, mit den Briten in Verbindung gebracht zu werden.Denn besagte Hersteller machen mit PST seit Jahren gute Geschäfte, und umgekehrt - in einem zweiten IT-Markt sozusagen.

Sitzt beispielsweise der Hersteller "X" auf 60 000 Monitoren, die sich aufgrund einer angekündigten oder bereits ausgelieferten neuen Gerätegeneration nicht mehr zum ursprünglich empfohlenen Verkaufspreis über traditionelle Vertriebskanäle absetzen lassen, tritt PST auf den Plan und kauft solche Restposten zum Teil weit unter dem Herstellungspreis. Gleiches gilt für Notebooks, PCs, Drucker und Computerzubehör. Für Anbieter, die sich mit den Briten einlassen, rechnet sich das ganze trotzdem: Die Läger sind leer. Auch der Vertriebskanal kann mehr oder weniger geräuschlos von alter Ware befreit werden - die Wettbewerber bekommen davon (zunächst) nichts mit. Obendrein ist man von lästigen Garantieverpflichtungen befreit. Und es läßt sich auf Discount-Aktionen und Niedrigstpreise, deren Erfolg zweifelhaft, deren negative Wirkung auf das generelle Markenimage des Herstellers aber nachweislich schlecht ist, verzichten. Weiterer Vorteil: Die Vertriebskanäle sind für ein Nachfolgeprodukt offen - entsprechende Preisgestaltung inklusive.

Überdies handelt man bei PST schnell. Eine Ware wird nur übernommen, wenn im Prinzip schon ein Käufer dafür gefunden ist. Bezahlt wird bar beziehungsweise per telegrafischer Anweisung. Abholung nach Möglichkeit sofort; kurze Umschlagszeit ist eines der Erfolgsgeheimnisse von PST. Hersteller, die den Briten ihr Equipment überlassen, können ferner den jeweiligen Zielmarkt bestimmen oder im Umkehrschluß bestimmte Regionen oder Absatzkanäle ausschließen. "Strukturierter Abverkauf" nennt sich das Ganze bei PST offiziell. Auf diese Weise läßt sich etwa verhindern, daß Marketing-Bemühungen der eigenen Händler für neue Produkte konterkariert werden.

Bei all dem sichert PST seiner Kundschaft, wie Marketing-Manager John Meredith vor der Presse in München betonte, absolute Diskretion und Professionalität zu. Man verkaufe nur in Kanäle, "die seriös sind" - also Fachhändler und Wiederverkäufer, die im Zweifel Service bieten können. Was letztere mit der Ware machen (können), ließ der PST-Verantwortliche jedoch offen.

Ware kommt auf Umwegen nach Deutschland zurück

Oftmals komme es zum Bundling mit Produkten anderer Hersteller und/oder zur Konfiguration für ganz spezifische Märkte. Und: So manche Tranche aus der Fertigung von Marken-PCs in Deutschland könne beispielsweise über Umwegen durchaus wieder in der Bundesrepublik landen, deutete Meredith zumindest an. Dann aber zumindest mit Duldung des Produzenten, denn an der Geschäftsgrundlage seiner Company ließ der Brite keinen Zweifel: "Der erste Fehler, den wir bei einem Kunden machen, ist unser letzter."

Unbeantwortet blieb letztlich auch die Frage nach Umsatz- und Gewinnzahlen der Briten, und warum PST nun plötzlich die Öffentlichkeit sucht - liefen bis dato doch die Geschäfte aus nachvollziehbaren Gründen gerade im Verborgenen recht gut. Die 1973 vom derzeitigen Chief Executive Officer (CEO) Howard Strowman gegründete Company begann mit dem Ein- und Weiterverkauf von Fototechnik, die nicht mehr ganz State of the art war. Inzwischen versuchen - gesteuert von einer kleinen Zentrale in der Nähe Londons - weltweit ganze 20 Mitarbeiter eine Produktpalette in der beschriebenen Weise an den Mann zu bringen, die von Computern über Kühlschränke, Körperpflegeartikeln und Klimaanlagen reicht.

"Viele Firmen kennen uns trotzdem noch nicht", begründete Meredith die Pressetour seines Unternehmens. Hinzu kommt die offenbar stärker werdende Konkurrenz. In den Vereinigten Staaten jedenfalls sind Firmen wie PST keine Seltenheit mehr - ein "angehender Milliardenmarkt", wie der PST-Marketier den Nischenmarkt, der vermutlich längst keiner mehr ist, selbst einschätzt. Jetzt wollen die Briten außerdem eine weitere Dienstleistung anbieten - das "Bartering", eine in den USA angeblich ebenfalls verbreitete Geschäftsmethode. Wörtlich übersetzt heißt es "Tauschgeschäft". Firmen können dabei an einer Art Börse, in dem Fall PST, Produkte gegen Produkte oder Dienstleistungen tauschen. Ein Restposten an Notebooks könne dabei, wie Meredith die Zukunft skizzierte, zum Beispiel gegen ein überschüssiges Kontingent an Anzeigenseiten getauscht werden. Beide Seiten hätten dann im günstigsten Fall "den Buchwert ihrer Ware wieder herausgeschlagen". Und PST gut verdient.