PSP-Chef nach Druck aus Redmond ausgeladen? Microsoft und IBM geraten wegen Messerede in Streit

25.08.1995

MUENCHEN (CW) - Die IBM-Abteilung Personal Software Products (PSP) hat ihre Meldung zur Messe Windows Solutions in San Franzisko zurueckgezogen. Ein IBM-internes Rundschreiben erweckt den Eindruck eines Erpressungsmanoevers von Microsoft, was das Unternehmen jedoch zurueckweist.

Laut IBM hat der PC-Softwareriese den Veranstalter Softbank Expo gedraengt, den PSP-Chef Lee Reiswig auszuladen, der den letzten Messetag mit einer programmatischen Rede eroeffnen sollte. Microsoft habe mit dem Rueckzug als Sponsor des messebegleitenden Kongresses und mit dem Verbot gedroht, den Namen Windows im Titel zu fuehren. Nach der Ausladung hatte IBM die Meldung zur Messe zurueckgezogen, worauf Softbank anbot, die Rede zu jedem anderen - allerdings weniger herausgehobenen - Zeitpunkt der Veranstaltung zu halten, was IBM als "nicht angemessen" ablehnte.

"Microsoft entscheidet, was die Anwender haben sollen, sie setzen proprietaere, geschlossene Standards, die Entwickler befolgen sollen, und jetzt waehlen sie auch noch die Redner aus, die Windows-Anwender hoeren werden", erbost sich PSP-Vice-President Dan Lautenbach in dem IBM-Schreiben: "Interessanterweise war der Titel von Lees Rede 'Choices', was Microsoft anscheinend fuer die Kunden nicht will."

Dem Vorwurf einer Einflussnahme auf die Messe hat Microsoft in einer ersten internen Hausinformation widersprochen. Microsoft bezeichnet das IBM-Verhalten als PR-Aktion. Denn Big Blue habe sich schon am 1. August von der Messe zurueckgezogen, aber erst am 17. des Monats Journalisten das interne Schreiben zugespielt, um Microsoft keine Zeit zu einer Reaktion vor der am 29. August beginnenden Veranstaltung zu lassen.