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Psinet schreibt tiefrote Zahlen, verkauft Unternehmensteile

03.11.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Psinet, der einstige Stern am ISP-Himmel (Internet Service Provider), meldete in seinem dritten Fiskalquartal einen deutlich gestiegenen Nettoverlust und senkte seine Erwartungen für das letzte Vierteljahr. Die US-Company plant nun eine finanzielle Gesundung durch den Verkauf einiger Unternehmensbereiche sowie die Senkung seiner Kapitalausgaben. Eine Tochter von Ernst & Young soll nun eine Finanz- und Betriebsprüfung durchführen. Anschließend will das Board of Directors über geeignete Maßnahmen entscheiden. Einige Analysten bezweifeln, ob ein Verkauf von Firmenanteilen genügen wird. Psinet besaß im September zwar noch eine Milliarde Dollar in bar, die Burnrate pro Quartal beläuft sich jedoch auf über 500 Millionen Dollar.

Damit nicht genug, nahm Harold Wills seinen Hut als President und Chief Operating Officer (COO) des Unternehmens. Der Rücktritt des 58-jährigen Managers sei in beiderseitigem Einverständnis erfolgt, teilte Psinet mit.

Die US-Company verbuchte im abgelaufenen Berichtszeitraum ein Nettodefizit von 1,38 Milliarden Dollar oder 7,34 Dollar je Aktie. Im vergleichbaren Vorjahresquartal lag das Minus noch bei 82,3 Millionen Dollar oder 68 Cent pro Anteilschein. Enthalten sind einmalige Belastungen von 663,8 Millionen Dollar für den anstehenden Verkauf der Tochterfirma Xpedior. Psinet hatte 80 Prozent an der Web-Consultancy durch die Akquisiton von Metamor Worldwide erhalten. Weitere 504 Millionen Dollar Abschreibungen wurden für die geplante Veräußerung anderer Metamor-Einheiten fällig. Unternehmenschef William Schrader erklärte: "Im Nachhinein betrachtet haben wir Metamor zum falschen Zeitpunkt gekauft."

Psinet wies einen operativen Verlust von 95 Cent je Aktie aus, während die Analysten nach First Call/Thomson Financial mit einem Fehlbetrag von 1,28 Dollar pro Anteilschein gerechnet hatten. Der Umsatz des Unternehmens stieg aufgrund des starken Wachstums im Web-Hosting-Bereich von 140,6 auf 352,5 Millionen Dollar.

Die Anleger reagierten enttäuscht auf die Nachrichten: Das Psinet-Papier sank am gestrigen Donnerstag um 56 Prozent auf 2,94 Dollar. Noch im März war die Aktie mit 60 Dollar gehandelt worden.