Hewlett Packard erweitert Serie 9800 um das Modell 9825

Prozeßrechner im Tischrechnerformat

30.01.1976

FRANKFURT - Als "ernstzunehmende Kleincomputer" gelten Tischrechner wohl erst seit dem Tage, an dem IBM das System 5100 ankündigte. Die Einsegnung dieses Rechnertyps durch die Nummer Eins mag eine Genugtuung für alle diejenigen Hersteller sein - Hewlett Packard an der Spitze -, die seit Jahren auf diesem Markt vertreten sind; können sie doch davon ausgehen, daß ihnen IBM einen guten Teil der Pionierarbeit im Neukundengeschäft abnehmen wird: "Konkurrenz belebt das Geschäft", diese Formel hat hier sicher ihre Berechtigung. IBMs Tischrechner-Debüt hat die renommierten "Calculator-Bauer" jedoch nicht dazu verführt, die Hände in den Schoß zu legen. Im Gegenteil: Bereits fünf Monate nach der Ankündigung des Kompaktrechners 9815 erweitert Hewlett Packard die Serie 9800 um ein Modell 9825, das zwischen den Modellen 9820 und 9830 liegt und zu beiden aufwärts- und abwärtskompatibel ist. Die Neuankündigung dürfte von HP als direkte Konkurrenz zur 5100, keineswegs aber zum eigenen Spitzen-Modell 9830 gedacht sein - als die es sich doch entpuppen könnte, wenn man die Leistungsmerkmale beider Rechner vergleicht (Tabelle). Mit dem 9825-Tischrechner wendet sich Hewlett Packard in erster Linie an technisch-wissenschaftliche Anwender. Als Haupteinsatzgebiete wurden genannt: Prozeßsteuerung, Forschung und Entwicklung, Laborautomation, NC-Steuerung. Die neue Maschine sei jedoch - wie HP betont - auch für den kommerziellen Bereich eine "preisgünstige Alternative zu MDT-Anlagen und Minicomputern". Und schließlich wolle man auch im OEM-Markt ins Geschäft kommen.

Der neue programmierbare HP-Tischrechner 9825 weist Merkmale auf, wie sie bisher eigentlich nur bei Minicomputern zu finden waren: Interrupt in zwei Prioritätsebenen, "Live Keyboard" zur zusätzlichen Eingabe während eines Programmverlaufes, direkter Hauptspeicherzugriff (DMA) unter Umgebung der CPU über schnelle Ein-/Ausgabe-Kanäle mit Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 300 000 Worten ä 36 Bit pro Sekunde.

Herzstück des "Prozeßrechners im Tischrechnerformat" (HP-Slogan) ist ein neuer von HP entwickelter Mikroprozessor.

Kaum größer als eine Zigarrenkiste

Alle Systemkomponenten sind in einem nur 13 Zentimeter hohen Gehäuse untergebracht: Zentraleinheit, Hauptspeicher (8 KB, 16 KB, 24 KB oder 32 KB), Konsole, 32-Zeichen-Leuchtdiodenanzeige (LED), Magnetband-Kassette und Thermodrucker (190 Zeilen/Min., 16 Schreibstellen).

Das Tastenfeld enthält neben einer Schreibmaschinen- und einer Zehnertastatur zwölf frei definierbare Tasten, denen insgesamt 24 Funktionen zugeordnet werden können. Mit der LED-Anzeige und dem eingebauten Thermodrucker lassen sich alphanumerische Texte in Groß- und Kleinschreibung darstellen. Bei dem Modell 9825 wird die neue Miniatur-Kassette verwendet - eine gemeinsame Entwicklung von HP und 3 M. Die Aufzeichnung erfolgt auf zwei Spuren, die Übertragungsrate beträgt 2750 Bytes/Sek. Gesamtkapazität:

250 000 Bytes.

Einfach wie Basic - komplex wie Fortran

Programmiersprache für das HP-Baby (es wiegt nur rund 12 Kilo und wird mit Tragekoffer geliefert) ist HPL (High level programming language), eine ebenfalls neue, formel- und problemorientierte Sprache, die - so HP - "bei der Einfachheit von Basic Fortran-Möglichkeiten bietet". Der HP-Interpreter ist in 24 KB ROM gespeichert. Der Befehlsvorrat läßt sich allerdings mit Hilfe von einsteckbaren 4K-ROMs erweitern, von denen bis zu vier zusätzlich eingesetzt werden können. Sie ermöglichen neben der Programm-Erweiterung die Steuerung umfangreicher Peripherie. Zum Anschluß externer Geräte wie Plotter, Lochstreifenleser, Kartenleser, Zeilendrucker, Digitalisierer und verschiedener Prozeßperipherie verfügt der Calculator über drei I/0-Kanäle, die jeweils bis zu 14 periphere Einheiten bedienen können. Noch in diesem Jahr soll nach Herstellerangaben auch der Anschluß von Floppy Disks möglich sein.

HPs jüngstes Tischrechner-Modell kostet in der Grundausbaustufe mit 8 K Bytes Hauptspeicher, Drucker und Kassette 21 100 Mark und soll bereits im März 1976 verfügbar sein. Die Fertigung des "Leichtgewichtes" befindet sich in Böblingen.

Informationen: Hewlett Packard GmbH, 6 Frankfurt 56, Berner Straße 117