Kolumne

"Prozesskosten sind entscheidend"

09.05.2003
Heinrich Vaske Chefredakteur CW

Aufräumen ist in den IT-Abteilungen das Gebot der Stunde - die CIOs sprechen lieber von Konsolidierung. Potenzial gibt es genug, man denke etwa an das hinlänglich bekannte Beispiel der rund 200 separaten SAP-Installationen in den verschiedenen Regionen und Bereichen des Siemens-Konzerns. Kein Wunder, dass CIO Friedrich Fröschl im laufenden Geschäftsjahr die IT-Ausgaben um 250 Millionen Euro senken zu können glaubt.

Tabula rasa macht auch der neue CIO der Linde AG, Peter Wroblowsky. Er schätzt des Einsparpotenzial in der IT beim Maschinenbauer auf rund 40 bis 50 Millionen Euro - "unser direkter Ergebnisbeitrag", wie der IT-Sanierer betont.

Sparen sich die IT-Anwender kaputt? Die Antwort lautet: nein. Den Gürtel enger zu schnallen ist in diesen Zeiten keine wirkliche Herausforderung. Der Wildwuchs an Plattformen, Applikationen und Netzen ist so groß, dass die Einsparpotenziale auf der Hand liegen. Andererseits lässt sich derzeit besonders günstig einkaufen: IT-Equipment und Dienstleistungen gibt es zu Preisen, wie sie noch vor ein paar Jahren völlig undenkbar waren.

Die Stundensätze im IT-Servicemarkt etwa befinden sich seit dem Jahr 2000 im freien Fall. Auch Hardwareequipment wurde angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute und der Überkapazitäten aus der Dotcom-Zeit immer billiger. Softwareanbieter sind ebenfalls zu Konzessionen bereit - selbst Marktführer wie SAP oder Microsoft geben in Verhandlungen klein bei, auch wenn sie es nicht gerne zugeben.

Am Preisverfall in der IT wird sich so bald nichts ändern. Anwender können sogar auf weitere Nachlässe hoffen. Die Dienstleister sind durch Offshore-Programmierung in Osteuropa und Asien schwer unter Druck geraten. Die Softwareanbieter leiden unter den rasanten Fortschritten im Open-Source-Lager, und die Hardwarespezialisten schaufeln sich durch immer neue Leistungsexplosionen ihr eigenes Grab.

Trotz des Preisverfalls stehen die IT-Verantwortlichen auch in Zukunft unter Druck. Sie werden künftig weniger an den IT- als an den Prozesskosten gemessen. Wie schlagkräftig eine IT-Organisation ist, wird daran festzumachen sein, ob sie in der Lage ist, die Kernprozesse im Unternehmen zu verbessern. Sobald hier auch nur zwei Prozent Effizienzgewinn erreicht werden, interessiert sich niemand mehr für die IT-Kosten. CIOs wie Fröschl oder Wroblowsky wissen das. Schwierig wird ihr Job erst dann, wenn die Aufräumarbeiten abgeschlossen sind.