Journalisten und Gewerkschafter betroffen

Prozess zu Telekom-Spitzelaffäre beginnt

01.09.2010

34 Telefonate abgehört

Das Ausschnüffeln von Gewerkschaftern, Aufsichtsratsmitgliedern und Journalisten hatte in der Öffentlichkeit und bei den Betroffenen einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Von der illegalen Erhebung von Telefondaten in den Jahren 2005 und 2006 waren etwa 50 bis 60 Personen betroffen. Zu den Bespitzelten gehörten etwa Verdi-Bundesvorstandsmitglied und Telekom-Aufsichtsratsmitglied Lothar Schröder und der damalige Redakteur des Wirtschaftsmagazins "Capital", Reinhard Kowalewsky.

Insgesamt sollen 34 Mobil- und Festnetztelefone ausspioniert und deren Daten durchforstet und ausgewertet worden sein. In 42 Fällen soll es laut Staatsanwaltschaft zu illegalen Aktionen gekommen sein.

Die Telekom selbst hatte im Mai 2008 - inzwischen unter dem neuen Vorstandschef René Obermann - Anzeige erstattet. Insgesamt sind vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Bonn 12 Verhandlungstermine für September und Oktober angesetzt.

Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) und der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), die als Anwälte etwa 50 Betroffene vertreten, sehen vor allem die frühere Telekom- Spitze in der Verantwortung und werfen der Bonner Staatsanwaltschaft schwere Versäumnisse und Fehler vor. "Nach allen uns bekannten Fakten hätte gegen Zumwinkel und Ricke Anklage erhoben werden müssen."

Der inzwischen im Ausland lebende Zumwinkel hatte im Februar 2008 neben seinem Amt als Post-Chef auch sein Amt bei der Telekom niedergelegt, als er in Verdacht kam, Steuergelder in Millionenhöhe hinterzogen zu haben. Weil er Geld in Liechtenstein vor dem deutschen Fiskus verbarg, wurde Zumwinkel später auch verurteilt. (dpa/sh)