Sattes Wachstum im Supercomputer-Markt, aber Japaner halten sich zurück:

Protektionismus: Cray fordert Entweder-/Oder-Strategie

17.04.1987

NEW YORK (CWN) - Supercomputer reduzieren Kosten und Entwicklungszeiten für neue Produkte. Daher werden sie in immer neue Branchen vordringen. Marktkenner sagen den Herstellern von Supercomputern glänzende Zeiten voraus - aber das ist kein Grund, nicht auch auf die Konkurrenz, namentlich die japanische. einzuhaken. Gelegenheit gab die zweite jährliche Konferenz über Supercomputing in Minneapolis.

Der Veranstalter der vor allem von Anbietern und Analysten besuchten Tagung, ein in Minneapolis ansässiges DV-Maklerbüro, rechnet die Gewinne der Supercomputer-Hersteller hoch von etwa 800 Millionen Dollar im vergangenen Jahr auf mehr als 2,5 Milliarden im Jahr 1990.

Für viele Jahre sei Supercomputing die Domäne von auf technisch-wissenschaftlichem Gebiet tätigen Firmen, Forschungszentren und Universitäten gewesen, resümiert der Veranstalter. Nun fände es seinen Weg in Branchen wie Pharmazie, Biotechnologie und Chemie.

Cray Research, Hersteller von rund zwei Dritteln der gegenwärtig 244 weltweit installierten Supercomputer, ist der Meinung, seinen Marktanteil in absehbarer Zukunft halten zu können. Das Unternehmen wird nach Erwartung von Brancheninsidern seine Vormachtstellung in den nächsten drei Jahren durch Folgemodelle der Familie X-MP sowie durch die neue Rechnergeneration "Cray-3" sichern.

Räuberische Preise bei Fujitsu, Hitachi, NEC

Marktkenner geraten jedoch zunehmend in Alarmstimmung über die angeblich "räuberische" Preisgestaltung der japanischen Supercomputer-Hersteller Fujitsu, Hitachi und NEC. Außerdem sind sich die einheimischen Hersteller mit der US-Regierung darin einig, daß Japan seinen Markt für 4 amerikanische Anbieter geschlossen hält. "Die Japaner nutzen den Vorteil ihrer vertikalen Integration - besonders bei der Herstellung von Hochgeschwindigkeits-Bauteilen - und ihrer finanziellen Macht, Firmen wie Cray zu unterbieten, meinte ein hochrangiger Tagungsteilnehmer .

Diese Situation erhellt möglicherweise näher eine Bemerkung von Cray-Manager Bob Ewald: "Wir verkaufen aufgrund unserer Leistung, wir konkurrieren nicht über den Preis", erklärte er. "Wenn andere Anbieter das wollen, ist das in Ordnung, aber es hat wohl seine Gründe, warum andere ihre Computer verschenken müssen."

Cray hat sieben Supercomputer in Japan im kommerziellen Bereich installiert. In staatlichen und universitären Bereich Japans blieb dem Unternehmen der Erfolg bisher versagt, da es sich nicht in der Lage zeigte, den technischen Anforderungen dieser Institutionen schnell genug nachzukommen.

Ewald vertrat vehement die Ansicht, daß Protektionismus von amerikanischer Seite die einzig mögliche Antwort sei, falls ein Handelsabkommen zwischen den beiden Ländern nicht zustande komme. "Entweder die Japaner machen ihren Markt auf, oder wir machen den unseren zu", lautete seine Forderung.

Die Amdahl Corporation hingegen, die Supercomputer aus der Fujitsu-Fertigung in Nordamerika und den USA vermarktet, hat dort Schwierigkeiten, sich einen Platz zu erobern, gestand Wayne McIntyre, Direktor der Amdahl-Abteilung Scientific Systems. Das Unternehmen, das strikt an Kompatibilität zu IBMs 70-Architektur festhält, hat bisher erst vier Supercomputer an den Mann gebracht, allesamt an europäische Firmen, die in irgendeiner Weise am Erdölgeschäft beteiligt sind. Amdahl habe es schwergehabt, die Modifikationen vorzunehmen, die in den USA zur Bedingung gemacht werden, erklärte McIntyre. Trotzdem gibt er den Mut nicht auf: "Wir durchlaufen noch einen Lernprozeß", erklärte er. "In letzter Zeit haben wir einige Dinge unternommen, die zum Erfolg führen werden."

Control Datas Supercomputer-Ableger ETA Systems, ein weiterer wichtiger Anbieter in diesem Marktsegment, zog in letzter Minute seine Teilnahme zurück. Eine offizielle Begründung liegt nicht vor. Gerüchte besagen, die Absage des Unternehmens hinge damit zusammen, daß ETAs Bemühungen gescheitert seien, zur Konzernmutter CDC zurückzukehren. ETA Systems habe das gesteckte Ziel nicht erreicht, in diesem Jahr zehn bis vierzehn ihrer Superrechner vom Typ ETA-10 zu verkaufen.