Projektplanung für Mikrocomputer-Einsatz:Hardware-Entscheidung erst an zweiter Stelle

21.11.1980

Gerade die mittelständische Industrie ohne eigenen Expertenstab sieht sich vielfach mit einer unübersehbaren Vielfalt von Hardware- und Software-Angeboten und einer schwer durchschaubaren Fachsprache konfrontiert. Hardware-Auswahl, Software-Entwicklung, Kostenkalkulation und Terminplanung stellen sich sehr oft als unlösbare Probleme dar. Hier gilt es, Entscheidungshilfen zu schaffen, Vorauswahlen zu treffen, für Transparenz von Abläufen zu sorgen und eventuell Alternativlösungen anzubieten.

Die Erfahrung zeigt, daß beim Einsatz der Mikroelektronik hauptsächlich drei Ursachen für die häufigen Kosten- und Terminüberschreitungen verantwortlich sind:

- Mangelhafte technische und wirtschaftliche Planung, so daß insbesondere die Software und die nichttechnischen Kriterien nicht eindeutig genug kalkuliert werden;

- Mangelhafte Problemanalyse, so daß die Hardware überproportional und zu früh Grundlage von Entscheidungen wird;

- Mangelhafter wirtschaftlicher Einsatz der Entwicklungshilfsmittel.

Insbesondere die bei der Auswahl der elektrotechnischen und elektronischen Komponenten bisher übliche Vorgehensweise der Einholung von Angeboten ohne vorherige schriftlich festgelegte Systemanalyse beziehungsweie die gemeinsame, schrittweise Systemkonfiguration mit den Anbietern stellt sich bei der Konzeption von Mikrocomputersystemen als Haupthindernis heraus.

Wegen der üblichen Überbetonung des Hardware-Lieferspektrums der Anbieter werden die organisatorischen und softwaretechnischen Gesichtspunkte zwangsläufig hintangestellt.

Wesentliche Unterscheidungsmerkmale der Mikroelektronik-Technologie zur klassischen Elektrotechnik/ Elektronik sind:

- die Hardware ist lediglich ein Teil der Systemkonfiguration;

- die Funktionsweise des Gesamtsystems wird durch die Programme, deren Umfang und Verhalten bestimmt; - die Testaufwendungen sowie das Qualitätsniveau und die Reife des Gesamtsystems werden vorwiegend durch die internen und externen Software-Schnittstellen bestimmt;

- neben den Hard- und Softwarekosten sind die Aufwendungen für Schulung, Entwicklungsgeräte und Systempflege nicht unerheblich;

- die Kostenanteile der Hardware werden im Vergleich zu den Dienstleistungsanteilen zunehmend geringer.

Der erste Schritt für Mikroelektronik-Projekte kann somit nur sein die Entkopplung der Systemanalyse/Systemkonzeption vom Lieferspektrum eines oder mehrerer Anbieter. Dieser erste Schritt ist die Studie/Beratung über das Gesamtprojekt. Er sollte frei sein von irgendwie gearteten Lieferinteressen.

Projektbegleitung angenehm

Nach der Studie gibt es zwei Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit einem Systemhaus: entweder die Übernahme von Entwicklungsleistungen oder nur die projektbegleitende Beratung durch das Systemhaus.

Im folgenden soll etwas näher auf den zweiten Weg eingegangen werden.

Bei dieser Art der Zusammenarbeit mit einem Systemhaus geht es nicht darum, daß bestimmte Projektphasen von diesem realisiert werden, sondern um die Beratung und Unterstützung der technischen Geschäftsführung bei der Einführung der Mikroelektronik, eventuell sogar bei der Diversifikation.

Die Zusammenarbeit sollte deshalb bereits während der Planungsphase auf Geschäftsleitungsebene beginnen. Inhalt dieser ersten Unterstützung ist zum Beispiel die Prüfung, inwieweit die Grundvoraussetzungen (Mitarbeiter-Know-how, Fertigungs- und Prüfeinrichtungen und so weiter) für dieses Engagement vorhanden sind.

Ebenso wichtig ist eine auf Erfahrung basierende Planung der Projektabwicklung, der Kosten und Termine.

Inhalt der Planung sollte auch die Festlegung der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter sein, das heißt eine zielorientierte Weiterbildung durch herstellerbezogene oder aber neutrale Seminarveranstaltungen.

Aufgabe des beratenden Systemhauses ist es, bis zum Abschluß der Entwicklungs- und Einführungsarbeiten bei der Überwachung der Zielvorgaben mitzuarbeiten, bei Zieländerungen die Konsequenzen aufzuzeigen sowie bei technischen Schwierigkeiten die fachliche Unterstützung zu leisten.

Ziel der projektbegleitenden Beratung ist es, alle beteiligten Abteilungen des Unternehmens bei der Einführung der Mikroelektronik zu unterstützen, so daß diese Technologie dort schnellstmöglich produktiv eingesetzt wird.

Heinz Heßdörfer betreut beim Mathematischen Beratungs- und Programmierdienst, mbp, in Dortmund den Bereich Prozeßautomatisierung und Mikrocomputer.