Projektleiter und Berater kassieren am meisten

24.08.2005
Spezialisierte Entwickler profitieren von steigenden Honorarsätzen. Der durchschnittliche Programmierer kann dagegen keine Zuwächse erwarten.

Zweimal im Jahr analysiert das Projektportal Gulp die Stundensatzforderungen der 56000 Freiberufler, die sich mit ihrem Profil in die Datenbank eingetragen haben. Seit 2002 schraubten die Selbständigen, gebeutelt von der IT-Krise, ihre Honorarvorstellungen kontinuierlich zurück. Selbst nachdem sich der Projektmarkt deutlich erholt hatte und die Unternehmen wieder verstärkt auf Freiberufler setzen, blieben sie in Sachen Geld verhalten. Das ist vorbei: Erstmals nach drei Jahren fordern die IT-Selbständigen wieder mehr, und zwar durchschnittlich 65 Euro in der Stunde. Im August 2004 lag dieser Durchschnittswert noch bei 64 Euro.

Hier lesen Sie …

• wie viel selbständige Programmierer, SAP-Berater und Projektleiter verdienen können;

• ab wann Berufserfahrung in der IT nicht mehr honoriert wird;

• in welchem Bundesland die Freiberufler am meisten verlangen können.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*75253: SAP ist für Freiberufler eine sichere Bank;

*58330: Honoraranalyse Februar 2004

*65365: Freiberufler klagen über Zahlungsmoral.

Geforderte Stundensätze in Euro

2005 2004 2003 2002

Projektleiter 71 69 75 79

Berater 69 68 72 77

Entwickler 60 60 64 68

Trainer 60 60 62 67

Administrator 52 52 57 61

Die Honorare der Boom-Zeit liegen in weiter Ferne. Quelle: Gulp

Getragen wird dieser Zuwachs vor allem von den SAP-Beratern, Entwicklern mit gesuchten Spezialkenntnissen und den Projektleitern, die im Vergleich zum gemeinen Softwareentwickler deutlich mehr verlangen können: So sehen sich die Berater bei 69 Euro und die Projektleiter bei 71 Euro, während sich die Masse der 42 000 bei Gulp registrierten Programmierer wie im vergangenen Jahr bei 60 Euro einsortiert. In den unteren Regionen bewegen sich auch die Trainer (60 Euro), die Qualitätssicherungsexperten (59 Euro) sowie traditionell die Administratoren (52 Euro).

Die teuren und billigen Freiberufler haben es schwer

Ob die Freiberufler diese Honorare durchsetzen können, ist eine andere Frage. Nach den Erfahrungen von Gulp-Manager Stefan Symanek liegen die Forderungen im Schnitt sieben Prozent über den tatsächlich gezahlten Stundensätzen: "Festpreise sind äußert selten. Statt dessen müssen die Freiberufler mit den Projektvermittlern ihren Stundensatz aushandeln." Zwischen dem Preis, den ein Unternehmen für den Freiberufler zahlt, und dem Honorar, das der IT-Profi erhält, liegt die Provision des Vermittlers. Sie beträgt oft 20 bis 30 Prozent des Gesamthonorars, kann aber bei schwarzen Schafen der Branche deutlich höher ausfallen. Diese Erfahrung musste ein Münchner Großrechnerspezialist machen: " Die Kunden zahlen immer noch gut, etwa 85 Euro in der Stunde. Je nach Vermittlungsfirma werden dem Freiberufler aber nur 45 Euro weitergegeben."

Gulp hat auch untersucht, wie viel die Projektvermittler bezahlen wollen, und einen Trend zur Mitte ausgemacht. In mehr als jedem zweiten Fall wird ein Freiberufler kontaktiert, der zwischen 60 und 79 Euro verlangt. Dagegen scheinen sowohl die günstigeren als auch die teureren Freiberufler an Zugkraft zu verlieren. So richteten sich nur noch zehn Prozent aller Kontakte an Spezialisten mit Honoraren über 90 Euro, vor drei Jahren war der Anteil doppelt so hoch. IT-Selbständige, die weniger als 60 Euro veranschlagen, bekamen nur noch ein Viertel aller Anfragen, 2003 waren es noch fast ein Drittel.

Wie viel ein Freiberufler für seine Arbeit verlangen kann, ist nicht nur eine Frage seines Wissens. Alter und Berufserfahrung spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. So ordnen sich 30-Jährige durchschnittlich bei 63 Euro die Stunde ein, während über 40-Jährige von 68 Euro ausgehen. Berufserfahrung ist in der Regel erwünscht und ein großer Pluspunkt, wird aber nur bis zu einem bestimmten Umfang vergütet. Die Projektanbieter sind bereit, für IT-Spezialisten mit 15 bis 19 Jahren Berufserfahrung durchschnittlich 70 Euro aufzuwenden. Danach geht die Zahlungsfreude aber deutlich zurück. Für IT-Profis, die mehr als 25 Jahre Erfahrung mitbringen, werden nur noch 66 Euro angesetzt.

Entscheidend für die Höhe des Honorars ist auch die Region. Seit Jahren machten die Gulp-Experten ein Nord-Süd-Gefälle in der Republik aus: Wenige Projektangebote und niedrigere Honorare im Norden versus viele Angebote und entsprechend hohe Honorare im Süden, lautete bislang die Formel. Mittlerweile scheint aber der lukrative Süden an Attraktivität zu verlieren. Die Hamburger IT-Experten fordern nun mit durchschnittlich 67 Euro in der Stunde sogar mehr als ihre Kollegen in Bayern und Baden-Württemberg (je 66 Euro). Die Spitzengruppe mit 68 Euro besetzen Selbständige aus dem Frankfurter Raum, Hessen, Köln und dem südlichen Nordrhein-Westfalen.

In Bayern wohnen zwar nach wie vor über 10 000 der bei Gulp registrierten Freiberufler, die allerdings nur noch 19 Prozent aller Kontakte erhielten und damit deutlich hinter dem Frankfurter Raum und Hessen landeten.

Gulp-Mitarbeiter Symanek beobachtete zudem, dass die großen Städte gegenüber ländlichen Gegenden verlören. Ein möglicher Grund: Unternehmen aus der Automobilzulieferindustrie, Elektronik und Luft- und Raumfahrt, die zunehmend auf IT-Freiberufler setzen, sind nicht in Großstädten angesiedelt. (am)