Projektkostenverfolgung

06.03.1987

Heinz Wulffen ist Geschäftsführer der PMW

Projektmanagement Wulffen KG in Senden/Westfalen Die Artikelreihe ist ein Auszug aus der Studie "Projektkostenverfolgungssystem (PKV) von Investitionsvorhaben" von Heinz Wulffen.

Die Qualität eines Projektmanagementsystems steht und fällt mit einer permanenten Verfolgung der Projektkosten. Diese zentrale Komponente muß im Bereich der Eigen- und Fremdprojektkosten eine systematische Kostenerfassung, eine zeitnahe Überwachung sowie eine vorgabegerechte Steuerung des Projekts ermöglichen. Nur unter dieser Voraussetzung läßt sich das System in der praktischen Anwendung effizient nutzen. Ein solches Konzept ist sowohl für die planenden und ausführenden technischen Abteilungen als auch für die mit der Projektkostenverfolgung (PKV) betrauten kaufmännischen Fachabteilungen ein unbedingtes Muß. So das Fazit einer Analyse, die auf der Basis eines konkreten Einsatzbeispiels erstellt wurde. Eine Zusammenfassung dieser Studie druckt die COMPUTERWOCHE in drei Folgen ab.

Aussagefähigkeit und einprägsame Darstellung der Planungs-, Überwachungs- und Steuerungsergebnisse in unterschiedlichen Verdichtungsstufen setzen Vergleichbarkeit der Inhalte von Kalkulation, Änderungsdienst und projektbegleitender Kostenverfolgung voraus. Inhaltsgleiche Informationsstrukturen bei der Projektplanung, -überwachung und -steuerung bedingen im wesentlichen eine frühzeitige Projektkostenerfassung durch Strukturierung von Ausschreibungen und Angeboten sowie Strukturierung von Projektierungsaufträgen eines systematischen Korrekturdienstes im Rahmen der turnusmäßigen Projektaktualisierung zur Anpassung der Planungsgenauigkeit. Schließlich muß auch die Verknüpfung der Terminplanung und -verfolgung sowie der Kapazitätsplanung und -verfolgung mit der Kostenplanung und -verfolgung über die Gliederung gegeben sein.

Eine frühzeitige Projektonstenerfassung beginnt mit einer möglichst umfassenden Aufstellung (Checkliste) für den Kalkulation und spätere Projektverfolgung relevanten Positionen Dazu gehört eine Gliederung den Kostenpositionen nach Kalkulations-, Erfassung- und Auswertungskriterien, das heißt, Festlegung der Detallierungs-/Verdichtungsstufen innerhalb der an die Projektstruktur angepaßten

Kostenstruktur. Darüber hinaus Erfüllt das PKV-System folgende Anforderungen:

- Verusachungsgerechte Zuordnung projektindividueller Risikofaktoren zu Kostenpositionen entsprechend der festgelegten Kostenstruktur;

- Vorgaben zur Behandlung der Posten "Unvorhergesehenes" und "Preisgleitungen" für die Kalkulation und spätere Verwaltung angemessener Projektreserven;

- Festlegung terminlicher, sachlicher und materieller Auslösereignisse für Kostenstatusberichte (Meilensteine).

Auch ist die Bestimmung zusätzlicher Klassifikationsmerkmale möglich, um - über die bestehende Feingliederung hinaus - weitere. Kriterien für differenziertere Auswertungen zu schaffen.

Der systematische Korrekturdienst umfaßt grundsätzlich jede Abweichung und die Beseitigung von unbeabsichtigten und fehlerhaften Abweichungen gegenüber technischen und/oder kommerziellen Basisunterlagen und Vorgaben.

Kontrolimechanismen müssen frühzeitig greifen

Ausgenommen sind Abweichungen, die sich aufgrund der üblichen und kommerziellen Aktualisierung von Unterlagen und Vorgaben im Rahmen der Projektbearbeitung ergeben. Mehr- oder Minderlieferungen beziehungsweise -leistungen, die vom Bauherrn über den vertraglichen Umfang hinaus gefordert werden, sind per Vertragsänderungen zu regeln. Hierin sind ein eindeutiges und vereinheitlichtes Reglement für die Erstellung und Bearbeitung von Änderungsanträgen nach Kriterien der ABC-Analyse sowie die Festlegung von Genehmigungs- beziehungsweise Ablehnungskompetenzen enthalten.

Zu jedem Änderungsantrag sind sowohl die Terminstellung für die Änderungsabwicklung als auch der Nachweis über den Bearbeitungsstand der Änderung zu führen. Abgelehnte Änderungsanträge werden gemäß einem Wiedervorlageplan im Zusammenhang mit genehmigten und ausgeführten Änderungen

wiederholt überprüft.

Voraussetzungen für die Systemwirksamkeit sind aufeinander abgestimmte Projekt-, Termin- und Kostenstrukturen des Lieferungs-, Leistungs- und Wertegerüstes sowie die gültige Kostenermittlung entsprechend der Planungsschärfe von Kostenschätzungen beziehungsweise -berechnungen oder -anschlag gemäß DIN 276. Auch sind die Besonderheiten bei der Behandlung von Risiken, Unvorhergesehenes, Preisgleitungen und Änderungen zu fixieren.

Kalkulationsdaten sind nur dann echte Sollwerte mit Maßstabsfunktionen im Rahmen der Projektkostenüberwachung und -steuerung, wenn die Kostenkontrolle bereits bei den Kostenermittlungen einsetzt. Dies bedingt:

- Die einzusetzenden Preise beziehungsweise Kostensätze müssen zum Zeitpunkt der Kostenermittlung aktuell und pro Kostenposition im Vergleich mit Kennzahlen und Richtwerten angemessen sein;

- Preise und Kostensätze sind auf den jeweiligen Projektstatus einmal beziehungsweise phasenweise nach Projektfortschritt anzupassen. Hierfür gelten in der Regel Schätzungen/Erwartungswerte sowie aktualisierte Preislisten;

- Abweichungen müssen dem Projektcontroller frühzeitig durch die zuständigen Projektbearbeiter zur Kenntnis gebracht werden.

Der Projektcontroller ermittelt die Folgekosten der einzelnen Abweichung. Die revidierten Soll-Kosten werden vom Projektcontroller in das Wertegerüst eingegeben.

Der Projektcontroller befaßt sich mit der Analyse der Ausdrucke des Kosteninformationssystems und bewertet zusammen mit den fachlich zuständigen Projektbeteiligten die Bestell- und Baustellensituation. Dazu führt er eine Schätzung der noch zu erwartenden Kosten auf der Grundlage von Kosten/Leistungs-Vergleichen und des Projektfortschritts durch.

Gemeinsam mit dem Projektleiter gibt der Projektcontroller in regelmäßigen Projektbesprechungen eine Trendbeurteilung und erstellt die Abweichungsanalyse mit einem dazugehörigen Ergebnisbericht. Die Abweichungsanalyse besteht aus:

- Gesamtanalyse in Form einer vergleichenden Analyse aller Projektkomponenten;

- Schwerpunktanalyse nur von technisch-kommerziell beziehungsweise kostenmäßig gewichtigen Projektkomponenten (ABC-Analyse);

- Analyse der Restkosten und Kostenrisiken.

Grundlage ist eine Checkliste der typischen Abweichungsursachen, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann, aber die Suche nach Abweichungen vereinfachen soll.

Der Ergebnisbericht der Abweichungsanalyse enthält eine kurzgefaßte Zusammenstellung der wichtigsten Projektdaten, besondere Vorkommnisse während der Projektbearbeitung und einen Vergleich der abweichenden Kalkulationspositionen unter Hinweis auf Abweichungsursachen.

Der Projektcontroller gibt nicht vermeidbare Kostenerhöhungen, aber auch Kostenminderungen als Änderung des erwarteten Bestellendwertes im Einzelnachweis vor. Der Projektleiter veranlaßt verabschiedete Maßnahmen.

Auch Unvorhersehbares wird einkalkuliert

Der Geltungsbereich der Positionen "Risiko, Unvorhergesehenes und Preisgleitung" beinhaltet Standortrisiken, Projektkomponenten, Behebung technischer Fehler, technisch und terminliche Änderungen, Ungenauigkeiten in den Planungsgrundlagen und Preissteigerungen innerhalb festgelegter Zeitspannen Der im Stadium der Projektplanung gegebenenfalls für mehrere Kostenpositionen gemeinsam kalkulierte

Risiko/Reserveposten wird im Auftragsfall auf die entsprechenden Lieferungs- und Leistungskonten aufgeteilt. Hierbei können folgende Kriterien gelten:

- gleichmäßig prozentual;

- Gewichtung nach Unsicherheit bei den einzelnen Kostengruppen;

- Gewichtung nach Schwierigkeitsgrad bei der technischen Ausführung der jeweiligen Lieferung/Leistung.

Die Reservezuordnung (Kontierung) wird vom Projektleiter durchgeführt. Die Reserveverwaltung erfolgt durch den Projektcontroller über einen Vergleich "geplante Reserve/beanspruchte Reserve" aufgrund der Entscheidung durch die Projektleitung. Im Detail wird der Projektcontroller bei Überschreitungen entsprechende Teilbeträge aus den gebildeten Reserven in Anspruch nehmen und den erwarteten Bestellendwert kürzen.

Das Systemkonzept basiert auf der engen Verbindung der ingenieurmäßigen Projektabwicklung mit der kaufmännischen Bestellobligoverwaltung, Rechnungs- und Zahlungsregulierung.

Die hieraus gewonnene Auswertung dient in erster Linie als Arbeitsmittel für die Prüfung und Führung des Deckungsnachweises.

Der Geltungsbereich ist abgegrenzt auf die Änderung der gültigen Kostenermittlung (Kostenschätzung, -berechnung, -anschlag), die Änderung des Bestellwertes und die Änderung des erwarteten Bestellendwertes. Folgende Anforderungen werden gestellt:

- keine Kostenänderung ohne Genehmigung der Projektleitung;

- Nachweis der Änderungsursachen, Angabe der geänderten Basisunterlagen und technisch-kommerziellen Vorgaben;

- Verursacher von Kostenänderungen zugleich Antragsteller;

- Übersicht der Folgekosten einer Änderung, gegebenenfalls Aufstellen neuer Plandaten durch den Fachverantwortlichen;

- gründliche Prüfung der Notwendigkeit von Änderungen und Koordination aller betroffenen Stellen durch die Projektleitung.

Korrekturen nur im Einzelnachweis möglich

Kontaktperson für alle Änderungsmitteilungen ist zunächst der Projektcontroller, der die Änderungen im Zusammenwirken mit dem Fachverantwortlichen gegenprüft, bewertet und dem Projektleiter zur Genehmigung vorlegt. Korrekturen können nur im Einzelnachweis vorgenommen werden. Zu korrigierende DM-Werte gehen nur in das "gültige Budget" und "zu erwartende Kosten" ein.

Der Arbeitsfortschritt ist in diesem Zusammenhang definiert als Quotient aus der Summe aller abgearbeiteten Vorgaben zu gesamten Vorgaben je technisch-funktionaler Einheit des Bezugs-Lieferungs-beziehungsweise -Leistungsgerüstes unter Berücksichtigung der Zeitachse und der Mengen-/Leistungsvolumenkurve aus der Durchlaufterminierung.

Das EDV-Konzept stellt sich folgendermaßen dar: Beim PKV-System

handelt es sich um ein interaktives Projektkostenerfassungs-, Prüf- und Auskunftssystem im Bildschirm-Dialogverkehr. Folgende Anforderungen werden an die DV-Unterstützung gestellt:

- Schaffung von organisatorischen Voraussetzungen für die Eingaben mit dem Ziel der Arbeitsvereinfachung durch Nutzung von Bildschirmmasken;

- Einrichtung automatischer Gültigkeitsprüfungen am Datenerfassungsterminal (Kosten kalkuliert, gültige Standardkontierung, genehmigte Kostenänderung, lückenlose

Kontierung);

- Datenbestandssicherung durch Speicherschutzeinrichtungen gegen Fremdzugriff: Berechtigungsprüfung durch das System, Änderungsprotokollierung als Ergänzung zu Bildschirmanzeigen;

- Anforderung an die für einen aktuellen Informationsaustausch geeigneten Datenbankdienste: Eröffnung und Verwaltung der Projektstamm- und -auswertungsdateien (siehe Abbildung 2).

Es erfolgen programmtechnische Datenübernahme aus Bestell-, Rechnungs- und Zahlungsunterlagen der Positionen "bestellt/Obligo, noch zu bestellen und erwarteter Bestellwert" sowie ein Vergleich von Bestellung Zahlung, Rechnung und die Anpassung der Bestellwerte an Rechnungswerte.

Auch sind die Zahlungen zu Bestellpositionen zuzuordnen und die Rechnungen und Zahlungen ohne Bestellung auszuweisen. Weiter wird die Fortschrittsermittlung durchgeführt und die Aufwand/Leistungs-Kennziffer als Quotient aus Arbeitsfortschritt zum Fertigstellungswert errechnet.

Hinzu kommt die Anpassung an Schnittstellen aus Kontenrahmen und Kontengliederung der Anlagenbuchhaltung und dem Vermögensplanüberwachungssystem. Auch werden die Baustandsberichterstattung und Verwendungsnachweise in Zusammenhang mit der Abwicklung staatlicher Zuschüsse sowie die Projektfinanzierungsplanung berücksichtigt.

Eine sachgemäße Dokumentation ist aus Gründen der Ordnungsmäßigkeit und Zuverlässigkeit der DV notwendig. Die Dokumentationsunterlagen sollten so beschaffen sein, daß sie

- einen Nachweis für die ordnungsmäßige und störungsfreie Arbeitsweise darstellen;

- eine aktuelle, vollständige und transparente Arbeitsunterlage für jede Art von Revision und Kontrolle darstellen (insbesondere sollte ein sachverständiger Dritter in der Lage sein, den Ablaufen in angemessener Zeit folgen zu können);

- den Bereichen und Abteilungen als ständige Arbeitsunterlage für Änderungen und Ergänzungen dienen zu können (nur so ist die Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Ablaut gegeben).

Der sorgfältigen Gestaltung der Benutzer-Systemdialoge kommt daher in zweifacher Hinsicht große Bedeutung zu. Der praktische Einsatz wird weitgehend davon abhängig, ob es gelingt, das System den Arbeitserfordernissen des Benutzers flexibel anzupassen.

Dies bedeutet, daß bei der Gestaltung der Ablauffolgen darauf zu achten ist, daß der Benutzer nicht vergewaltigt wird durch eine starre, allein systemtechnischen Gesichtspunkten folgende Dialogführung. Andererseits muß gewährleistet sein, daß die Systemverfügbarkeit nicht durch unnötige Verarbeitungsintensität in Frage gestellt wird. Die Dialogaufgaben sind daher von zeitaufwendigen Verarbeitungsfolgen freizuhalten. Diese sollen in der Regel in der Batch-Verarbeitung gelöst werden. Das gilt in besonderem Maße für die Dialoge im operationalen Bereich.

Nach der Erarbeitung der anwenderspezifischen Konzeption des Projektcontrolling hinsichtlich der erforderlichen organisatorischen Abläufe in ihrem Zusammenhang sowie der Arbeitsmittel, insbesondere DV Unterstützung, mit ihren administrativen Anforderungen ist bei der Realisierung des DV-gestützten PKV-Systems wie folgt vorzugehen:

- differenzierte Darstellung des Informations- und Entscheidungsflusses;

- Festlegung der Informationsinhalte und -formen unter Berücksichtigung der Gegebenheiten von Datenerfassung, -übermittlung, -auswertung und der Schnittstellen zu anderen Teilsystemen;

- Einbezug, gegebenenfalls Anpassung vorhandener Schlüsselsysteme nach Inhalt, Umfang, logischem Aufbau, Anwenderfreundlichkeit, DV-mässigen Gesichtspunkten;

- Beschreibung der Anwendungssoftware und der Hardware-Voraussetzungen, Auswahl von Standard-Software;

- Darstellung und Erläuterung - nach Inhalt und Form - aller Eingaben und Ausgaben sowie der mit der DV-Lösung zusammenhängenden administrativen Abläufe;

- Vorgabe von programmtechnischen Prüf- und Kontrollverfahren im Bereich der Datenerfassung und -eingabe sowie von manuellen Prüf- und Kontrollverfahren im Bereich der Datenweiterleitung;

- Bestimmung der Anforderungen an die grafischen Darstellungen;

- Systemspezifikation, Programmierung und Tests.

Im ersten Teil seiner Artikelserie gab Heinz Wulffen einen Überblick über die betriebswirtschaftlichen Grundlagen und die Ziele des Projectcontrolling. Hinzu kam eine Kurzbeschreibung des DV-gestüzten PKV-Systems. Gegenstand der zweiten Folge sind die organisatorischen und administrativen Anforderungen an das PKV-System, die Systemhandhabung sowie das DV-Konzept. Im dritten Teil werden für die Realisierung des PKV-Sytems die HIPO-visuelle Inhaltsübersicht und das Datenmanagement gezeigt sowie die Bildschirmmasken, die Layout-Listen und die Grafiken des Systems vorgestellt.