Kostenplanung und -überwachung bei der Fraunhofer-Gesellschaft:\

Projektkalkulation in einem Dialog-subsystem

25.09.1981

MÜNCHEN - Ist Forschung planbar? Nicht immer in Ihren Ergebnissen, jedoch hinsichtlich ihrer Kosten. Die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG), eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Trägergesellschaft für angewandte Forschung, wird in ihren vielfältigen Randbedingungen durch ein integriertes, computergesteuertes Verwaltungs- und Kontrollsystem unterstützt.

Die FhG arbeitet im Auftrag von Staat und Wirtschaft; Hauptaufgabe ist der Technologie-Transfer von der anwendungsorientierten Grundlagenforschung in die industrielle Praxis: Neue Technologien sollen die Volkswirtschaft im internationalen Rahmen stärken.

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist dezentral organisiert. In rund 30 regional über die gesamte Bundesrepublik verteilten Instituten, die rechtlich und organisatorisch der Zentralverwaltung in München zugeordnet sind, werden derzeit jährlich an die 2500 Forschungsprojekte auf natur- und ingenieurwissenschaftlichen Gebieten bearbeitet. Je nach Art der Finanzierung müssen unterschieden werden:

-Vertragsprojekte, die durch Industrie finanziert werden (und zumeist

auf Festpreisbasis laufen);

-Vertragsprojekte, die durch öffentliche Auftraggeber finanziert werden (und zumeist mit Selbstkosten-Erstattungspreis abzurechnen sind);

-Vertragsprojekte, die zum Teil durch Auftraggeber, zum Teil durch

Zuschüsse finanziert werden;

Eigenprojekte (zum Beispiel für die Erschließung neuen Know-hows), die voll durch Zuschüsse finanziert werden.

Der Zuschußbedarf ist eine der kritischen Größen. Er wird für die Gesamt-FhG im Wirtschaftsplan verbindlich festgelegt. Die Disposition dieser Mittel muß vielschichtigen Einflußgrößen Rechnung tragen, unter anderem der Zukunftsträchtigkeit von Eigenprojekten und den Beschäftigungsschwankungen einzelner Institute.

Aktuelle Übersichten im laufenden Jahr sollen hierzu Entscheidungsunterlagen liefern.

Eine weitere Anforderung an das EDV-System war es, das einzelne Projekt in seiner Kostenentwicklung transparent zu machen, mit Planansätzen zu vergleichen, anormale Entwicklungen zu signalisieren und seine Abrechnung zu unterstützen; Hierzu ist ein hierarchisch aufgebautes Informationssystem erforderlich, das jedem Verantwortungsträger die für ihn relevanten Daten liefert.

Die Lösung

Planung und Überwachung sollen durch die Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Werten unterstützt werden.

Als Soll-Werte werden in einem Dialog-Subsystem die Projektkalkulationen erfaßt. Dies gilt für Projekte aller Finanzierungsarten, sie sind jedoch unterschiedlich in der Planungstiefe. Eingegeben werden dabei die im Auftragsschreiben genannten Kosten - detailliert nach Kostenarten und Jahren sowie der oder die Träger dieser Kosten.

Weitere Soll-Größen sind die jährlichen Wirtschaftsplanwerte, die je Institut in Kosten- und Erlösarten als Budget vorgegeben werden.

Ist-Werte sind - in gleicher Gliederung wie die Soll-Vorgaben -:

- im Personalkosten-Bereich die Vergütungen der Mitarbeiter (sowie ihre tariflichen und gesetzlichen Nebenkosten),

- im Sachkosten-Bereich alle Aufwendungen an Verbrauchsmaterialien,

- im Investitions-Bereich Gebäude und Geräte.

Alle Ist-Werte durchlaufen ein Buchhaltungssystem und werden zusätzlich zum Hauptbuch auf Nebenbüchern verbucht zu

- Projekten, sofern sich die Kosten hier direkt zuordnen lassen, sonst auf - Verrechnungskostenstellen.

Damit sind Abstimmprobleme zwischen Buchhaltung und Kostenrechnung ausgeschlossen: Die Zahlen sind identisch.

Die Kosten auf Verrechnungskostenstellen werden per Standard-Kostenrechnung mit vorkalkulatorisch ermittelten Durchschnittssätzen den über Zeitaufschreibungen auf Projekt kontierten Personalkosten zugeschlagen. Abgrenzungsposten signalisieren ungeplante Veränderungen der Durchschnittssätze. Zum Jahresabschluß werden sie im Rahmen einer vollmaschinellen Nachkalkulation aufgelöst.

Die Laufzeiten der Projekte schwanken zwischen einigen Monaten und mehreren Jahren, wobei es unterschiedlichste Regeln bezüglich des Zeitpunkts der Fakturierung gibt. Um trotzdem ständig aktuelle Erfolgsübersichten erstellen zu können, wird bei fehlenden Abrechnungen eine monatliche Fakturierung simuliert, indem zu allen angefallenen Kosten die zugehörigen Erlöse fiktiv ermittelt werden. Die Ergebnisse werden dann auf das Gesamtjahr projiziert.

Die wichtigsten Druckausgaben

Besondere dispositive Hilfsmittel sind eingesetzt für die Mittelüberwachung von Investitionen. Vor jeder Beschaffung wird dialog die Deckung geprüft, die Mittel hierzu werden reserviert. Die Bestellungen werden mit einem Einkaufs-Dialogsystem geschrieben und verwaltet. Die Geräte werden im Dialog inventarisiert und verwaltet.

Ein weiteres Subsystem unterstützt den Personalbereich bei der Bewirtschaftung der bewilligten Mitarbeiterstellen. Das System berücksichtigt die starke Untergliederung der FhG und die Vorhaltung unterschiedlicher Einzelpläne.

Die geographischen Gegebenheiten würden eventuell einen Online-Anschluß der Institute an den Rechner der Zentralverwaltung in München zweckmäßig erscheinen lassen. Dem stehen jedoch zur Zeit die hohen Leitungs- und Hardware-Kosten entgegen. So werden bislang die Eingabedaten beziehungsweise Ausgabelisten per Post versandt.

Die wichtigsten Ausgabelisten sind neben den zur Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung gehörenden Unterlagen (Journal, Konto, Saldenliste, Bilanz) als Dispositionsunterlagen

- die Wirtschaftsplanüberwachung

- die Projektüberwachung und

- die Projektabrechnung.

Die Grafikausgabe

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte." Die FhG hat speziell für eine bessere Akzeptanz bei Wissenschaftlern diese Volksweisheit umformuliert in "Eine Grafik sagt mehr als tausend Zahlenreihen". Nach unbefriedigenden Experimenten mit auf normalen Druckern erzeugten Kurven ist schließlich die Entscheidung zum Einsatz eines Plotters gefallen.

Die relativ geringen Aufwendungen haben sich bezahlt gemacht, da auf diesem Wege auf wenig Papier die entscheidenden Aussagen anschaulich dargestellt werden konnten: Es werden Tendenzen deutlich, farbige Kurven zeigen zum Vergleich die Vorjahresverläufe, Verbalhinweise leiten von der Darstellung zur beeinflussenden Maßnahme über.

Einige Basisfunktionen wurden bei Beginn des EDV-Projektes Mitte der siebziger Jahre durch Standard-Software abgedeckt: Buchhaltung und Basis-Kostenrechnung. Dies hatte den Vorteil, kurzfristig die Analyse und Programmierung der komplexeren Individual-Probleme angehen zu können. Der heutige Bestand von rund 150 Programmen mit über 130 000 geschriebenen Befehlen deckt alle wesentlichen Bereiche ab.

Da bereits in der ersten Phase mit dem BS2000-Betriebssystem gearbeitet wurde, hat es bei der FhG keine Lochkarten-Ära gegeben. Die Programmentwicklung erfolgt ohne Ausnahme im Dialog. Auch die andere traditionelle Unterlage herkömmlichen Programmierens, der Kernspeicherauszug nach einer Programmunterbrechung, ist durch die leistungsfähige Testhilfe des BS2000 (IDA) für die FhG-Programmierer von Anfang an überflüssig gewesen.

Die Programmiersprache war - vorgegeben durch die Standard-Software - bislang Assembler, seit Anfang 1980 werden neue Programme in Cobol geschrieben.

Bei der Dialog-Programmierung wurde das Siemens-Software-Tool "Formplag" benutzt. Hiermit waren relativ kurze Entwicklungszeiten möglich.

Geht es auch ohne TP-Monitor? Die FhG bejaht diese Frage für ihre Anforderungen ohne Einschränkung. Obwohl zum Beispiel die Buchhaltungsdaten (zirka 20 000 Buchungen je Monat) von bis zu sieben Datensichtgeräten dialog erfaßt und in eine Erfassungsdatei abgestellt werden, gab es keine Schwierigkeiten mit Response-Zeiten. Auch das Problem der Simultan-Aktualisierung läßt sich mit Hilfe einiger BS2000-Makros auf einfache Weise steuern.

Natürlich gibt es Grenzen, ab denen es unwirtschaftlich wird, das gleiche Programm mehrfach im Haupt- beziehungsweise virtuellen Speicher zu führen. Im Vergleich mit dem alternativ notwendigen Overhead für den TP-Monitor sollte man nach den Erfahrungen der FhG die Grenzen jedoch relativ hoch ansetzen.

Die Hardware

Bild 6 zeigt die derzeitige Konfiguration, die seit einigen Monaten im Einsatz ist. Hardware und Betriebssysteme haben sich als sehr stabil erwiesen: Der ungeplante Ausfall läßt sich über den gesamten Zeitraum mit ein bis zwei Stunden beziffern.

Hinsichtlich der Peripherie wird eine wichtige Anforderung durch die Stationsdrucker erfüllt: Einkaufsbestellungen, Überweisungsträger sowie Inventarlisten können damit nach Dialog-Aufbereitung direkt "vor Ort" ausgegeben werden.

Weitergehende Planungen (verstärkter Datenbankeinsatz) und Wachstum der FhG (1981 werden drei neue Institute eingegliedert) haben es geraten erscheinen lassen, in absehbarer Zeit die nächsthöhere Zentraleinheit (Modell 7.541) einzusetzen.

*Klaus Ruggaber, Leiter des Referates Betriebswirtschaft/EDV der Fraunhofer-Gesellschaft, München; Ulrich Bogen, Geschäftsführer der M.O.S Beratungsgesellschaft für Manegement-Operations-Systeme m. b. H., Herzogenaurach.