Projekte scheitern an falschen Zielen

29.05.2006
Von Alexander Rickert

Schätzung laufend anpassen

Während des Projektverlaufs wird die Schätzbreite immer geringer und liegt zum Projektende natürlich bei null. Leider unterbleibt es oft, während des Projekts die Aufwandsschätzung zu überprüfen und anzupassen, da die erste Schätzung zur Budgetfestlegung, als Zielvorgabe und damit als Messlatte für den Projekterfolg zementiert wurde. Werden die Überschreitungen erst nach Ausschöpfen des Budgets bemerkt, können Folgeaktivitäten nicht rechtzeitig angepasst werden. Dies führt dazu, dass Test- und Qualitätssicherung dem Budget- und Termindruck zuerst geopfert werden, da diese am Ende des Projekts stehen. Unter anderem ist das ein Grund für die beklagte sinkende Softwarequalität.

Fazit: Wer fortlaufend die Aufwandsschätzung überprüft, kann die Planung frühzeitig überarbeiten.

Risiken quantifizieren

Auf jeden Fall gilt es, zumindest die Unsicherheit zu quantifizieren und damit Wissen zu gewinnen, wie verlässlich der ins Auge gefasste Termin und das Budget ist. Für scheinbar unkalkulierbare Einflüsse auf Entwicklungsprojekte wie fehlerhafter Zeitplan, Inflation der Anforderungen, Mitarbeiterfluktuation, Spezifikationskollaps und schwankende Produktivität gibt es branchenspezifische Erfahrungswerte unter der Web-Adresse http://www.systemsguild.com/riskology/. Mit Hilfe eines Excel-Sheets sind Schätzungen möglich, mit welcher Wahrscheinlichkeit Projekte abgeschlossen werden können. Das heißt, es lassen sich Termine nennen, zu denen sich ein Projekt keinesfalls, mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent und auf jeden Fall fertig stellen lässt. Der erste Zeitpunkt wird als Nano-Prozent-Datum bezeichnet, weil die Wahrscheinlichkeit im Nano-Prozentbereich liegt.

Erfolgsfaktor Unternehmenskultur

Zu erfolgreichen Projekten trägt eine Unternehmenskultur bei,

  • die über spannenden technischen Herausforderungen nicht die Risiken ignoriert;

  • die die Haltung "Irgendwie wird es schon gehen" oder "Failure is no option!" meidet;

  • die die Lösungsfindung nicht auf denjenigen abwälzt, der das Problem entdeckt hat;

  • die Zeitgewinne nicht als manipulierte Terminplanung diskriminiert und

  • die eine einmalige kürzere Realisierungszeit nicht als generelle Berechnungsgrundlage für künftige Schätzungen nimmt.