Exklusive Gehaltsstudie der COMPUTERWOCHE YOUNG PROFESSIONAL

Programmierer müssen zurückstecken

08.10.2002
Die Einkommen der IT-Spezialisten stagnieren, und Nullrunden sind angesagt. Trotzdem muss der Nachwuchs nicht darben: Die Young Professionals bis 30 Jahren erreichen ein Jahresgehalt von immerhin 48 411 Euro. Das ergab die aktuelle Studie der Computerwoche und des Personalexperten Professor Christian Scholz. Von Hans Königes

So schnell kann es gehen. Noch vor einigen Monaten stand im Vorstellungsgespräch vor allem die Höhe des Gehalts im Vordergrund. Der Bedarf an Mitarbeitern war groß, und aus Angst, einen Bewerber an die Konkurrenz zu verlieren, waren Unternehmen bereit, zum Teil sehr hohe Gehälter zu zahlen. Personaler und Bewerber schaukelten sich bei den Gehaltsverhandlungen gegenseitig hoch.

Die aktuelle Gehaltsstudie zeigt nun, dass die Einkommen kaum gestiegen sind. Andererseits öffnet sich die Einkommensschere zwischen den Quereinsteigern und den sehr gut Ausgebildeten immer weiter. Bestes Beispiel dafür sind die Einkünfte der IT-Spezialisten mit MBA-Abschluss und Doktortitel. In diesem Jahr erreichen Erstere ein Gehalt von rund 112 000 Euro, was ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die promovierten Computerfachleute machen einen noch spektakuläreren Einkommenssprung. Lagen sie im Vorjahr noch im Durchschnitt bei rund 80 000 Euro, dürfen sie sich jetzt auf 100 000 Euro freuen. Von solchen Einkommenssteigerungen können IT-Experten mit anderen Abschlüssen nur träumen. Denn die Gehälter der Computerfachleute mit einem Universitäts- , Fachhochschul- und Berufsakademie-Abschluss, sind kaum gestiegen und bewegen sich im Durchschnitt zwischen 62 000 und 68 000 Euro im Jahr.

Gutes Auftreten = mehr Geld

Um gleich ein Missverständnis, das in den vergangenen Jahren zu Fehlinterpretationen und vielen Anfragen geführt hat, auszuräumen: Wenn nicht ausdrücklich auf etwas anderes hingewiesen wird, handelt es sich bei diesen Zahlen um Durchschnittswerte aller Teilnehmer der Umfrage. Wenn also zum Beispiel von 100 000-Euro-Einkommen die Rede ist, sind damit keine Einstiegsgehälter gemeint, sondern der Durchschnitt aller Teilnehmer beispielsweise mit einer Promotion.

Ein für die Gehaltsfindung wesentlicher Faktor ist die Selbsteinschätzung der Befragten. Zum dritten Mal fragten wir, ob sich die Teilnehmer als "Top"- oder als "Well-Performer" einstufen. Die Korrelation zwischen Selbsteinschätzung und Verdienst trat klar zutage: Wer sich gut verkauft, bekommt um einiges mehr. Damit können sich all jene bestätigt fühlen, die die Personaler schon immer im Verdacht hatten, dass diese nicht so sehr nach objektiven Kriterien einstellen, wie sie immer vorgeben, und dass sie sich von einem souveränen Auftreten schon mal blenden lassen. Dies beweist das Ergebnis der Studie: Selbsternannte Top-Performer erreichen ein Jahresgehalt von 72 910 Euro, Otto Normalbewerber gibt sich mit 57 073 Euro zufrieden. Im Vor-jahr betrug die Spanne zwischen den beiden Gruppen noch 10 000 Euro, jetzt ist sie auf 15 000 Euro gestiegen. Das bedeutet sicherlich nicht, dass nun die Blender auf dem Vormarsch sind. Doch es wird immer wichtiger, sich gut zu verkaufen. Ebenfalls in diese Kategorie passt ein weiteres Ergebnis: Da sich Frauen in der Regel schlechter verkaufen als Männer, verdienen sie auch weniger. Ganze zehn Prozent macht der Unterschied aus. Gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber anderen Branchen ist dies allerdings schon als Fortschritt zu werten: 2001 betrug der Unterschied 15 Prozent, und Ergebnisse anderer Studien sprechen von einer Gehaltsdifferenz von bis zu 30 Prozent zu Ungunsten des weiblichen Geschlechts.

Gestoppt wurde eine Entwicklung der vergangenen beiden Jahre, von der man ursprünglich ausging, dass sie sich fortsetzt: der Anstieg der Zusatzleistungen. Diese stagnieren auf dem Niveau des Vorjahres. Die Arbeitgeber treten nicht nur bei den Grundgehältern, sondern auch bei den Nebenleistungen wie Projektprämien, Boni, Handys oder Dienstwagen auf die Kostenbremse. Verständlich: Wenn nichts da ist, gibt es auch nichts zu ver-teilen. Bei Informatikern beträgt der leistungsbezogene Anteil rund 8000 Euro, bei den Betriebswirten 12 500 Euro, während er bei den Wirtschaftsinformatikern rund 6000 Euro ausmacht.

Eindeutig bestätigt hat sich allerdings eine andere Tendenz: Informatiker verdienen besser als Wirtschaftsinformatiker. Erstere bringen 65 500 Euro im Jahr nach Hause, Letzere 55 500 Euro. Für beide Gruppen bedeutet das ein leichtes Plus gegenüber dem Vorjahr. Am meisten dürfen sich die Betriebswirte und die Ingenieure freuen, die auf ein Salär von rund 68 000 Euro kommen.

Weniger Gehalt für Topmanager

Zum dritten Mal hat die Studie auch die Gehälter der obersten Führungsebene ermittelt. Im Durchschnitt erreicht ein IT-Vorstand beziehungsweise ein Geschäftsführer etwa 83 000 Euro per annum, was einem Rückgang von über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Immerhin dürfen sich die oberen fünf Prozent in dieser Gruppe über ein Durchschnittsgehalt von 214 000 Euro freuen. Auf der zweiten und der dritten Ebene hat es immerhin einstellige Zuwächse gegeben. 2002 erreicht die zweite Ebene 74 730 Euro und die dritte 69 74 000 Euro.

Führungsverantwortung wirkt sich besonders stark auf das Einkommen aus, "wenn nicht sogar am stärksten", wie der Saarbrückener Professor Christian Scholz meint. Nach der aktuellen Berechnung kommt ein Manager mit bis zu fünf Jahren Führungserfahrung auf etwa 58 000 Euro, mit bis zu 15 Jahren darf er gar mit durchschnittlich 83 000 Euro rechnen.

Berater wieder vorne

Die Teilnehmer wurden außerdem gebeten, sich als Junior, Senior oder Leiter einzustufen. Der Junior musste Einbußen im einstelligen Prozentbereich hinnehmen und kommt auf 45 000 Euro, der Senior darf sich über ein leichtes Plus freuen und erreicht 65 000 Euro, und beim Leiter hat sich nichts verändert, er bleibt bei 76 000 Euro.

Branche und der Ort beeinflussen das Salär ebenfalls. Keine Überraschung dürfte sein, dass in den Software- und Beratungshäusern gut gezahlt wird - allerdings nicht mehr am besten, wie das voriges Jahr der Fall war. Die Studie weist hier einen Durchschnitt von 70 000 Euro aus, was in etwa dem Wert des Vorjahres entspricht. Besser gezahlt wird in diesem Jahr bei den Finanzdienstleistern und in der Konsumgüterindustrie, wo die Gehälter die 80 000-Euro-Marke überschreiten. Das Schlusslicht bildet der öffentliche Dienst mit 37 500 Euro. Allerdings dürfte gerade wegen der schwierigen Arbeitsmarktlage das Thema Sicherheit ein nicht zu unterschätzendes Argument sein, das für Vater Staat spricht, weshalb selbst das niedrige Gehalt die Bewerber nicht abschrecken wird. Auch der Handel mit 48 000 Euro zeigt sich eher knausrig im Vergleich zu den anderen Branchen.

Wie auch im vergangenen Jahr gelten München und Frankfurt am Main als die Hochburgen der Programmierer. Die Einkommen in diesen Städten liegen im Durchschnitt zwischen 66 000 und 68 000 Euro. Unter den Großstädten liegen die Regionen Berlin und Nürnberg aus Arbeitgebersicht mit 46 000 Euro beziehungsweise 65 000 Euro am günstigsten. Laut Studie verdienen IT-Spezialisten in Großstädten mit mehr als 300 000 Einwohnern rund 11 000 Euro mehr als in Städten zwischen 30 000 und 300 000 Einwohnern.

Unter den Berufsgruppen schneiden wie auch im Vorjahr die Berater am besten ab, und sie sind auch diejenigen, die sogar einen kleinen Gehaltszuwachs erzielten. Consultants erreichen im Durchschnitt fast 77 000 Euro. Bei den reinen Spezialisten sind die Datenbankexperten auf der Siegerstraße, die ihr Gehalt um fast zehn Prozent auf 71 000 Euro steigern konnten. Die Netzwerk- und Systementwickler dagegen müssen ein kleines Minus in Kauf nehmen und verdienen um die 62 000 Euro.

Logistiker überholen Vertriebler

Auch die Entwickler haben sich an schwierigere Zeiten zu gewöhnen: Nach 58 000 Euro im Jahre 2000 und 55 000 Euro im Vorjahr sind sie jetzt bei 53 000 Euro angekommen. Vergleichsweise weniger gut bezahlt sind die Betreuer-Jobs - das ist schon immer so gewesen. Der Anwendungsbetreuer nimmt 48 000 Euro mit nach Hause, und der Netzwerkadministrator muss sich gar mit 44 000 Euro begnügen.

Sortiert nach Einsatzbereichen verdienen IT-Spezialisten zum ersten Mal in der Logistik am meisten, erreichen aber gerade noch das Vorjahresgehalt mit fast 76 000 Euro. Die Vertriebler, die bisher die Rangliste immer anführten und im Vorjahr bei fast 80 000 Euro lagen, sind jetzt bei 74 000 Euro gelandet. Die IT-Marketiers liegen bei 65 500 Euro und verbesserten sich unwesentlich gegenüber dem Vorjahr.

Scholz hat auch eruiert, wie viel ein IT-Spezialist mit einem bestimmten Schwerpunkt-Know-how verdient. Dabei wird zunächst nicht berücksichtigt, welche weiteren Kenntnisse der Profi mitbringt. Bei den Programmiersprachen fällt beispielsweise auf, dass zurzeit die Profis mit Smalltalk-Kenntnissen gut im Rennen liegen und durchschnittlich 80 000 Euro verdienen. C++-Leute dagegen haben im Schnitt 60 000 Euro in der Tasche. Und bei den Datenbanken haben die Oracle- und DB2-Profis die Nase vorn: Siw dürfen sich über 67 000 bis 70 000 Euro freuen.

Die Studie

Im Frühjahr und Sommer 2002 organisierte die COMPUTERWOCHE YOUNG PROFESSIONAL gemeinsam mit Christian Scholz, Professor für Organisation, Personal- und Informations-Management an der Universität Saarbrücken, ihre dritte Vergütungs-Untersuchung. Der Fragebogen war in der COMPUTERWOCHE abgedruckt, konnte aber auch über das Internet ausgefüllt werden, wofür sich auch über 90 Prozent der Teilnehmer entschieden.

An der Aktion beteiligten sich 920 Einzelpersonen und 45 Unternehmen. Damit es zu keinen statistischen Verzerrungen kommt, wurden Firmenfragebögen, die für mehrere Mitarbeiter der gleichen Gehaltslage galten, als nur einer gewertet.

Wenn von Jahresgehältern die Rede ist, sind alle Zusatz- und Nebenleistungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld über Unfallversicherung bis zum Dienstwagen berücksichtigt. Die Studie hat die Einkommen in eine Grund- und eine Gesamtvergütung unterteilt.

Die Teilnehmer erhalten im Oktober die Ergebnisse. Interessenten, die den Fragebogen nicht ausgefüllt haben, können gegen eine Gebühr (50 Euro für Einzelpersonen, 500 Euro für Unternehmen) den Band bei Maria Scholz, Am Hüttenwald 10, 66894 Rosenkopf, Telefon 06372/61172, E-Mail: Maria.Scholz@internetbefragung.de, anfordern. Die Ergebnisse für Einzelpersonen sind auf deren Profil zugeschnitten, während die Studie für die Unternehmen alle Daten beinhaltet. Öffentlich vorgestellt werden die Resultate auf der Münchener Systems im Rahmen des COMPUTERWOCHE-Forum Jobs & Karriere am 14. Oktober 2002 um 12.30 in Halle A4.

Gehaltsratgeber

Gehaltsverhandlungen gehören mit zu den schwierigsten Situationen im Berufsleben. Verdiene ich wirklich so viel, wie ich wert bin? Kann ich in schlechten Zeiten überhaupt mehr Lohn fordern? Diese und andere Fragen mag sich so mancher IT-Profi stellen. Ein Patentrezept für das richtige Vorgehen gibt es nicht. Dennoch will Young Professional ihren Lesern Hilfestellung geben. Unter www.youngprofessional.de oder www.computerwoche.de findet sich vom 28. Oktober bis zum 10. November 2002 ein Gehaltsratgeber, den der Frankfurter Personalberater Michael Neumann betreut. Er ist auf die IT-, Finanz- und Versicherungsbranche spezialisiert und wird alle Fragen rund um das Thema IT-Vergütung beantworten und dabei die Ergebnisse der aktuellen CW-Gehaltsstudie berücksichtigen.