Prognosen eines DV-Propheten:Trend zu schlankeren DV-Lösungen und Gemetzel am Mikromarkt

09.05.1986

Als einer der renommiertesten Experten des internationalen DV-Geschäfts gilt William F. Zachmann, Vice-President der weltweit tätigen Marktforschungsfirma International Data Corp. (IDC). Seine Prognosen sind keine Orakel. Zachmann kommt zur Sache. Was er von AT&T, Apple, DEC, IBM und Xerox hält, wohin der PC-Markt binnen der nächsten zwölf Monate driftet und wieso im Abspecken der DV-Konzepte das Heil der Anwender liegt, lesen Sie in den folgenden, teilweise provozierenden Thesen für 1986/87. Am 16. Mai kann man Zachmann in Frankfurt erleben - live.

These 1:

Klein ist wirtschaftlich: The economies of small

Auf dem Computersektor zeichnet sich mehr und mehr ab, daß die traditionelle Formel von den "Economies of scale" (also der kostenoptimierenden Wirkung einer durchdachten Ausweitung des Betriebs, Anm. d. Red.), verdrängt wird von der der "Economies of small". Der Einsatz kleinerer Computer ist oft wirtschaftlicher. In Amerika wurde dafür bereits ein neuer Begriff geprägt: "Downsizing". Zu dieser grundlegenden Umkehr der Verhältnisse hat zum einen (ungewollt) das Quasi-Monopol der IBM beigetragen, zum anderen die rasante Entwicklung in der Halbleiterindustrie.

Wer heute große Mainframesysteme einsetzt, nimmt das ungünstigste Preis-Leistungs-Verhältnis aller Computer in Kauf. Die Kosten für eine Leistungseinheit (also für die Mipse) sind bei mittleren Superminis deutlich niedriger als bei den Jumbos. Das läßt sich fortsetzen: Ein mikroprozessorgesteuerter Mini leistet pro Tausender Anschaffungspreis mehr als ein Supermini, und einige von den Computern, die am effizientesten mit dem investierten Geld umsehen, sind sogar PC.

Das bedeutet, daß die bisherige Praxis, möglichst alle Applikationen auf den Großrechnern zu fahren, wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen ist. Die Summe, die die Anwender weltweit jedes Jahr aus dem Fenster werfen, dürfte zwischen 3,5 und vier Milliarden Dollar betragen. Diese Milliarden ließen sich einsparen, wenn man die Vorteile kleinerer Systeme konsequent ausnutzte.

Für große Datenbanken und für Applikationen mit hohem Transaktionsvolumen wird man natürlich auch in Zukunft große Systeme brauchen. Viele Anwendungen könnte man jedoch ohne größeren Aufwand auf kleinere Rechner übertragen. Ein gutes Beispiel für dieses Konzept eines "small ist beautiful" wäre der Einsatz einer 4381 unter VM anstelle einer 3090 unter MVS; denkbar wäre auch eine Verlagerung vom Mainframe auf eine VAX oder vergleichbare Rechner von DG, HP oder Prime. Diese Computer müssen sich wiederum im Preis-Leistungs-Vergleich gegen Mehrplatzsysteme Ó la Altos behaupten. Systementwickler kommen heutzutage bei vielen Aufgaben sogar mit einem Mikro aus.

Downsizing, also Größenoptimierung, heißt in der Konsequenz, daß man es - ausdrücklich oder implizit - zur Maxime seiner Beschaffungspolitik macht, Anwendungen auf die wirtschaftlicheren kleineren Systeme zu verlagern, um so den Anstieg der DV-Aufwendungen zu reduzieren. Als Waffe im Kampf gegen die Kostenexplosion wird sie in den kommenden Jahren noch sehr an Bedeutung gewinnen, denn was heute noch eine (weitgehend ungenutzte) Chance ist, wird morgen zu einer von der Konkurrenz erzwungenen Notwendigkeit.

These 2:

Auch die AT-Preise gehen in den Keller

Eine der wichtigsten Entwicklungen innerhalb des nächsten Jahres wird sein, daß der Preisverfall bei PCs auch auf die AT-kompatiblen 286er-Rechner übergreift. Schon heute sind (nicht nur bei Versendern und Discountern) mit dem IBM-Original vergleichbare Systeme zu deutlich niedrigeren Preisen erhältlich, und es handelt sich nicht nur um Noname-Fabrikate.

Auch etablierte Marken beteiligen sich zunehmend an diesem Geschäft. Da den Käufern auf Dauer nicht verborgen bleibt, daß die Systeme der Billiganbieter ebenso gut wie (oder zumindest nicht schlechter als) jene von IBM sind, wird der Preisdruck weiter wachsen.

Die AT-Kompatiblen kommen in der Folge in ein Preissegment, in dem bisher die 8088er-Produkte unter sich waren. Auch Firmen wie IBM und Compaq, die sich durch eine eher konservative Preisgestaltung mit hohen Herstellermargen bei ihren Aktionären beliebt gemacht haben, werden dem Markt Zugeständnisse machen müssen. Die XT-Klasse sackt dabei auf ein Preisniveau ab, das es zuvor nur bei Heimcomputern wie beim PC jr. gab. Ein Ausverkauf dieser 8-/16-Bits-PCs steht in den USA für die Weihnachtssaison bevor.

These 3:

Noch ein schwieriges Jahr für Mother Blue

1985 war ein hartes Jahr für IBM (was Zachmann als Rufer in der Wüste vorhergesagt hatte, Anm. d. Red.). Und auch 1986 wird nicht leicht werden. Die 13 Dollar Gewinn pro Aktie, die die Propheten von der Wall Street in Aussicht gestellt hatten, sind im letzten Jahr nicht erreicht worden und werden sich auch in diesem Jahr als zu optimistische Schätzung erweisen. Da aus dem PC-Markt vorerst die Luft raus ist, wird aus diesem Bereich kaum der dringend benötigte Impuls für die Umsatz- und Gewinnzahlen der IBM kommen. Auch die Workstation 6150, bekannt als Risc-PC RT, hilft nicht weiter; sie ist allenfalls eine interessante Idee, aber bringt nie Stückzahlen, die sich in der Bilanz niederschlagen würden. IBM steht vor dem Problem, daß es kaum noch neue Produkte gibt, die nicht bestehenden Konkurrenz machen. Das ist Kannibalismus in der eigenen Familie, denn neben höheren Kosten sind auch sinkende Margen die Folge. Der Trend zu kleineren Systemen (siehe These 1) bewirkt ein übriges.

Die kleinen und mittleren Systeme waren seit einiger Zeit ein wund(...) Punkt im IBM-Produktspektrum, und das wird nicht besser. Jene Marktanteile, die IBM durch die neuen 4381-Systeme mit ihrer verbesserten Fließkomma-Leistung gewinnt, gehen wahrscheinlich im Sektor der teureren, ertragreicheren 3090-Systeme verloren.

Es kommt hinzu, daß IBM anfälliger denn je auf Verlust von Marktanteilen an Mini- und Superminihersteller beim Verkauf von Informationssystemen geworden ist. Denn die Mini- und Supermini-Rechner arbeiten erstens mit besserem Preis-Leistungs-Verhältnis und zweitens wird ihr Einsatz für die Benutzer zunehmend einfacher. Aus meinen Gesprächen mit Benutzern habe ich den Eindruck gewonnen, daß viele davon ernsthaft den Einsatz von Produkten der etablierten Minihersteller erwägen und sogar ins Lager der Bunch-Gruppe abzuwandern beginnen - zum Beispiel hat NCR mit seinem Tower-Rechner am Markt Eindruck gemacht. Die von der IBM-Verkäuferschar im letzten Jahr angefachte Begeisterung für das System /36 hat sich als Strohfeuer erwiesen.

Auch die Verkaufszahlen der von Big Blue vielgepriesenen Sierra Baureihe, der 3090, sind nicht gerade überwältigend. Die Startnachfrage nach der Version 200 war eher bescheiden, und IBM packte viel von dem anstehenden Umsatz, der sich eigentlich über einen längeren Zeitraum erstreckt hätte, noch ins vorige Geschäftsjahr. So war schon bald eine Preisreduktion für die 200 fällig. Die neueren Modelle 150 und 180 können ebenfalls kein starkes ;Jahr 1986 gewährleisten. Die neben dem guten Auslandsgeschäft gesunden Wachstumszahlen bei Peripheriege(..)len sind lediglich ein Echo auf die ansehnlichen Verkäufe an Zentraleinheiten in den Jahren 1983 und 1984; und das wird nicht ewig anhalten. Der Ausverkauf der Miet- und Leasingmaschinen geht außerdem seinem Ende entgegen; mangels Masse an verkäuflichen Gebrauchtrechnern verliert Big Blue auch hier eine bisher sprudelnde Einnahmequelle.

These 4:

Ma Blue und Ma Bell in friedlicher Koexistenz

Als der Multi AT&T vor einigen Jahren im Zuge eines Antitrust-Verfahrens aufgeteilt werden mußte, war viel von einer bevorstehenden "Schlacht der Titanen" die Rede - (...)em zu erwartenden Zweikampf zwischen der Rumpf-AT&T und IBM. Bis jetzt hat dieses Gigantenduell nicht stattgefunden, und es sieht nicht so aus, als ob es in naher Zukunft dazu käme. AT&T hat auf dem Weg zu seinem Ziel, ein wesentlicher Faktor innerhalb der Computerindustrie zu werden, nur geringe Fortschritte gemacht Der Marktanteil von AT&T außerhalb der alten Telefonfirmen blieb gering. Die Gewinne blieben unspektakulär, es drohen Arbeitskonflikte und die Kosten bleiben hoch. Wäre AT&T eine Risikokapitalfirma, würden die ursprünglichen Investoren kaum mehr zusätzliches Kapital für eine neuerliche Finanzierungsrunde nachschießen. Da wird sich etwas ändern müssen.

1986 wird für AT&T ein glanzloses Jahr werden, soweit es ihre Aktivität in der Computerbranche betrifft. Die Firma scheint noch immer nicht die richtige Mischung von Produkten, Preisgestaltung, Vertrieb und Marketing gefunden zu haben, um jene Rolle in der Industrie zu spielen, die so viele Beobachter seinerzeit von ihr erwarteten. Und es gibt wenig Anzeichen dafür, daß sich das 1986 oder 1987 wesentlich ändern wird.

Es gab natürlich Gerüchte, AT&T könnte sich einen größeren Marktanteil über eine oder mehrere Akquisitionen erkaufen. DEC, Apple, Amdahl, Burroughs, Control Data und

andere Namen werden durch diese Gerüchtemühle gedreht. Eine große Akquisition von AT&T steht gewiß nicht außer Frage. Doch es scheint unwahrscheinlich, daß der Erwerb einer Firma - selbst wenn das bald geschehen sollte - sich schon im kommenden Jahr für AT&T materiell auszahlen könnte. Auch eine äußerst erfolgreiche Akquisition könnte ihre Dividenden erst in der Zukunft zahlen. Und eine schlecht konzipierte Akquisition würde die angeschlagene Ertragskraft von AT&T noch mehr beeinträchtigen. Mit anderen Worten: AT&T wird auch im kommenden Jahr noch Mühe haben. Und auch auf die Schlacht der Titanen werden wir weiterhin warten müssen.

These 5:

DEC baut Position aus - zu lasten von IBM

Die jahrelang kolportierten Gerüchte um die "Schlacht der Titanen" zwischen IBM und AT&T oder den Japanern haben sich bis heute nicht bewahrheitet - die wirkliche Schlacht könnte sich zwischen IBM und DEC abspielen. In der unmittelbaren Zukunft kann DEC sich für diesen Zweikampf eine Reihe von Vorteilen ausrechnen. Denn im Gegensatz zu IBM hat DEC bei der Größenoptimierung nichts zu verlieren aber viel zu gewinnen - zumindest über die nächsten paar Jahre.

DEC kann mit seinen Systemen ein bedeutend besseres Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten als IBM und die Systempalette von DEC deckt im Bereich der Großrechner bereits einen wesentlichen Teil des IBM-Angebots ab. DEC bietet viel flexiblere Konfigurationsmöglichkeiten ein stabiles Firmenimage und eine durchgehend kompatible Systemarchitektur, die in scharfem Gegensatz zum architektonischen Wirrwarr von IBM steht.

Während sich Compaq erfolgreich als entwicklungs- und konkurrenzfähige Alternative zu IBM im Bereich der Personalcomputer etablieren konnte, nimmt DEC diesen Platz im Markt aller übrigen Systeme ein - mit Ausnahme der Jumbos am obersten Ende. Das DEC-Management hat sein Marktpotential sorgfältig aufgebaut und kann IBM nun auf dem Gebiet der kommerziellen Anwendungen wirkungsvoll Konkurrenz machen.

DEC wird ein finanzielles Erfolgsjahr erleben, wobei das Hauptgewicht auf steigendem Umsatz und sich vergrößerndem Marktanteil liegen wird. Diese Entwicklung wird hauptsächlich zu Lasten von IBM laufen. Doch ein Wort der Warnung ist am Platz. Man muß damit rechnen, daß die Entwicklung der DEC-Gewinne nicht im gleichen Tempo wachsen wird, wie der DEC-Marktanteil und der Umsatz. Denn die Einführung neuer Produkte verlangt einen Preis - die Vorfinanzierung der Entwicklungskosten. Die Wirtschaftsfachleute könnten sich von den spektakulären Umsatzzunahmen, die für DEC zu erwarten sind, blenden lassen und auf eine ähnliche Entwicklung der Gewinne spekulieren. Da ist Vorsicht am Platz.

These 6:

Vom Token-Ring bleibt nur das Bios

Wenn es um Netze geht, tanzt IBM den Tanz der sieben Schleier. Letztes Jahr durften wir hinter einen gucken - die lang erwartete Vorstellung des Token-Ring-Netzes. Wir sind auf die Fortsetzung gespannt.

Diese Prognose bezieht sich auf das Network Basic Input Output System (NetBios), die Software-Schnittstelle, die sowohl zum IBM PC Net wie zum Token-Ring-Network gehört - sie wird zum De-facto-Standard der Industrie für die Vernetzung von Personalcomputern werden. Das Token-Ring-Network wird jedoch keineswegs zu jenem Erfolg werden, den sich einige Marktbeobachter offenbar versprechen.

NetBios, das in der PC-DOS- und MS-DOS Version 3.1 eine wichtige Rolle spielt, setzt klare Vernetzungsnormen und wird bereits von vielen Hardware- und Software-Entwicklern respektiert. Es wird zum wichtigsten Standard für die Vernetzung von Personalcomputern werden.

Das an dieser Schnittstelle arbeitende Token-Ring-Network von IBM hingegen ist ein monströser Fall von Schafezählen, indem man die Beine der Tiere zählt und das Ergebnis durch vier teilt - es ist unnötig komplex und teuer. Dazu kommt, daß das Token-Ring-Network teurer und sowohl qualitativ wie quantitativ weniger leistungsfähig ist als Ethernet, das von Xerox, DEC und Intel schon vor fünf Jahren eingeführte Netz.

NetBios wird sich durchsetzen, aber es wird im wesentlichen eine Schnittstelle zu Alternativlösungen zum Token-Ring-Netwotk werden - Lösungen, die auf billigere und flexiblere Weise alles bewältigen, was über den Token-Ring gehen könnte.

These 7:

DER Intel-Chip 80386 hilft IBM im PC-Geschäft

Der neue Intel-Prozessor 80836 wird ein Schlüsselbaustein der Zukunft werden, besonders bei den aufwendigsten Personalcomputern und im Bereich der Arbeitsstationen - die ersten davon werden schon in diesem Sommer auftauchen. Bis zum Jahresende dürfte noch eine ganze Reihe solcher Produktankündigungen folgen. Es ist wahrscheinlich, daß auch ein oder mehrere IBM-Produkte mit diesem Prozessor entwickelt werden - sie werden möglicherweise um das Jahresende, bestimmt aber bis Sommer 1987 auf dem Markt erscheinen.

Der 80386-Prozessor ist mit den früheren Versionen aufwärtskompatibel und bietet bedeutend mehr als nur schnelle Verarbeitung. Er weist virtuelles Speichermanagement auf, einen viel größeren Adressenbereich und erlaubt Multitasking in nicht-kompatiblen Softwareumgebungen. Damit stellen sich einige kritische Fragen im Bereich der Entwicklung von Betriebssoftware. Dieses Areal könnte zum Schlachtfeld im Kampf von IBM und deren Konkurrenten um die Kontrolle auf dem Gebiet der Desktop-Hardware werden.

Der 80386 bietet insbesondere neugegründeten Firmen die Gelegenheit, sich mit innovativen Produkten zu profilieren. Serversysteme für Local Area Networks sind ein Gebiet, für welches der 80386 maßgeschneidert ist, und dies wird das wichtigste neue Produkt der späten 80er und frühen 90er Jahre werden. Mit diesem Prozessor wird es möglich sein, Server zu entwickeln, die Software für den IBM PC fahren und dabei Hochleistungs-Multitasking bieten können.

These 8:

Schlafender Riese Xerox wird wieder munter

Xerox wird im Laufe dieses oder anfangs nächsten Jahres wieder als ernstzunehmender System-Hersteller auftreten. Xerox war früher ein Innovator auf vielen Gebieten. Das Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox gehörte zur Vorhut der Entwicklungsstätten, in denen Konzepte aus dem Stanford Research Institute und von anderen Universitätsinstituten kommerziell angewandt wurden. So war Xerox Star das erste System auf dem Markt, das Grafik, "Icons", Dialogverfahren und eine Maus aufwies - Dinge, die erst Jahre später im Macintosh von Apple populär gemacht wurden. Tatsächlich hat Apple viele der wichtigsten Macintosh-Entwickler vom PARC abgeworben.

Doch die frühen Innovationen von Xerox haben sich für die Firma nie ausgezahlt. Xerox schien es nicht fertigzubringen, gute Ideen in gewinnbringende Produkte umzusetzen und deren Verkauf zu realisieren. So blieb Xerox eine Randerscheinung der Branche.

Doch im Lauf der letzten Jahre hat Xerox eine eindrucksvolle und zu nehmend integrierte Produktlinie aufgebaut und gleichzeitig die Verkaufsorganisation überholt. Xerox hat sich wieder eine Marktpräsenz bei den Kopierern und Druckern aufgebaut und nebenher zunehmend eindrucksvollere Systemprodukt entwickelt.

Mit leistungsstarken Produkten wie dem 6085 kann Xerox wieder Potential zu attraktiven Preisen bieten. Im Spektrum von Desktop Publishing bis hin zu großen Buchproduktionssystemen stehen konkurrenzfähige Angebote bereit. In einem Jahr wird Xerox wieder einen guten Platz unter den ernstzunehmenden Herstellern einnehmen.

These 9:

Damoklesschwert über Mikro-Pionier Apple

Apple war einst eine wesentliche Quelle der Innovation im Bereich der Personalcomputer und stellte die ernsthafteste Bedrohung für die übermächtige IBM als De-facto-Standard dar. Doch wird Apple 1986 in Schwierigkeiten geraten.

Der Macintosh hat zwar eine loyale und enthusiastische Gefolgschaft, doch Apple hat es nicht geschafft, dieses Produkt im Markt als Bürocomputer und ernsthafte Alternative zum IBM PC oder Kompatiblen zu etablieren. Der Macintosh wird zwar weiter verkauft werden, neue Modelle werden dabei etwas helfen. Doch die Möglichkeit einer realistischen Alternative zu den PC-Modellen von IBM entschwindet.

Die Lücke zwischen den Fähigkeiten des Macintosh und dem, was IBM bietet, schließt sich immer mehr. Gute Laserdrucker und gute Grafik-Software ist keine Macintosh-Exklusivität mehr. Professioneller PC-Einsatz im Büro verlangt heute das, was IBM bietet; Apple hat es 1985 nicht geschafft, mit dem Macintosh in diese Welt einzudringen. Deshalb wird der Macintosh eine zwar interessante, aber nur von einer kleinen Minderheit anerkannte Alternative bleiben.

Apples eigentliche Milchkuh ist die Apple-ll-Linie. Ihr Erfolg übertraf in der Weihnachtssaison 1985 die Erwartungen und hat viele Leute zur Überzeugung verleitet, an dem Slogan "Apple II forever" sei etwas Wahres dran. Verblüffende neue Apple-II-Produkte werden wohl auch dieses Jahr die Umsätze halten können, aber ich habe den Verdacht, daß diesmal das Weihnachtsgeschäft sehr zäh werden wird.

Ob es Commodore mit dem Amiga oder Atari mit dem 520ST schaffen wird, in den Business-Markt einzudringen, ist noch ungewiß. Doch wenn es einer von beiden schafft, könnte das für Apple schon im kommenden Herbst und Winter gefährlich werden. Wahrscheinlicher allerdings ist harte Konkurrenz für Apple durch die sehr billig gewordenen XT-und AT-Kompatiblen.

Was Apple hilft, ist die starke Position in den Schulen. Denn so werden Apple IIc und Apple IIe als Heimcomputer verkauft. Doch auch wer einen Heimcomputer hat, ist mittlerweile daran interessiert, die Software des IBM PC aus dem Büro darauf laufen zu lassen. Apple hat zweifellos Marktvorteile bei Software für Kinder. Doch die Jugendlichen stellen ein wesentlich attraktiveres Marktsegment dar, und dort ist IBM ebenso stark. Daß die IBM-PC- und Kompatiblen-Preise so stark fallen, stellt eine ernsthafte Bedrohung für die traditionell guten Jahresend-Verkäuf von Apple dar.

Es darf nicht vergessen werden, daß Apple 1985 trotz guten Apple-II-Verkäufen sinkende Umsätze in Kauf nehmen mußte. Daran ändern auch die gestiegenen Gewinne nichts. In einem Markt, der im kommenden Jahr nur gerade über die Runden kommen dürfte, fällt es schwer, für Apple Optimismus aufzubringen. Letzten Endes wird der Erfolg der Firma von den neuen Produkten abhängen, die sie im kommenden Herbst ankündigen kann - oder vielleicht auch nicht kann. Neue Schlagerprodukte könnten vielleicht das Blatt noch wenden - kommen sie nicht, sieht es für den Mikropionier finster aus.

These 10:

AT&T wird niemals DEC schlucken

AT&T wird DEC nicht kaufen. Die entscheidende Überlegung für diesen Negativentscheid von AT&T ist der horrende Grad von negativer Synergie, die eine solche Fusion produzieren müßte. AT&T hat ihre bisherige Produkt- und Marketing-Strategie weitgehend nach derjenigen von DEC modelliert - oder vielmehr nach dem, was AT&T sich als DEC-Strategie vorstellte. Käme es zur Fusion, so käme dies dem AT&T-Eingeständnis gleich, man könne trotz des eigenen Managementpotentials und trotz der Know-how-Spitze der Bell Laboratorien keine überzeugenden Informatikprodukte bauen und vermarkten.

Würde AT&T DEC kaufen, so müßte AT&T ihre bisherigen Produkte einstampfen, wenn sie sich nicht einem gewaltigen Nest von Inkompatibilitätsproblemen aussetzen wollte. Es gibt kaum ein Gebiet, auf dem AT&T und DEC sich gegenseitig ergänzen.

Wirtschaftlich wäre eine solche Heirat unsinnig. AT&T würde lediglich ihre Firmenstruktur - mit den Kosten für Bürokratie sowie überschüssiges Personal und mit einer nicht sehr effizienten Verkaufsorganisation - über jene von DEC legen. Es trifft zwar zu, daß derartige Überlegungen eine Fusion nicht unbedingt verhindern; die Heirat von General Electric mit RCA ist da ein Beispiel. Aber es ist deshalb noch lange keine intelligente Idee.

Was hätte DEC bei einer solchen Akquisition zu gewinnen? Das Marketing-Know-how von AT&T? Produktentwicklungserfahrung? Unix? DEC-Aktien weisen bereits ein fast astronomisches Preis-Dividenden-Verhältnis auf - wieviel Geld müßte AT&T den DEC-Aktionären in die Hände drücken, damit sich diese von ihren Papieren trennen? Die dreißigfache Dividende? Oder die vierzigfache? Das ergibt einfach keinen Sinn. Darum wird AT&T DEC nicht kaufen - nicht nur nicht 1986, sondern nie.

These 11:

Ronnies Protektionismus gefährdet Wettbewerb

Wahljahre machen immer die schlimmsten Seiten der Politiker sichtbar. Insbesondere neigen sie in solchen Zeiten zu populären - und damit simplifizierten - Lösungen für komplexe und schwierige Probleme. Sie suchen dann gerne nach Prügelknaben für eigene Verfehlungen. Und schließlich werden sie besonders anfällig dafür, politische Ideen, die ihre Wahlchancen erhöhen, als Segnungen für die Nation zu preisen.

Deshalb läßt sich voraussagen, laß der in den USA bereits bestehende Protektionismus sich in naher Zukunft wahrscheinlich noch bedeutend verschärfen wird. Sogenannte Antidumping-Maßnahmen sind ein Mittel, ausländische Konkurrenten mit Zollbarrieren zu bestrafen, wenn sie dasselbe tun wie amerikanische Geschäftsleute, die zu hohe Lagerbestände haben: zu dem Preis verkaufen, den der Markt eben noch zu zahlen gewillt ist. Tun das amerikanische Hersteller, wird von "freier Marktwirtschaft in Aktion" gesprochen. Tun es ausländische - will sagen japanische - Produzenten, heißt das "wettbewerbswidrige Handelspraktiken ".

Diese handelspolitische Kabarettnummer geht zur Zeit in bezug auf 64- und 256-KBit-Speicherbausteine über die Bühne. Es ist bereits abzusehen, daß sich die gleiche Vorstellung bei den Megabit-Chips wiederholen wird, obwohl die Japaner davon zur Zeit in den USA noch keine hohen Stückzahlen verkaufen. Das US-Handelsministerium rechtfertigt diesen (...)gbeinheiligen Hokuspokus mit dem (...)tz der einheimischen Hersteller, die sonst überall auf ihren Exportmärkten das Credo der weltweiten Handelsfreiheit predigen.

Im Klartext wird solches Verhalten schlicht und einfach als Protektionismus bezeichnet. Und 1986 wird sich diese Praktik wahrscheinlich auch noch auf andere DV-Produkte ausdehnen. Kleindrucker, Winchester- und Floppylaufwerke, Personalcomputer, Steckmodule und Speichermedien sind die wahrscheinlichsten Produktbereiche für protektionistische Maßnahmen.

These 12:

1986 wird ein Jahr der Optikspeicher

Die optischen Wiedergabespeicher, die CD-ROMs, werden in diesem Jahr in den Brennpunkt des Anwenderinteresses rücken. Sie werden zu einem wichtigen Seminarthema. Ein starker und wachstumskräftiger Endbenutzermarkt entsteht. Die Startbedingungen auf dem Markt sind ideal: Firmen wie Microsoft und Interface Technology engagieren sich bei der Erarbeitung von Normen und in der Entwicklung passender Software. Das Aufkommen der auf CD-ROMs verfügbaren Informationen wächst stetig an. Wahrscheinlich steigt auch IBM 1986 in dieses Geschäft ein. 1986 wird das erste Jahr, in dem sich Endkunden in größerem Umfang optische Peripheriespeicher kaufen können.

These 13:

Im Computerfachhandel rollen noch einige Köpfe

Die vielbesprochene Erholung der Computerindustrie im vergangenen Jahr hat dazu verführt, auch für den Handel bessere Zeiten zu erwarten. Es heißt in diesen Kreisen, es könne zwar noch das eine oder andere Opfer geben, doch allgemein gebe es eine Besserung.

Die Konzentrationsbewegung hat im vergangenen Jahr erst begonnen, aber sie ist noch lange nicht abgeschlossen - es wird erst noch schlimmer werden, bevor es wieder besser wird. Vor allem sehe ich 1986 ernsthafte Probleme für eine oder mehrere der Handelsketten. Businessland im besonderen könnte sich einer Realität gegenübersehen, die nicht ganz so rosig ist, wie das die jüngsten Erfolgszahlen glauben machen könnten.

Obwohl vergeblich nach dem Geschäftskonzept "voller Service, voller Preis" arbeitend, scheint Businessland einen großen Teil ihres Zuwachses von der Konkurrenz - vor allem Computerland - gewonnen zu haben, indem ganz einfach zu tieferen Preisen offeriert wurde. Bei uns zuhause nennt man dies Discounting. Ich will hier nicht Businessland schlechtmachen, aber diese Kette scheint mir ein repräsentatives Beispiel für die noch immer ungelösten Widersprüche im Computerfachhandel zu sein. Der fundamentalste dieser Gegensätze liegt im Widerspruch zwischen der Philosophie "voller Service, voller Preis" und der trivialen Erkenntnis, daß Geschäfte in Wirklichkeit über Preiskonkurrenz gewonnen werden.

Dienstleistungen wie Systemunterhalt, Ausbildung und Anwenderunterstützung könnten schließlich ebensogut, entsprechend den Kundenbedürfnissen, separat verkauft werden. Erfahrene Benutzer fallen nicht auf die vollmundigen Versprechungen des Vollservice-Handels herein - diese Versprechen werden ja auch selten gehalten. Solche Kunden suchen den tiefsten Preis. Händler, die nicht echte Werte in ihre Dienstleistungen zu verpacken verstehen, werden kaum eine Vollpreisstrategie durchstehen können.

Diese Überlegungen führen zum Schluß, daß viele Händler sich zwischen den zunehmenden Direktverkäufen der Hersteller - insbesondere der IBM - und den Tiefpreis-Angeboten der Discounter und Versandhäuser eingeklemmt sehen. Diese Schere wird in den kommenden Monaten noch einige Opfer fordern.