Kommunikation zwischen externen und festen Mitarbeitern läßt oft zu wünschen übrig:

Profilneurotiker gefährden den Projekterfolg

14.08.1986

Das Hinzuziehen von "Externen" ist bei manchen Projekten eine unabdingbare Notwendigkeit. In der Praxis wirft die Kooperation mit den festangestellten Mitarbeitern allerdings oft Probleme auf. Teamgeist und Kollegialität sind für Alex Brehm deshalb unerläßliche Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewältigung der diversen Aufgaben.

Trotz aller - teilweise berechtigten - kritischen Aspekte, die sich im Zusammenhang mit dem Einsatz externer Mitarbeiter ergeben, steht die Existenzberechtigung dieses Arbeitskräftepotentials außer Zweifel. Heutzutage tut bei der Fülle und Komplexität der Probleme Spezialisierung not. "Nobody is perfect" - auch Einzelkämpfer nicht. Ein Team von Beratern der gleichen Unternehmensberatung gewährt eher eine Gewährleistung der Kundenanforderungen als eine mühsam zusammengesuchte Gruppe aus diversen Externen.

Eine Eigenschaft, die ein qualifizierter Externer mitbringen sollte, ist, alle Mitarbeiter, mit denen er zu tun hat, während seiner Tätigkeit als Kollegen zu betrachten und sich entsprechend zu verhalten. Teamgeist und Kollegialität sind unabdingbare Voraussetzung, ein Projekt in der vorgegebenen Zeit und mit angemessenem Aufwand erfolgreich abzuschließen. Leider trifft man dies bei der ersten Kontaktaufnahme nicht immer an. Wird der Externe beim Kunden vorgestellt - oder erledigt er dies selbst -, stößt er statt dessen manchmal auf Aversion gegen die "Konkurrenz von draußen", Futterneid oder Mißtrauen.

Negativsymptome erkennen und überwinden

Aufgabe eines qualifizierten Externen ist es, diese Symptome zu bekämpfen und zu überwinden. Er erkennt nach kurzer Einarbeitungszeit die Gründe, die zu seinem Einsatz geführt haben. Diese kann er an Kollegen, die mit derartigen Symptomen behaftet sind, weitergeben und für sie plausibel machen. Auch die persönliche Verhaltensweise des qualifizierten Externen hilft dabei, das Arbeitsklima zu verbessern und eine Gefährdung des Projektes zu vermeiden.

Allzu menschlich ist, daß dies oft einen langwierigen und zeitaufwendigen Prozeß darstellt, der auch mitunter Engagement außerhalb der üblichen Arbeitszeit erfordert (zum Beispiel gemeinsame Nutzung sozialer Einrichtungen des Kunden oder Teilnahme an Veranstaltungen des Kunden, soweit ein derartiges Angebot besteht).

Der beim Anwender zugewiesene Arbeitsplatz entspricht manchmal nicht optimalen Arbeitsbedingungen, die einer erfolgreichen Projektarbeit förderlich wären. Ergonomie Ausstattung und Platzverhältnisse verbessern sich auch durch öftere Umgruppierungen nicht wesentlich. Dies stört lediglich die Kontinuität der Arbeit.

Einem Externen ist es unzumutbar, mehr als ein Drittel des Tages auf einem Besucherstuhl statt auf einem individuell auf die Körpermaße einstellbaren Bürostuhl zu sitzen oder sich mit einem Frühstücks- statt einem Schreibtisch zu begnügen, Genügend Ablagefläche bei Tätigkeiten in der DV ist unerläßlich, um nicht mit ständigem Umräumen von Unterlagen beschäftigt zu sein. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn sich der Externe den Platz auf dem Normschreibtisch mit seinem liebsten Kind, dem Terminal, teilen muß.

Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Projektarbeit ist eine

klare Verteilung und Abgrenzung der Kompetenzen. Mitunter werden diese unzulänglich "verliehen". Nicht Jeder, der nur lange genug auf einem Posten sitzt, oder den sogenannten "heißen Draht zum Chef" hat, besitzt auch die menschlichen und fachlichen Qualitäten, Verantwortung zu übernehmen. Fehlen diese Qualitäten, werden solche Leute oft ein Fall für den Psychiater (Diagnose: Profilneurose).

Die negativen Folgen sind fehlender Teamgeist oder mangelnde Kollegialität. Die Zusammenarbeit schrumpft bei diesen Leuten auf ein Minimum. Es wird versucht, eigene Arbeitsprobleme durch Propagieren der Schwierigkeiten anderer zu übertünchen. Das Hauptinteresse sollte sein, das Projektziel in der vorgegebenen Zeit und mit angemessenem Aufwand zu erreichen. Profilneurotiker hemmen durch ihre unangenehmen Eigenarten. Wenn nötig, sollten die Mitarbeiter versuchen, bei Auftreten von Problemen im Interesse des Projektzieles von der Erfahrung anderer Kollegen durch gemeinsame Erarbeitung einer Problemlösung zu profitieren - man vergibt sich nichts dabei.

Kundenseitig sind Ansprechpartner mit entsprechender Fachkompetenz zur Verfügung zu stellen; das Optimum wäre eine Freistellung für die anfallenden Projektarbeiten. Diese Mitarbeiter sollten sich für Projektabschnitte, die in ihren Kompetenzbereich fallen, mitverantwortlich fühlen. Fehlt die fachliche Qualifikation, dann sind Vorgaben oft ungenau und erfordern vom Externen unnötigen Einsatz seiner "Sherlock-Holmes" -Fähigkeiten.

Mangelnde Qualifikation führt zu Doppelarbeit

Häufige Änderungen der Vorgaben resultieren ebenso aus mangelnder fachlicher Qualifikation und führen zu unnötiger Doppelarbeit. Mitunter stehen aufgrund verfehlter Personalplanung des Kunden keine fachlich kompetenten Ansprechpartner zur Seite. Die Folge ist, daß von vornherein ein fristgerechter Projektabschluß nicht gewährleistet werden kann.

Mangelnder Teamgeist führte im Verlauf der Projektarbeiten auch schon dazu, daß die anzahlmäßig stärkste Gruppe der Externen die übrigen Kollegen majorisierten, obwohl letztere qualitativ mindestens ebenbürtig waren. Vom Kunden vorgegebene Standards, an die sich die übrigen Kollegen - im wesentlichen Mitarbeiter vom Kunden und Konkurrenzfirmen sowie Kollegen des eigenen Unternehmens - hielten, wurden nachträglich ersetzt durch den von der stärksten Gruppe der Externen gesetzten Standard. Die Gruppenmitglieder waren durchwegs Angehörige eines Unternehmens, das auch sonst um das Setzen von Standards nicht verlegen ist. Die Folge war Termingefährdung wegen Mehrarbeit in verschiedenen Projektphasen.

Mitunter existieren beim Kunden auch Standards (Programmierrichtlinien, Dokumentationen), deren Einhaltung nicht überwacht wird. Externe beweisen in diesem Punkt vielfach mehr Disziplin als Kundenmitarbeiter, die Standards oft als lästige Schikane betrachteten. Im alten Trott, ohne Auflage, vergleichbare Ergebnisse- abliefern zu müssen, läßt sich nach Meinung solcher Individualisten leichter leben. Systeme, die in Anlehnung an sinnvolle Standards erstellt wurden, sind erheblich leichter zu pflegen. Leider wird oft Unkündbarkeit mit Hilfe undurchsichtiger, schlecht wartbarer Systeme erkauft. Daß dies ein Trugschluß ist, hat sich bei vielen Anwendern noch nicht durchgesetzt.

Je umfangreicher ein Projekt ist, desto eher sollten Kunden überlegen, alte Werkzeuge über Bord zu werfen, statt an ihnen festzuhalten. Mit modernen Werkzeugen lassen sich manche Projekte effektiver und kostengünstiger abwickeln.

Muß ein neues System, leider manchmal auch schon mit etlichen Jahren auf dem Buckel, beim Kunden eingeführt werden, rührt sich oft Widerstand bei den Mitarbeitern. Sinnvoll kann dem durch "training for the job" begegnet werden. Gerade weil Externe sich manchmal mit "training on the job begnügen müssen, belegt ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt, bei dem ein Mann von draußen derartige Widerstände überwand, Lernfähigkeit und Kommunikationsvermögen des Externen - letztendlich dessen Qualifikation.

Erfolg der Externen wird nicht immer honoriert

Es ist sogar schon vorgekommen, daß man als Außenstehender an Kundenseminaren teilnehmen durfte, um den Effekt des "training on the job" zu mildern, das heißt beschleunigte Einarbeitung zu ermöglichen.

Leider ist es dem Externen manchmal nicht vergönnt, den Erfolg seiner Arbeit honoriert zu bekommen. Die direkte Beurteilung seiner geleisteten Arbeit durch den für ihn zuständigen, verantwortlich zeichnenden Kundemnitarbeiter, der den Projektverlauf verfolgen konnte und deswegen die Kompetenz hätte, eine Wertung vorzunehmen, scheitert daran, daß dieser ja keine Personalverantwortung für den Externen besitzt. Er ist also nicht verpflichtet diesem ein entsprechendes Zeugnis auszustellen.

Die indirekte Beurteilung, aufgrund von "Hörensagen", durch Personen, die formaljuristisch dafür zuständig sind, aber den Projektverlauf nicht persönlich miterlebt haben, liefert nicht immer ein Spiegelbild der geleisteten Arbeit. Geizt der Kundenmitarbeiter mit Lob, käme dies einem Eingeständnis gleich, zu wenig qualifizierte Externe trotz allem weiterzubeschäftigen oder beschäftigt zu haben. Überschwengliches Lob würde eventuell höhere Stundensatzforderungen nach sich ziehen.