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Plagiate im Web

Produktpiraten weiten ihre Angriffe aus

13.08.2008
Von pte pte
Nicht nur offizielle Händler echter Produkte nutzen das Internet als Distributionskanal, sondern auch Produktpiraten. Der Schaden geht in die Milliarden.

Gefälschte Markenprodukte werden für deutsche Händler zunehmend zur ernst zu nehmenden Bedrohung, die nicht nur 30 Milliarden Euro im Jahr Schaden anrichtet, sondern auch 70.000 Jobs (Europa: 120.000) gefährdet. Zu diesem Fazit gelangt die Vereinigung für Bekämpfung von Produktpiraterie (VBP) in ihrer aktuellen Markteinschätzung. Verbände und Konzerne sehen in der zunehmenden Überschwemmung des Marktes mit Fälschungen nicht nur ein wirtschaftliches Problem. Auch die Kriminellen würden von Mal zu Mal dreister und ohne jegliches Schulbewusstsein vorgehen, beklagen die Branchenfachleute. Die Einschätzung wird auch von den deutschen Behörden geteilt. Demnach stieg die Zahl der vom Zoll und der Polizei sichergestellten Plagiate kontinuierlich an. So schätzt die OECD, dass der Schaden durch Marktpiraterie weltweit auf 650 Milliarden Euro zu beziffern ist - ein neuer Rekord.

"Die Situation ist über die Jahre hinweg definitiv schlimmer geworden. Auch wenn der Zoll nach wie vor konstant gut und in effizienter Weise arbeitet, dürfte die Dunkelziffer des von der OECD prognostizierten Schadens für die Unternehmen höher ausfallen", sagt Alexander Gaul, Jurist beim VBP, auf Nachfrage von pressetext. Deutschland ist im internationalen Vergleich überproportional von Produktpiraterie betroffen. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung dürfte darin liegen, dass es hierzulande viele Händler wie auch Hersteller gibt, die hochwertige Waren anbieten. "Von Fälschungen geplagt sind aber längst nicht mehr nur Hersteller von Kosmetika oder Luxusgütern. Mittlerweile werden neben Textilien und Medikamenten selbst Lebensmittel oder Wehrtechnik gefälscht", unterstreicht Gaul.

Das Internet mit seinen schnellen Kommunikationswegen entpuppt sich für viele Fälscher dabei als wesentlicher Distributionskanal, Kopien international vertreiben zu können. Da Hersteller sowie Händler in vielen Fällen anonym bleiben, gestaltet sich auch die Strafverfolgung problematisch. Wegen qualitativ minderwertigen Imitaten entgehen den Markenherstellern so Millioneneinnahmen. Als prominentes Beispiel lässt sich die Parfum-Serie "Cool Water" von Davidoff, einer der am meisten verkauften Herrendüfte der Welt, nennen. Vor allem über das Online-Auktionshaus eBay werden die Fälschungen an die Kundschaft gebracht. Aktuelle Untersuchungen gehen sogar davon aus, dass rund 80 Prozent der dort angebotenen Produkte der Cool-Water-Serie Fälschungen sind.

"Obwohl die Qualität der Kopien zunimmt, reicht diese fast nie an die der Markenhersteller heran", erläutert Gaul gegenüber pressetext. Problematisch sei aber auch, dass viele Käufer, die Fälschungen zwar erworben haben, sich dessen jedoch nicht bewusst sind. "Auch wenn die Qualität der Produkte nicht den Erwartungen entspricht, beschweren sich nach wie vor zu wenige und kaufen lieber kein zweites Mal den jeweiligen Hersteller. Das trifft die Marken schwer, schließlich handelt sich dabei um einen kontinuierlichen Vertrauensverlust, der erst durch die Fälschungen entstanden ist", so der Jurist. Gaul nach können sich Verbraucher nur insofern vor Fälschungen schützen, als dass diese im Fachhandel einkaufen und vermeintliche Internet-Schnäppchen meiden sollten. Da die Masse an Kopien unüberschaubar geworden ist, haben viele Markenhersteller inzwischen resigniert, juristisch gegen die Erzeuger vorzugehen. (pte)