Hohe Verluste der französischen DV-Gruppe im ersten Halbjahr:

Produktpannen lassen Bull rot sehen

11.08.1989

PARIS (bk) - Tiefrote Zahlen machte die französische Groupe Bull in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres aufgrund von Auslieferungsproblemen und verspäteten Produktankündigungen. Dennoch geben sich die Franzosen zuversichtlich: Im zweiten Halbjahr sollen die Verluste wieder wettgemacht werden.

Insgesamt mußte die Groupe Bull im ersten Halbjahr einen Verlust von 537 Millionen Franc (etwa 160 Millionen Mark) einstecken. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum hatte der Pariser DV-Hersteller noch einen Gewinn von 75 Millionen Franc (an die 22 Millionen Mark) einfahren können. Der Umsatz stieg geringfügig von 13,8 auf 14 Milliarden Franc.

Bull-Chef Francis Lorentz gab angesichts dieses Resultats zu, daß die Verluste höher ausgefallen seien, als man erwartet habe. "Vielleicht", so Lorentz, "haben wir zu viele Dinge gleichzeitig getan." Das gesteigerte Engagement in den USA mit der Bull HN Information Systems, die dadurch in Europa notwendigen Restrukturierungsmaßnahmen, eine erstmalig in Rom veranstaltete Bull-Ausstellung und vor allem Produktionsprobleme im Hauptwerk in Angers - all dies habe zu verzögerten Produktlieferungen an Kunden, verspäteten Zahlungseingängen und auch zu Auftragsverlusten im europäischen Raum geführt.

Dennoch geben sich die Franzosen optimistisch, den Verlust im zweiten Halbjahr wieder ausgleichen zu können, da traditionell in diesem Zeitraum das DV-Geschäft besser läuft. Zudem starteten die Bull-Verantwortlichen ein dreiteiliges Krisen-Programm, mit dem wieder Boden gutgemacht und die Gewinnzone zurückerobert werden soll. Dieses Programm beinhaltet eine Verbesserung der Liefertätigkeit, Entwicklung von Marketing-Aktivitäten sowie das Aufschieben bestimmter Investitionen. Darüber hinaus plant der französische DV-Konzern, die Fertigungsstätte in Angers durch ein Zweitwerk in Boston zu entlasten, um künftigen Produktionsschwierigkeiten vorzubeugen. Von den Sparmaßnahmen nicht betroffen sind die Investitionen in Forschung und Entwicklung, die gegenüber 1988 um zehn Prozent zulegen sollen. Wie Francis Lorentz weiter erklärte, richte Bull seine Strategie zudem darauf aus, andere Unternehmen zu akquirieren, um neue Verkaufskanäle zu erschließen und im Geschäft der Systemintegration voranzukommen. Geplant seien auch Kooperationen mit Wettbewerbern, die ähnlich geartet sein sollen wie die schon bestehenden Allianzen mit Olivetti, ICL oder Siemens. Lorentz: "Wir leben in einer Zeit, in der man ohne Partnerschaften nicht überleben kann."